Erstellt am: 18. 11. 2014 - 18:16 Uhr
Wohnst du noch?
Wohnen müssen wir alle.
Wenn du nicht gerade auf einer Bank im Stadtpark zu Hause bist, hast du ein WG-Zimmer, eine Wohnung, ein Haus.
40% der Wohnenden sind hierzulande Mietende.
Ab 21 Uhr diskutieren in FM4 Auf Laut Mara Verlic und Justin Kadi vom Recht auf Stadt Netzwerk mit InitiatorInnen von Zwangsräumungen verhindern.
Anrufen und Mitdiskutieren kannst du unter 0800 226 996
Im Anschluss im Stream zum Anhören auf fm4.orf.at/7tage.
Dem Grundbedürfnis und Grundrecht auf Wohnen steht der reale Wohnungsmarkt gegenüber, der in der Krise steckt: Während in Wien 30.000 bis 100.000 Wohnungen leerstehen, finden im Schnitt jeden Tag 7 Zwangsräumungen statt.
"Die gegenwärtige Knappheits- und Austeritätspolitik könnte (...) als Fortsetzung des neoliberalen Projektes gelesen werden, als einer politischen Utopie, die, von gesellschaftlichen Zwängen des Verhandelns befreit, ein Regieren jenseits der Demokratie verfolgt und sich dabei an der Theorie eines reinen Marktes orientiert." schreiben die Architekten und Urbanisten Michael Klein und Andreas Rumpfhuber in Knappheit, Austerität und die zeitgenössiche Stadt.
"Es muss endlich eine Anpassung an die derzeitigen Lebensverhältnisse der Menschen erfolgen." sagt der Bautensprecher der FPÖ, Philipp Schrangl.
Das Problem seien die Ungleichheiten zwischen neuen und alten Mietverträgen. "Die neuen sind viel zu teuer und die alten sind zu günstig. Es tut mir leid, wenn ich das so sagen muss aber es sitzen Leute auf zu günstigen Mietverträgen."
Alt gegen Jung?
Dass sich JungmieterInnen nicht überall gegen begünstigte Altmieter ausspielen lassen, beweist ein Fall, der sich heuer in Köln zugetragen hat. Kalle Gerigk bezog seine Wohnung im Kölner Agnesviertel im Alter von 22, das war 1982, 400 Mark Miete für 68 m².
Nach 32 Jahren, in denen Kalle regelmäßig Miete zahlte erhielt er eine Räumungsklage. Der Eigentümer meldete Eigenbedarf an, während die Wohnung pikanter Weise im Internet bereits zum Verkauf angeboten wurde.
Das Gericht entschied: Räumungstermin.
http://zwangsraeumung-verhindern.de
Alle für Kalle
Am Tag des Räumungstermins erschienen über 300 solidarische Menschen, darunter viele JungmieterInnen. Sie blockierten den Gerichtsvollziehern den Zugang zu Kalles Wohnung und verhinderten so, dass Kalle wohnungslos wurde.
Kalle strahlte vor Freude:"Heute ist ein Supertag. Ich glaube heute hat Köln ein bisschen Geschichte geschrieben."
Zwei Monate später, im April 2014, durchbricht ein polizeiliches Großaufgebot die neuerlichen Blockaden.
Diesmal klappt die Räumung zwar. Die solidarische Bewegung setzt sich aber fort.
Leute, die sich bisher geschämt haben, weil sie Schuldgefühle dafür empfanden, zu wenig Geld für die Miete zu verdienen, treten u.a. inspiriert vom souveränen Kalle Gerigk aus dem Schatten heraus, ermächtigen sich und finden breite Unterstützung.
Kalle hat von so vielen Leuten Support erfahren, dass er selbst für andere aktiv wird. Er fährt nach Düsseldorf. Hier setzt er sich gegen die drohende Zwangsräumung des 89jährigen Herrn Liedloff ein.
"Eine Zwangsräumung durchzumachen, das ist ein massiver Eingriff ins Leben. Ich war wirklich fix und fertig, es war wie eine Achterbahnfahrt.
Wenn ich bedenke, dass jemand mit 89 Jahren, der schwerst sehbehindert ist, wenn er den Prozess verliert, aus seiner Wohnung zwangsgeräumt wird, da wird mir schlecht. Das darf nicht passieren.
Herr Liedloff hat ein Recht seinen Lebensabend in dieser Wohnung zu verbringen. In Berlin ist eine Frau zwangsgeräumt geworden und zwei Tage später gestorben. Das sollte uns allen eine Mahnung sein."
Der aktuelle Räumungstermin für Herrn Liedloff ist der 31.Januar 2015.
FM4 Auf Laut – Wohnraum in der Krise
In FM4 Auf Laut diskutieren Mara Verlic und Justin Kadi vom Recht-auf-Stadt-Netzwerk mit AnruferInnen über Wohnraum in der Krise.
Anrufen und Mitdiskutieren erwünscht!
Die Nummer ins Studio (ab 21 Uhr): 0800 226 996
international: 0043 1 5036318