Erstellt am: 15. 11. 2014 - 15:28 Uhr
The daily Blumenau. Saturday Edition, 15-11-14.
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
Heute mit der (zumeist) üblichen Live-Taktik & Strategie-Begleitung, einer Echtzeit-Einschätzung der Geschehnisse bei Österreich gegen Russland; wie immer top-down, der oberste Absatz ist immer der aktuelle.
Der ÖFB-Kader für die EM-Quali gegen Russland heute und das Testspiel gegen Brasilien (18.11, 19.00, auch im Ernst-Happel-Stadion):
Tor: 1 Robert Almer (Hannover/D), 12 Heinz Lindner (Austria), 23 Ramazan Özcan (Ingolstadt/D). Auf Abruf: Thomas Gebauer (Ried), Cican Stankovic (Grödig).
Abwehr: 2 György Garics (Bologna/ITA), 17 Florian Klein (Stuttgart/D), 3 Aleksandar Dragovic (Dynamo Kiew/UKR), 15 Sebastian Prödl (Werder/D), 16 Kevin Wimmer (Köln/D), 13 Andreas Ulmer, 4 Martin Hinteregger (Salzburg), 5 Christian Fuchs (Schalke/D). Auf Abruf: Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Christopher Dibon (Rapid).
Mittelfeld: 14 Julian Baumgartlinger (Mainz/D), 6 Stefan Ilsanker, 18 Christoph Leitgeb, 20 Marcel Sabitzer (Salzburg), 11 Martin Harnik (VfB Stuttgart/D), 7 Marko Arnautovic (Stoke/ENG), 10 Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D). Nachnominiert: 8 Veli Kavlak (Besiktas/TUR). Auf Abruf: Andreas Ivanschitz (Levante/ESP), Jakob Jantscher (Luzern/ SUI), Michael Liendl (Fortuna Düsseldorf/D).
Angriff: 21 Marc Janko (Sydney/AUS), 19 Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), 9 Rubin Okotie (1860 München/D), 22 Andreas Weimann (Aston Villa/ ENG). Auf Abruf: Philipp Hosiner (Rennes/FRA), Marco Djuricin (Sturm).
Nach der Nominierung ausgefallen: David Alaba (Bayern München/D).
Verletzt/krank: Markus Suttner (Austria), Valentino Lazaro (Salzburg), Philipp Zulechner (Freiburg/D)
Rücktritt: Martin Stranzl (Gladbach/D), Alexander Manninger (Augsburg/D).
Unangefragt: Jonathan Schmid (Freiburg/D), Ashley Barnes (Burnley/ ENG). Für andere Nationen spielen Anel Hadzic (Sturm), Moritz Leitner (VfB Stuttgart/D) und neuerdings auch Marin Leovac (Rijeka/CRO). Der noch nicht einsetzbare Alan (BRA/Salzburg) ist aktuell eh verletzt.
Out: Mika Gspurning (Platanias/GRE), Michael Langer (Valerenga/NOR), Dejan Stojanovic (Bologna/ITA); Thomas Piermayr (Colorado/USA), Georg Teigl (Leipzig/D), Patrick Farkas (SV Mattersburg), Markus Berger (Ural/RUS), Franz Schiemer (Salzburg), Emanuel Pogatetz (Columbus/USA), Manuel Ortlechner (Austria), Tanju Kayhan (Karabük/TUR); Yasin Pehlivan (Bursaspor/ TUR), Stefan Kulovits (Sandhausen/D), Raphael Holzhauser (Stuttgart/D), Marcel Büchel (Bologna/ ITA), Guido Burgstaller (Cardiff/ENG), Ümit Korkmaz (Rize/TUR), Marcel Ritzmaier (PSV Eindhoven/NED), Alexander Grünwald, Alexander Gorgon, Daniel Royer (Austria), Daniel Beichler, Marko Stankovic (Sturm), Robert Zulj (Fürth/D); Erwin Hoffer (Düsseldorf/D), Darko Bodul (Odense/ DEN), Atdhe Nuhiu (Sheffield Wed./ENG), Martin Pusic (Esbjerg/ DEN), Rene Gartler (Sandhausen/D).
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Fabio Capellos Kader
Tor: Igor Akinfeev (CSKA Moscow), Yuri Lodigin (Zenit St Petersburg), Artyom Rebrov (Spartak Moscow). Auf Abruf: Sergey Ryzhikov (Rubin Kazan)
Abwehr: Vasili Berezutski, Sergei Ignashevich, Georgi Shchennikov (CSKA Moscow), Sergei Parshivlyuk, Yevgeni Makeyev, Dmitri Kombarov (Spartak Moscow), Andrey Semyonov (Terek Grozny), Vladimir Granat (Dynamo Moscow). Auf Abruf: Igor Smolnikov (Zenit St Petersburg), Aleksei Berezutski (CSKA Moscow), Aleksei Kozlov (Dynamo Moscow), Elmir Nabiullin (Rubin Kazan).
Mittelfeld: Igor Denisov, Aleksei Ionov (Dynamo Moscow), Denis Glushakov, Roman Shirokov (Spartak Moscow), Magomed Ozdoyev (Rubin Kazan), Viktor Fayzulin, Oleg Shatov (Zenit St Petersburg), Aleksandr Samedov (Lokomotiv Moscow), Alan Dzagoev (CSKA Moscow), Denis Cheryshev (Villarreal/SPA). Auf Abruf: Maksim Grigoryev (Rostov), Yuri Gazinskiy (Krasnodar), Pavel Mogilevets (Zenit St Petersburg), Aleksei Miranchuk (Lokomotiv Moscow).
Angriff: Aleksandr Kerzhakov (Zenit St Petersburg), Aleksandr Kokorin (Dynamo Moscow), Artyom Dzyuba (Spartak Moscow), Maksim Kanunnikov (Rubin Kazan). Auf Abruf: Dmitry Poloz (Rostov), Denis Dadydov (Spartak Moscow), Igor Portnyagin (CSKA Moscow).
Out: Vladimir Gabulov, Anton Shunin (Dinamo), Aleksandr Belenov (Kuban); Vyacheslav Karavaev (Dukla/TCH), Aleksandr Anyukov (Zenit), Kirill Nababkin (CSKA), Andrey Eshchenko, Vladimir Bystrov, Marat Izmailov, Vladislav Kulik (Kuban), Yuri Zhirkov, Artur Yusupov (Dinamo), Roman Shishkin, Dmitri Tarasov, Alan Kasaev (Lok), Pavel Yakovlev (Spartak), Aleksandr Ryazantsev (Zenit), Dmitri Efremov (CSKA), Pavel Mamaev (Krasnodor), Fedor Smolov (Sverdlovsk), Pavel Pogrebnyak (Reading/ENG) uvam
Bekannte Oldies wie Malafeev, Arshavin, Zyryanov, Bilyaletdinov oder Pavlyuchenko sind schon seit einiger Zeit außen vor.
Das ÖFB-Team ist so gut wie bei der Euro. Zurecht.
So, das war jetzt schon die halbe Miete. Samt Betriebskosten und Leumundszeugnis und Unbedenklichkeitserklärung. Und auf die Kreditauskunft wird auch verzichtet.
Österreich ist schon mit einem Bein bei der Euro 2018. Es fehlen noch ein Heimsieg gegen Moldawien und zwei volle Erfolge gegen Liechtenstein, dann ist es komplett egal, wieviele Punkte das ÖFB-Team in Schweden, Russland und Montenegro macht. Komplett egal.
Nicht dass er unbedingt verdient war, dieser Sieg heute Abend. Die Spielstärke, der Spielverlauf waren eher auf ein Remis ausgerichtet - die besseren Torchancen hatte der Gegner; bis es dann zum tatsächlichen Goldtor kam.
Das macht aber nix: die Mannschaft, die Trainerkopf Marcel Koller aufgebaut hat, verdient die Qualifikation aus sich und der Stetigkeit ihrer Leistung heraus. Wegen der Fähigkeit, die eigene Leistung zunehmend realistisch einzuschätzen, der Fähigkeit, sich und die strategische Kompetenz kritisch zu hinterfragen. Und letztlich auch wegen der Fähigkeit, auch schwächere Spiele (wie heute, wie in Moldawien) zu gewinnen.
Es gibt zwar einiges, was Anlass für Kritik bietet: dass Alaba-Baumgartlinger nicht ansatzweise ersetzbar sind; dass Marcel Kollers Zauderei immer ein gefährlicher Faktor ist (was passiert, wenn Okotie wegen Abseits zurückgepfiffen wird)?
Es gibt aber auch vieles, was darauf hoffen lässt, dass die nun sehr wahrscheinliche EM-Quali auch ein Auftakt für eine neue Ära sein wird. Eine Ära der selbstkritischen Selbstsicherheit, die sich aus der immer enger werdenden Nachbarschaft mit der deutschen Bundesliga ergibt, die von einer Generation von Ehrgeizlern mit einem Schuss Lässigkeit getragen wird.
2015 wird diese Mannschaft, diese Generation ihre Reifeprüfung abholen. Da müssen sie beweisen, dass sie neben der erledigten Kür auch die Pflicht bewältigen, neun Punkte aus den drei Spielen gegen die Kleinen holen. Klingt nach nicht viel, ist aber definitiv charakterbildend. Für Koller gilt es jetzt stark und stabil zu bleiben, sich den Charme-Offensiven des Boulevards zu entziehen und so einer falschen Legendenbildung entgegenzuwirken.
Das alles ist zu schaffen.
Dafür war dieser heutige Sieg Voraussetzung.
Umso entscheidender ist er, war er.
Ein Angelpunkt in Österreichs Fußball-Geschichte.
In der Schlussphase das Resultat halten? Klappt sicher
Capello reagiert, bringt 22 Dzyuba für 20 Fayzulin, löst also sein 4-3-3 zugunsten seines zuletzt gespielten offensiven 4-4-2 auf. Ob sich das in einem echten Anrennen niederschlagen wird, darf ich bezweifeln. Das Aufholen von Rückständen ist nicht ihre allerbeste Tugend. Zudem hat sich Österreichs Team in seiner klassisch schwächsten Disziplin (dem Abkacken in den Schlussminuten) bereits kilometerweit entfernt. Man wird sich jetzt im in den letzten Monaten schon öfter geübten Halten eines Resultats mittels stören und umschalten versuchen.
80.: 10 Dsagoev kommt für 17 Shatov, das ist ein seltsamer Tausch, ein Regisseur für einen Flügel? In jedem Fall laufen sich jetzt bis zu sechs, sieben Russen (die stehen jetzt in einem fluiden 4-1-5) in der doppelten Viererkette des Österreichers fest. Das sieht zwar teilweise wild aus, ist aber nicht wirklich gefährlich.
85.: Dragovic, schon zuvor angeschlagen, geht raus, 15 Prödl ersetzt ihn kurzfristig.
4 Minuten Nachspielzeit. Und auch da wird nix passieren. Außer dass 20 Sabitzer noch für 7 Arnautovic kommt.
Wie sich die Okotie-Hereinnahme im 2. Anlauf auszahlt
Mit der Hereinnahme von Okotie ändert sich der Spielcharakter endlich: Österreich riskiert, setzt erstmals gezielte Lochpasses mittlerer Länge ein und versucht die Schnittstellen zu finden, die man bis dato übersehen/verpasst hatte.
Betrifft Standard-Situationen: wenn sich Fuchs neben Junuzovic platziert, um der Mauer/dem Tormann Unsicherheit über den Schützen zu geben, dann empfiehlt es sich eher nicht, sich vom Schiri den möglichen Anlaufweg zustellen zu lassen. Weil dann wissen Mauer/Tormann was passieren wird. Und fangen den Schuss leicht ab. Da ist trainingsmäßig also durchaus Luft nach oben, auch für Kollers Liebling.
65.: Harte gelbe Karte für Hinteregger, der Kokorin kaum berührt. Zeichen für die Dauer-Gefahr des einen entscheidenden Konters. Sechs Minuten später sieht Parshivlyuk für ein Foul an Arnautovic auch gelb.
Der Elan direkt nach der Okotie-Hereinnahme ist verpufft: die russische Defensive hat sich auch auf die neuen Verhältnisse schnell eingestellt.
In Minute 72 spielt dann alles verrückt.
Zuerst hebt Fuchs den diesmal nicht zugestellten Freistoßball in den Strafraum und nach einer weiteren Hereingabe flippert der Ball unter Akinfeev wohl knapp über die Linie, der Schiri lässt aber weiterspielen - und im nächsten Moment treibt Harnik einen schnell herausgespielten Abstoß mit einem schnellen flachen Cross in die Mitte zum abseitsverdächtig schnell freigelaufenen Okotie, der dann den Ball ins recht offene Tor schieben kann. 1:0, nicht unbedingt verdient, was das Match betrifft, aber schon, was die Verve, den Drive und den Lauf dieser Mannschaft unter Koller betrifft.
Im Nachhinein zeigt sich übrigens, dass der Ball wohl noch nicht eindeutig hinter der Linie war. Und dass Okotie tatsächlich offside war. Und dass der Ball wohl doch hinter der Linie war.
Wie immer gibt Koller die ersten 15 Minuten in Halbzeit 2 ab
Anpfiff 19:02, keine Änderungen, wer hätte das gedacht...
Es ändert sich auch nichts am Match-Charakter: Russland (in weiß) greift an, ist deutlich aktiver als es geplant war, drängt Österreich (in rot-schwarz) hinten rein, weil man so am allereffektivsten den eigenen Strafraum sauber hält.
Wie der eigentliche Matchplan ausgesehen hat, zeigt der fast erfolgreich durchgezogene Konter in Minute 50 - da hebeln drei Akteure mit zwei Passes des gesamte Abwehr aus. Auffälligster jetzt ist Shatov, der rechte Flügel.
Immerhin reagiert Österreich mit ebenso gut über die Flügel (zuerst Arnautovic, dann Harnik, ehe er weggecheckt wird) angetragenen Angriffen. Man zeigt sich also nicht beeindruckter als nötig. Hat aber auch - wie so oft zu Beginn von Halbzeit 2 - keine neue Idee; und verplempert so viel Zeit.
Die wirkliche, echte, gefährliche Torchance haben wieder die Russen, der freistehende Kokorin mit einem Kopfball, der knapp daneben geht.
56.: 21 Ionov kommt für 18 Cherychev, ein Flügelwechsel. 59.: 9 Okotie kommt für 21 Janko, ein Center-Tausch, es bleibt also alles in Position.
Der Plan ist klar: Okotie soll (mit flotten Laufpasses freigespielt) die müdegespielten ZSKA-Oldies Berezutski-Ignashevich knacken. Und die Umsetzung lässt sich sofort recht gut an.
Halbzeit-Fazit
Angesichts des Ausfalls von Alaba und kurzfristig auch Baumgartlinger könnte man meinen, dass ein 0:0 zur Pause eh tapfer erkämpft wäre. Mag (im Lichte des scheinbar nötigen Schönredens) sein. Fakt ist aber, dass es recht egal wäre, wen die russische Defensive im Zentrum wegblockt; weil sie den deutlich stärkeren Eindruck macht, das bessere Rezept aufweist.
Capello hat sein zuletzt recht offensives 4-4-2 aufgegeben, setzt auf einen Dreier-Angriff und eine defensiv orientiere Reihe dahinter. So kann er das eher leicht auszurechnende 4-2-3-1 der Österreicher effektiv in den Griff kriegen; er hat in jeder Hinsicht Überzahl.
Österreich hat dem leider nichts entgegenzusetzen. Das wenige, was zu Beginn noch gelingen wollte, wurde mit zunehmender Spielzeit von der gegnerischen Defensive aufgesogen. Mehr stand nicht im Matchplan.
Das sollte in Halbzeit 2 anders werden. Es ist nämlich nicht zu erwarten, dass Capello etwas ändert - der wird weiter stabil stehen lassen und auf einen (durchaus möglichen) Treffer hoffen, den er dann nach Hause schaukeln lassen wird.
Es liegt also an Hausherr Koller, dem Spiel eine neue Wendung zu geben. Und: er kann sich diesmal nicht drauf verlassen, dass Leute wie Alaba oder Baumgartlinger sich im Spiel etwas einfallen lassen, weil die nicht da sind. Und Ilsanker-Leitgeb sind gut, aber eben nicht so gut.
Der in dieser Hinsicht auch verlässliche Spiel-in-die-Hand-Nehmer Junuzovic wirkt heute noch allzu verirrt.
Es bedarf also einer Neuorientierung der vorhandenen Akteure - denn zu einer Umstellung wird sich der vorsichtige Koller nicht hinreißen lassen.
Capellos Konzept ist aufgegangen; Kollers Team schwankt
Jetzt (so ab Minute 30 lässt sich das sagen) ist das passiert, was angesichts der Aufstellung und des daraus abzuleitenden Matchplans von Capello zu erwarten/befürchten war: Russland will wenig riskieren, gut verteidigen, giftig kontern und Österreich aus dem Spiel nehmen. Die gute Anfangsphase des ÖFB-Teams hat sich ins Nichts aufgelöst - auch wegen zu geringer Variabilität; die russische Defensive hat sich gut eingestellt, alles im Griff. Und so bekommt die Offensive mehr zu tun als erwartet war. Was aber nichts an der Grundformation ändert - die bleibt beim vorsichtigen 4-3-3 mit 4-5-1-Abwehrhaltung.
Einzige Schwäche: Glushakov orientiert sich deutlich zu weit nach hinten, was ein Loch zwischen ihm und der Abwehr auf der einen und Shirokov-Fayzulin auf der anderen Seite entstehen lässt. In diese Zone müsste Österreich so viele Akteure wie möglich/nötig kriegen.
Österreichs zweite echt gute Szene in Minute 39 entsteht nach zwei Crosses und forcierten Einsätzen von Harnik und Janko - Akinfeev ist aber ein sehr sehr guter Tormann (seinem WM-Fehler zum Trotz).
Der gefühlt meistgespielte Pass ist der von Dragovic auf Klein rechts. Dafür entsteht dort dann aber doch noch zu wenig. Die russischen Szenen vor dem letzten (noch misslingendem) Pass nehmen sich jedesmal gefährlicher aus. In Minute 43 sorgt ein Cherychev-Kopfball nach Corner für echte Gefahr. Die Weißen liegen damit punktemäßig doch deutlich vorne.
Russland kriegt die Hoheit über den Spielverlauf
Der Kokorin-Stangenschuss bringt zweierlei: den Versuch der Russen, mehr Konter als ursprünglich geplant zu setzen; und den Respekt der Österreicher, die nach einer Viertelstunde merklich zurückschalten. In Minute 22, nach der ersten echten kleinen Offensiv-Drangphase der Weißen, gelingt den Roten (angesichts der russischen Revolutions-Geschichte auch völlig logisch...) ihrerseits ein erster Konterversuch.
Die russischen Konter (und sie bestimmen seit Minute 15 das Match) laufen nach einem sehr einfachen Prinzip: einer von zwei aus dem Zentrum gut anspielbare Außenstürmern kriegt den Ball und versucht damit was.
Mein aktuelles Problem: ich kann kaum einen Unterschied in der Spielanlage der beiden Teams erkennen. Vielleicht äffen die Russen Österreich nach - sie stören jetzt auch mit zwei Pressern, sie ziehen die Innenverteidiger im Aufbau auch weit auseinander, und sie probieren's jetzt auch mit Passes auf die Außen. Harnik kriegt so in Minute 25 die erste echte Torschuss-Chance.
Größter Unterschied: Glushakov steht als sonnenklarer zentraler Sechser im Zentrum; Ilsanker ist überall und nirgendwo. Und: zwischenzeitlich haben sich die Russen gut auf die Mittelfeld-Läufe von Leitgeb und Junuzovic eingestellt - solche gibt es russischerseits nicht, da wird sofort abgegeben.
Noch was: Arnautovic kann sich gegen die Schwachstelle Parshivlyuk nicht so recht behaupten, einfach weil der keine Schwachstelle ist. Wie ich - siehe Vorlauf - erwartet habe.
Die Anfangsphase: beidseitige Suche nach Kontrolle
Anpfiff ist um 18:00.
Das russische 4-3-3 ist beim ersten Konter (links über Cheryshev) schön sichtbar. Glushakov spielt zentral hinter Shirokov und Fayzulin.
Defensiv steht man 4-5-1, eh klar, die beiden Flügel werden zurückgezogen, nur Kokorin stört vorne.
Österreich versucht das Match erst einmal mit Laufspiel im Mittelfeld voranzutreiben, lange vertikale Passes sind erst einmal verboten, Wechselpasses erlaubt. Diese Diversität wird nötig sein, um die toughe, klammernde russische Defensive zu überwinden.
Ilsanker schwebt noch als Fremdkörper im wenig wichtigen Raum direkt vor den beiden Innenverteidigern, ist im Aufbau noch nicht vorhanden. Defensiv ist er gegen die maximal drei angreifenden Russen aber nicht dringend nötig.
10.: gelbe Karte für Glushakov, ein Zeichen für gute Druckentfaltung des ÖFB-Teams im Mittelfeld.
Leitgeb versucht sich auf der Alaba-Position zurechtzufinden, setzt aber noch zu wenig Nachdruck in seine Passes und Ideen. Die beiden zentralen Salzburger vorsichteln also beide noch ganz klar zu sehr.
Russland sucht nach Kontrolle im Defensiv-Bereich: keine gefährlichen Gegenstöße zulassen, spätestens im Strafraum muss Ende sein. Das gelingt.
Österreich sucht nach Kontrolle im Offensiv-Bereich: Sicherheit im Aufbau, Ballhoheit beim Treiben durchs Mittelfeld, Gefahr über die Außen kreieren. Das gelingt. Nur die Gefahr im Strafraum fehlt.
In Minute 15 zeigt Kokorin, warum er vorne erste Wahl ist und warum ich in der Preview von einer möglichen russischen Führung gesprochen habe: Stangenweitschuss aus genau keiner echter Chance, wui!
Vor dem Match...
Österreich spielt in rot-schwarz mit 1 Robert Almer; 17 Klein, 3 Dragovic, 4 Hinteregger, 5 (K) Christian Fuchs; 6 Ilsanker, 18 Christoph Leitgeb, 7 Arnautovic, 10 Junuzovic, 11 Harnik, 21 Janko.
Nach Alaba fällt nun auch kurzfristig Baumgartlinger (Sehnenreizung im Knie) aus. Das ist echt bitter. Und damit ist die "wer ersetzt Alaba?"-Debatte hinfällig. Denn wenn das Einser-Duo im zentralen Mittelfeld ausfällt, dann kann es nur die Variante mit Ilsanker und Leitgeb geben; nicht weil Kavlak schlechter wäre oder Junuzovic vorne nicht ersetzt werden kann, aber: die zwei sind eingespielt. Und das wird wichtig werden.
Wichtig wird sein, dass Ilsanker so gut und effektiv zwischen die beiden aufbauaktiven Innenverteidiger rutschen wird und dort ebenso effektiv mitaufbaut. Diese drei gestalten das Offensiv-Spiel, das von den beiden Außenverteidigern, den zentral-offensiven Mittelfeldspielern mitgestaltet und von den beiden Außenstürmern und Janko mit dem finalen Pass bzw. dem Torschuss entschieden werden soll. Dort, in der aufbauenden Dreierkette der Österreicher, wird das Match gewonnen werden.
Defensiv steht Team Österreich wie gehabt 4-4-1-1 mit zwei Störern vor den beiden Ketten. Ob diese Formation viel Einsatzzeit haben wird ist, zumindest zu Beginn des Spiels, fraglich...
Russland spielt in weiß mit 1 Akinfeev; 3 Parshivlyuk, 14 Vasily Berezutski, 4 Ignashevich, 23 Kombarov; 8 Glushakov, 15 (K) Shirokov, 20 Fayzulin; 17 Shatov, 9 Kokorin, 18 Cheryshev.
Das ist eine sehr vorsichtige Aufstellung, ganz nach dem Gusto von Capello. Der hat sein in den letzten Spielen auf den Platz gestelltes 4-4-2 um einen Stürmer gekürzt und stattdessen den bereits erwähnten Bremser Shirokov ins Mittelfeld zu den eh schon nicht allzu offensiven Glushakov und Fayzulin gestellt. Deshalb müssen Dzagoev und Kershakov auf die Bank.
Das sagt uns dass die Ankündigung des russischen Camps hier in Wien drei Punkte holen zu wollen, über eine starke Defensiv-Leistung und reines Konterspiel gelingen soll. Die spielerischen Qualitäten, die man nach der WM vom teilweise erneuerten russischen Team gesehen hat, werden hintan gestellt. Hoffnungsträger sind Cherychev und Shatov, die schnellen Außenspieler, die den giften Center Kokorin einsetzen sollen. Spielmacher war zuletzt Glushakov - da stellt sich jetzt die Frage inwieweit ihn Shirokov in seinen kreativen Kreisen beschränken wird.
Für Kollers ÖFB-Team bedeutet das einerseits noch mehr Vorsicht walten zu lassen, da sich Russland nach einem Treffer sehr italienisch sehr weit zurückziehen würde, andererseits aber auch, dass man sich durchaus Zeit lassen kann und nicht sofort hysterisch anrennen muss - denn zumindest eine Halbzeit lang wird Russland mit dieser Aufstellung kaum wirklich aktiv Akzente setzen wollen.
Schiri im Happel-Stadion ist der Engländer Martin Atkinson, der Leiter von Serbien - Albanien, den kann also nix erschrecken. Arnautoivc Handschiene war kein Problem.
Zu den Vorbedingungen zu diesem letzten Pflichtspiel des Jahres, das vorentscheidenden, wenn nicht entscheidenden Charakter hat was die EM-Qualifikation betrifft, ist fast alles schon gesagt:
Alles über die rein rechnerische und psychologische Ausgangsposition hier.
Vieles über die Lage beim russischen Gegner hier.
Und alles über die Entwicklung, die das Nationalteam die letzten Jahre genommen hat hier.
Dazu kommt: das Fehlen von Alaba, das womöglich nicht so ins Gewicht fallen wird wie erwartet. Schon gegen Montenegro war es Julian Baumgartlinger möglich, die meisten Alaba-Jobs zumindest genauso gut wie sein Nebenmann zu erledigen.
Weiter zu beachten: gegenseitige Ignoranz. Sowohl russische Kaderspieler als auch Arnautovic gaben vor dem Match an, die Namen (und Fähigkeiten) ihrer Gegenspieler nicht zu kennen. Das, was früher (siehe dazu auch Pogatetz Passfoto-Aussage hier) wahr war, klingt jetzt eher nach offensiver Abwertungsstrategie.
APA/ROBERT JAEGER
Einer der Schwachpunkte, den die ÖFB-Spione (Koller hat den alten Russland-Kenner Gerhard Hitzel beauftragt) ausgemacht haben werden, ist die unstet besetzte Position des rechten Verteidigers. Egal ob es Sergey Parshivlyuk oder Igor Smolnikov sein wird - beide sind wenig erfahren und Unsicherheits-Faktoren in einer sonst gut eingespielten und im Mittelfeld und Angriff durchaus gut doppelt besetzbaren Mannschaft. Bloß: das ist schon seit einer ganzen Weile so; und immer wenn ich zugesehen habe und ein recht neuer RV aus dem Hut gezaubert wurde, der als Schwachstelle auszunehmen war, präsentierte der sich in guter Verfassung, war teilweise sogar der Spieler mit den unerwartetsten moves.
Ich sehe eher die (in seiner Heimat und von seinen Kollegen bejubelte) Rückkehr des alten Kapitäns Shirokov als Chance: seine Legende ist besser als sein Ist-Zustand 2014, seine eher destruktive Spielweise bremst das russische Spiel mehr, als dass es ihm entscheidende Akzente bringt.
Hier mögliche Aufstellungen und letzte Infos. Back around 17:30, bis dann.