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Martin Pieper

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Martin Pieper

Ist Moderator und Chefredakteur von seinem Lieblingssender. Hat sein Hobby zum Beruf gemacht.

30. 10. 2014 - 19:01

Jessas, ein Club der nicht sein wird.

Nur zwei Tage vor Eröffnung kündigt das Theater Werk X den Vertrag mit dem geplanten neuen Club am Petersplatz.

Die Betreiber des Clubs Jessas haben alles richtig gemacht. Sie kennen die richtigen Leute und scheinen eine Martlücke zu erkennen: in Wien fehlt ein kleiner feiner Club für elektronische Musik mit einem Fassungsvermögen für 200 bis 300 Leute, mitten in der Innenstadt. Jessas sorgt auf den Social Media Kanälen für den notwendigen Buzz. 1800 Zusagen für die Eröffnung am 31. Oktober waren das Ergebnis von drei Monaten Arbeit. Drei Monate, die nicht nur für Pressearbeit genützt wurden, sondern auch für Umbauten, DJ-Bookings und alles was sonst noch für eine Cluberöffnung gebraucht wird. Daraus wird jetzt nichts. Am Mittwoch, nur zwei Tage vor dem Grand-Opening wurde der Pachtvertrag mit der Goodlife-GmbH, die für Theatergastronomie im Kabelwerk und am Petersplatz zuständig war, von den Werk X Leuten fristlos gekündigt.

Plakat: Jessas macht auf

jessas

Völlig überraschend, sagen die Clubbetreiber rund um Goodlife Geschäftsführer und Pächter Jürgen Bauer:
David Kreytenberg von Jessas: "Ich bin fassungslos, wir sind alle fassungslos. Wir verstehen nicht, wie man zu so was fähig ist, zwei Tage ohne Ankündigung vor der Eröffnung. Wir haben DJs und Flüge gebucht, wir haben noch am Montag gemeinsam eine Presseaussendung gemacht, die vom Theater wohlweislich umgeschrieben wurde. Die wussten jeden Arbeitsschritt von uns."

In der offiziellen Aussendung des Werk X heißt es dazu:
"Es war, ist und wird niemals das Interesse der Leitung des neuen WERK X, (…) am Standort ELDORADO (ehemals Garage X am Petersplatz) einen, den Theaterbetrieb überlagernden "Elektro-Musikclub" zu etablieren! Unerheblich von wem betrieben oder wie oft über nichtautorisierte Pressemeldungen auch behauptet."

David Kreytenberg erinnert sich da anders an die Ausgangslage, die im Sommer für die Clubbetreiber so aussah:

"Das Werk X hat sich auf das neue Theater im Kabelwerk draußen in Meidling konzentriert und uns gesagt, dass wir da drin einen Musikklub machen können und dass wir - wenn wir weiterhin die Theaterbars machen - die an den Wochenenden benützen können, an denen keine Vorstellungen mehr stattfinden werden."

Harald Posch, Geschäftsführer des Theaters Werk X zeigt sich unbeeindruckt vom Herzblut, das in das Projekt Jessas geflossen ist: "Das ist ein junger Mann, der hat ein bisschen viel Ehrgeiz gezeigt, hat auch die Presseaussendungen alle nicht abgestimmt mit uns, und dadurch kamen jetzt ein paar, wie soll man sagen, unnotwendige Presseaussendungen oder Presseartikel zustande, die man natürlich so nicht stehen lassen konnte. Daher haben wir uns entschlossen, uns von der Good Life GmbH zu trennen, wir haben sie mehrmals ersucht, das zu ändern oder dem Einhalt zu gebieten, aber das ist nicht passiert, leider Gottes, und jetzt müssma uns halt voneinander trennen", und weiter: "Der Vertrag sagt ganz klar, er hat einen kleinen Raum gemietet, der Pächter, der für 70 Personen zugelassen ist, von der Behörde. Und in dem Raum darf er ein bisschen auflegen, den hat er schwarz ausgemalt, hat ein paar Tische reingestellt und eine Bar gebaut. Das ist es.“

Theater oder Club? Geht beides? Was unterscheidet eine gelegentliche DJ-Line von einem Gewinn-orientierten Clubbetrieb? Geht es um ein paar neue Tische, oder eine komplett neu eingerichtete Bar? Hat das Werk X kalte Füße bekommen, und aus Sorgen vor einer Interventionen des Kulturamts die Reißleine gezogen, wie die Jessas-Leute vermuten? Diese Fragen müssen jetzt vielleicht die Gerichte klären. Die Betreiber des jäh beendeten Jessas-Projekts überlegen nun jedenfalls rechtliche Schritte, sie sprechen von 60.000 Euro Investition, die sie in die ehemalige Garage X gesteckt hätten, vom ideellen Schaden und dem Vertrauensverlust ganz abgesehen.

"Jessas: Wien hat einen neuen elektronischen Club, den es nicht wollte, aber braucht. Und er liegt genau dort, wo er nicht sein sollte aber ist."

So hat der Flyer für die Eröffnung noch getönt. Das Jessas wird nun tatsächlich nicht dort sein, wo es sein hätte sollen.