Erstellt am: 30. 10. 2014 - 16:55 Uhr
Muslime unter Generalverdacht
Wenn es um den Islam geht, werden Glaubensinhalte, radikale Ideologien und bewaffnete Konflikte in einen Topf geworfen. Musliminnen und Muslime werden so zu den "üblichen Verdächtigen".
Protest gegen das neue Islamgesetz
Diese Vorurteile finden sich auch im geplanten neuen Islamgesetz. "Ein Islamgesetz darf auf keinen Fall ein sicherheitspolitisches Gesetz sein", sagt Baruch Wolski vom Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft.
Die muslimische Community fühlt sich bei der Erstellung des Gesetzes übergangen. Viele kritisieren, dass die Regierung dieses Gesetz zu einem Instrument für den nächsten Wahlkampf macht und nicht auf die gesellschaftlichen Realitäten der MuslimInnen in Österreich schaut. Die würden mit dem geplanten Gesetz unter Generalverdacht gestellt werden.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft als Verhandlungspartner steht ebenfalls unter Kritik. "Wenn es um große Themen wie das Islamgesetz geht, leidet die Glaubensgemeinschaft unter mangelnder Transparenz. Es gibt kaum Kommunikation zur Basis", sagt Wolski.

Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft
Die Rolle der Medien
Das Netzwerk protestiert nicht nur gegen das Gesetz, man will auch vor der allgemeinen anti-muslimischen Stimmung warnen. Seit 9/11 wird der Islam in westlichen Medien ständig mit terroristischen Gefahren in Verbindung gesetzt. Der syrische Bürgerkrieg und die brutalen Aktionen der Terrormiliz "IS" haben diese Situation weiter verschärft. So fragte erst vor ein paar Tagen Henryk M. Broder in seiner Kolumne, ob die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus noch tragbar sei. Der Artikel hat fast 20.000 Likes auf Facebook.
Der Anteil von Menschen mit muslimischem Background in den Redaktionen ist schwindend gering. Berichte über JihadistInnen im Kinder- und Jugendalter bringen hohe Aufrufzahlen und Quoten. Auf der Suche nach der nächsten Sensationsgeschichte vergessen viele Medien, wie sich diese Berichterstattung auf das Leben der MuslimInnen auswirkt. Die Hemmschwelle für Diskriminierung wird gesenkt und Vorurteile werden verstärkt. Unter dem Deckmantel der "Islamkritik", nehmen RassistInnen an TV-Diskussionen Teil und werden mitunter sogar zu "Islam-ExpertInnen".
Gegenseitige Extremismen
"Eine ganze Gruppe wird als das Böse wahrgenommen", sagt Gülmihri Aytac vom Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft. In dieser Atmosphäre werden auch große Neonazi-Aufmärsche, wie zuletzt in Köln, bei der mit Slogans wie "Ausländer raus" nicht nur gegen MuslimInnen gehetzt wird, wieder ein Stück salonfähig.
Natürlich würden auch islamistische Extremisten von dieser Stimmung profitieren. So könnten sie jungen Menschen vermitteln, dass es sinnlos ist, an dieser Gesellschaft oder Politik zu partizipieren. Sie würden ja ohnehin nicht ernst genommen werden.
Die beste Prävention gegen diese radikalen Gruppen - so das Netzwerk Muslimischer Zivilgesellschaft - wäre es deshalb auf die vielfältigen Stimmen aus der muslimischen Community zu hören, die die europäische Gesellschaft nicht zerstören wollen, sondern sich als Teil von ihr sehen.