Erstellt am: 18. 10. 2014 - 13:51 Uhr
Gehen per Knopfdruck
Wenn Christoph Stadlbauer von seinem Stuhl aufsteht und ein paar Schritte geht, erntet er garantiert neugierige Blicke von seiner Umgebung. Der dreißigjährige Oberösterreicher trägt von seiner Hüfte abwärts ein Exoskelett. Das Gerüst, in das seine Beine mit Klettverschlüssen eingespannt sind, fällt nicht nur optisch auf, sondern auch akustisch. Die Geräusche stammen von Elektromotoren, die das Skelett antreiben und die auf Höhe der Knie und Hüfte angebracht sind
Christoph Stadlbauers Gang ist recht flüssig. Seit knapp einem Jahr trägt er den Roboteranzug regelmäßig. Und kann so wieder aufstehen, gehen und sogar Treppen hinauf- und hinuntersteigen. Denn der junge Mann ist seit einem Autounfall vor zehn Jahren querschnittsgelähmt. "Vom 11. Brustwirbel abwärts", wie er präzisiert.
re-mobility
Der Oberkörper löst Schritte aus
Das Exoskelett steuert Christoph Stadlbauer mit einer Fernbedienung, einer Art Armbanduhr. Drückt er auf einen runden Knopf, gibt er dem System den Befehl sich niederzusetzen, aufzustehen oder zu gehen. Wenn Christoph einen Schritt machen will, lehnt er sich mit dem Oberkörper nach vorne. Das erkennt das computergesteuerte Gerüst über einen speziellen Neigungssensor und führt den Schritt aus. Die vom Roboteranzug benötigte Energie stammt aus Batterien, die Christoph Stadlbauer in einem Rucksack trägt.
Christoph Stadlbauer trägt das Exoskelett ungefähr dreimal die Woche für ein bis zwei Stunden. Denn das Tragen und steuern des 23 Kilogramm schweren Roboteranzuges ist nicht unanstrengend.
Keine militärische Forschung im Spiel
Beim Exoskelett handelt es sich um das Modell ReWalk der israelischen Firma Argo. Eine Handvoll Exoskelette für Querschnittspatienten gibt es mittlerweile am Markt, sagt Gernot Gruber. Er arbeitet für die österreichische Firma re-mobility die den ReWalk vertreibt. Obwohl die Entwicklung von Exoskeletten seit Jahrzehnten stark durch das Militär oder militärische Forschungsprojekte vorangetrieben wird, hat der ReWalk ganz andere Wurzeln, wie Gernot Gruber betont. "Das war uns ganz wichtig. Dieses Exoskelett wurde von einem Querschnittspatienten entwickelt."
Fitnessgerät für Rollstuhlfahrer
"Die Effekte auf Körper und Psyche der Patienten sind nicht zu übersehen," sagt der Orthopädietechniker Gernot Gruber. "Von der Bewegung profitieren Verdauungsapparat, Kreislauf und Muskulatur. Und klar, wenn man wieder Gehen und Stehen kann, stärkt das auch das Selbstbewusstsein.
Christoph Stadlbauer sieht die Sache recht nüchtern. Seinen wendigen Rollstuhl kann der Roboteranzug noch auf längere Zeit nicht ersetzen. Darüber hinaus gibt es für ihn beim jetzigen Modell noch viel Verbesserungspotential. "Toll wär, wenn der Roboteranzug kleiner und leiser wäre - und etwas weiter ausgeholt: ohne Krücken wäre er natürlich auch praktischer."