Erstellt am: 16. 10. 2014 - 17:03 Uhr
The daily Blumenau. Thursday Edition, 16-10-14.
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
#fußballjournal14 #machtpolitik #frühstücksdirektorentum
Es gehört zum mittlerweile schon klassischen Kanon der großen künstlichen Empörungen, wenn Sport-Fans und auch sehr viele Sport-Journalisten immer dann, wenn politische Ereignisse allzu offensichtlich in ihr keimfrei geglaubtes Refugium reinregieren, das mit naivitätsstrotzendem Entsetzen quittieren. Auch weil es so schön lächerlich ist, sich derlei nur dann einzugestehen, wenn es überdeutlich wird, die permanente Anwesenheit von gesellschaftspolitischen Bezügen und Einmischungen in jeden Sport-Bereich aber vor/fürsorglich auszublenden.
Im Fall der in jeder Hinsicht gewagten Drohnen-Aktion im dadurch zerstörten EM-Quali-Spiel zwischen Serbien und Albanien traut sich das kaum jemand: zu verfahren ist die Lage im ewig schwelenden und seit den Streitereien um den Status des Kosovo, zu wichtig die Instrumentalisierung der jeweiligen Straßen den beiden Regimen, zu bedeutend die Aufrechterhaltung der ultranationalen Diskurse - die dann auch ihre Fortsetzung auf den Straßen von Wien (und nicht nur dort) fand.
Die interessanteste Reaktion aus jener Ecke, die sich gegen die politische Einmischung in Sportbelange immer so empört zur Wehr setzt, kam diesmal von einem der Experten, dem Ex-Internationalen Frenk Schinkels in seiner Miniatur-Kolumne für die schmalblättrige Gratiszeitung Heute. Schinkels findet es pfui, dass Sportler sich politisch einmischen und Öl ins Feuer gießen und empfiehlt mehr politische Bildung für Kicker.
Ich muss dem 1987 zum Österreicher gewordenen Holländer nur in einem Detail widersprechen: politische Bildung braucht man wohl erst nach der Kicker-Karriere, im Trainer/Management-Business. Und zwar eine politische Bildung der Art, wie sie die österreichische Lebens-Praxis vorgibt, in der Tradition des Vormärz: Wissen um politische Strukturen durch geschicktes Antichambrieren zum persönlichen Vorteil zu nützen.
Best Practice in diesem Zusammenhang: Frenk Schinkels.
Der begann seine Laufbahn als Coach in Niederösterreich, diente sich dabei in seiner Heimat St. Pölten dem Landesfürsten an. Dann wurde er zum liebsten Stichwortgeber von Mogul Frank Stronach in dessen verheerender Austria-Regentschaft, es folgte eine Episode beim kurze Zeit später vom allmächtigen Sponsor Resch an die Wand gefahrenen 1.FC Vöcklabruck. Später war Schinkels auf dem Schoß des allmächtigen Landes-Herrschers von Kärnten zu finden (auch dessen Verein fuhr danach an die Wand) und auch sein bis vor kurzem letztes Engagement bei der Vienna des Mini-Oligarchen Herbert Dvoracek passt ins Bild.
Dieser Tage übernahm Schinkels, der seine Rolle als Einflüsterer von Erwin Pröll in den letzten Jahren systematisch ausbauen konnte, den Job des Sportdirektors beim Hauptstadtverein SKN St. Pölten, der Pröll (so wie sehr vieles im Land) de facto direkt untersteht. Zuvor hatten Schinkels' Flüstereien für die Entlassungen von Marketing-Leiter Michael Hatz, Langzeit-Sport-Manager Christoph Brunnauer und zuletzt Trainer Herbert Gager gesorgt und den Club personell bis ans Limit ausgedünnt.
Schinkels betreibt den neuen Job ganz offen in Frühstückdirektor-Manier. SKN-Obmann Gottfried Tröstl (ein Raiffeisen/Pröll-Mann) erklärte, dass ein "Top-Manager viele Dinge in zwei Stunden erledigen" könne. Ja, ein Top-Manager vielleicht, aber Schinkels, der selbsternannte Showman?
Der wird weiterhin hauptsächlich das tun, was er von Anfang seiner Karriere im Nach-Spieler-Leben getan hat: als Experte (zunächst Premiere, dann ORF, jetzt Puls4 und Heute) Einfluss sammeln und Meinung machen.
Denn dort spielt die Musik.
Das zeigt auch Schinkels Ansage, dass er die Fortsetzung seiner Experten-Karriere im TV- und Print-Boulevard eh abgesprochen habe; mit den relevanten Playern, mit Krone und Kurier, die über das Problem der Unvereinbarkeit abstimmen durften.
Für St. Pölten ist der implizit verursachte personelle Kahlschlag wohl gleichbedeutend mit dem Ende der Chance auf baldigen Aufstieg in die Bundesliga. Denn den kann man weder herbeijodeln noch herbeischreiben, sondern nur durch eine (auch personell) gut gedüngte Infrastruktur befördern.
Das wird vielleicht wieder unter Prölls Nachfolgerin der Fall sein: es ist anzunehmen, dass Frau Mikl-Leitner ihre landesmütterliche Einmischung beschränken und das die Chancen aus dem populistischen Kabarettismus der sportlichen Leitung wieder auszusteigen, erhöhen wird.
Die Karriere von Schinkels hat ja letztlich gar wenig mit Sport, sondern sehr viel mit geschicktem politischen Hantieren zu tun.
Und genau deshalb sollte man den - vielleicht ganz anders gemeinten - guten Rat dieses Joseph Fouché unserer Zeit auch ernst- und annehmen. Alleine schon um Instrumentalisierungen schneller zu erkennen. Oder vollmundige Ansagen von steinewerfenden Glashaus-Bewohnern, die das Politische im Sport als schiache Sache anprangern, der Doppelzüngigkeit zu überführen.