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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

10. 10. 2014 - 17:10

The daily Blumenau. Friday Edition, 10-10-14.

Ja, die Kritik am ÖFB-Team ist Kritik auf vergleichsweise hohem Niveau. Das wurde beim Besuch eines Testspiels zwischen der U21 und Austria Wien schmerzhaft klar.

The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.

Das ist die angesprochene Kritik auf hohem Niveau am Nationalteam und seinem Auftritt in Chisinau von gestern abend.

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Daten zum Testspiel von Donnerstag 17:00 Austria Wien vs ÖFB U21

Österreich U21, immer in 4-2-3-1, in Halbzeit 1:
1 Leitner; 21 Mwene, 3 Jäger, 2 Lukas Gugganig, 19 Martschinko; 7 Wydra (K), 21 Gartner; 10 Schaub, 11 Michael Gregoritsch, 8 Murg; 20 Kevin Friesenbichler.

Halbzeit 2: 12 Kuster; 21 Mwene (61. 5 Sebastian Wimmer), 3 Jäger (80. 4 Stec), 2 Gugganig (K ab73./86. 15 Sittsam), 19 Martschinko (73. 13 Wessely); 7 Wydra (73. 6 Kerschbaum, K ab 86.), 21 Gartner (61. 18 Schwendinger); 9 Bytyqi, 16 Dovedan, 17 Bernhard Luxbacher; 14 Grillitsch.

Der Kader der U21 sowie Abwesende finden sich hier.
Die Tore zum 0:2 kamen von Gregoritsch (11.) und Friesenbichler (42.), nach jeweils schönen Kombinationen mit den anderen Offensivpartnern, also auch Murg und Schaub.

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Die mit Amateuren und Akademikern verstärkte Austria Wien spielte bis Minute 67 mit einem 4-2-3-1 mit 77 Casali; 30 Koch, "5" Stark, 33 Rotpuller, "20" Kilka; 36 Serbest, 17 Mader (K); 7 Meilinger, "21" Prokop (57. 24 Kienast), 28 Royer, "11" Frank.

Danach im 4-1-4-1 mit 77 Casali; "4" Blauensteiner, "23" Ljubic, 15 Ramsebner, 14 Ortlechner (K); 6 Mario Leitgeb; "25" Sarkaria, "9" Vukovic, "29" Cancola, "16" Tercek; 24 Kienast.

Die Austria-Teamspieler (Lindner, Hadzikic, Shikov, Suttner, Holland, Horwath, Damari, Kamara, Jonovic, Kvasina und Zivotic) fehlten ebenso wie die verletzten Koblischek, Da Paula, Salomon, Gorgon und Harrer sowie die geschonten Larsen und Grünwald.

#fußballjournal14

Es begann damit, dass ich mir heute nach dem Aufstehen noch einmal die wichtigsten Phasen des Moldawien-Spiels von gestern reingezogen hab', und danach, an einer stilleren Örtlichkeit, auf dem Handy nach relevanten Analysen suchend, auf die des Kollegen Akhondi auf 90minuten.at gestoßen bin.
Der hat da das, was ich gestern in den allerersten Anmerkungen über das ÖFB-Team in den allerersten Minuten wertfrei festgehalten habe (dass sich die zwei zentralen Mittelfeldspieler zwischen und neben die Innenverteidiger fallen lassen, um Bälle für den Aufbau zu holen und so die beiden Außenverteidiger hoch aufrücken konnten, was dem Spiel - Vorstöße durch Arnautovic - schnell gut tat) zum zentralen (und an sich guten) Plan von Marcel Koller erhoben, der dann in weiterer Folge nicht ganz optimal umgesetzt/durchgezogen wurde.

Basics sind kein Plan, sondern Basics

Ich gebe zu: ich finde das ärgerlich.
Dass ein Spielaufbau durch zurückfallende, das Spielfeld aber in seiner Gesamtheit im Blick habende zentrale Mittelfeldspieler (oder, noch besser, auch durch aufbaustarke Innenverteidiger) eröffnet und cogestaltet wird, ist anno 2014 kein taktischer Kniff mehr, sondern muss zur Grundausstattung jeder besseren Mannschaft dazugehören.
Das allein ist einfach kein Plan, sondern maximal ein Sockel, auf dem dann ein wirklicher Matchplan aufsetzen kann. Der mir gestern gefehlt hat. Und da ist recht egal ob eine überraschend eingezogene Fünferabwehr des Gegners eine Idee abgeschossen hat, oder ob es tatsächlich das seitdem oft angesprochene Unvermögen war, zwischen die beiden 5er-Linien der Moldauer zu kommen. Davon spreche ich bewusst nicht, weil die Fächer-Struktur der offensiven Reihe das gar nicht zugelassen hat, solange die Blauen gut standen.

Ich habe in jedem Fall keinen solchen Plan gesehen.

Dann habe ich meine Unterlagen für den heutigen Eintrag gesucht und dabei hatte ich dann eine (kleine) Erkenntnis. Es handelte sich nämlich um den ersten Test des neuen U21-Nationalteams, der am späten (sonnigen) Nachmittag im Horr-Stadion gegen eine mit Amateuren aufgefüllte Austria Wien durchgeführt wurde. Wie alle Jugendnationalmannschaften ist jetzt, nach einem späten Paradigmenwechsel, dazu angehalten dieselbe Philosophie, dasselbe System wie das A-Team zu spielen.
Und dort, in der obersten Junioren-Klasse, sind die angesprochenen Basics nicht existent.
Dort wäre das Selbstverständliche tatsächlich ein zu bejubelnder Plan.

Die U21: gefangen in der Gregoritsch-Schablone

Werner Gregoritsch ließ seine 94er und 95er-Jahrgänge zwar im 4-2-3-1 des A-Teams auftreten, versagte seinen Außenspielern durch das Rückfall-Verbot für die beiden Sechser ein seriöses Offensivspiel. Die Aufbau-Arbeit wurde nicht hinten, sondern im Zentrum (also bereits mit pressendem Gegner) oder auf den Seiten durchgeführt.

Die Abwehr agierte statisch, die Doppel-Sechser durften maximal ein bisserl Platz tauschen - mehr an Aufgabe gestand ihnen der "Plan" von Gregoritsch nicht zu.
Dafür durften die offensiven Vier in Halbzeit 1 alles; und Schaub-Gregoritsch-Friesenbichler-Murg (allesamt echte Rohdiamanten) nutzten diese Freiheiten, pressten sich viele Bälle, bissen sich ein ums andere Mal durch die gegnerischen Reihen, kombinierten in hohem Tempo und mit großer Wucht und spielten (spielten!) so (zurecht) eine 2:0-Führung heraus, die bis zum Ende hielt.

In Halbzeit 2 hingegen hatten die offensive 4 strikte Anweisungen, an ihren Plätzen zu bleiben, vor allem Luxbacher links gab des Öfteren einen zusätzlichen Defensiv-Spieler. Das Spiel der U21 blieb also in einer echten Schablone stecken. Vor allem die Sechser (Kapitän Wydra und der körperlich ungemein präsente Gartner), aber auch der lange Lukas Gugganig hintendrin offerierten einiges an Potential, konnten aber nichts davon umsetzen. Würde sie eine echte Grundidee mit ihren vier Offensiv-Kollegen verbinden (anstatt nur als immobile Pfosten zuarbeiten zu sollen), könnte sich diese Mannschaft zur Augenweide entwickeln.

Falsch umgesetztes 4-2-3-1: sinnlos & kontraproduktiv

PS 1, zur Austria:
Der noch größere Jammer war die teamspielerlose B-Elf, die punkto Aufbau überhaupt keine Ambitionen zeigte, sich flügellahm, druck- und fantasielos präsentierte - als Sparring-Partner eh optimal, als letztjähriger Champions-League-Teilnehmer aber ein echtes Trauerspiel.

Das liegt nicht am fehlenden Matchplan, sondern am grundsätzlichen Missverstehen der Koller'schen Philosophie durch Coach Werner Gregoritsch. Einfach eine 4-2-3-1-Grundformation hinstellen, ohne die wichtigsten Zutaten bei Basics wie dem Aufbau-Spiel zu übernehmen oder zumindest abzustimmen, ist nicht nur sinnlos, sondern auch kontraproduktiv. Die jungen Spieler (von denen einige womöglich nicht im Ausland unter guten Coaches trainieren, sondern sich mit hiesigen Verhältnissen quälen) glauben ja vielleicht, dass sie das Richtige machen und dass das einen großen Wert hat - das Erwachen im Erwachsenen-Fußball (egal ob beim A-Team oder im Ausland) wird dann umso bitterer.

PS 2, zum gestrigen Länderspiel:
Weitere interessante Analysen: hier auf laola1.at, dann die großen Stress anstatt der angestrebten Ruhe konzidierende Standard-Netzwerkanalyse und schließlich noch eine bei ballverliebt.eu.

An dieser Stelle verstand ich den Kollegen Akhondi: er setzt seine kritische Reflexion am Gregoritsch-Level (also dem heimischen Durchschnitt) an. Da ist Lob für eine in der Liga mäßig angewendete Spielaufbau-Arbeit angebracht. Ich kann mich da trotzdem nicht anschließen. Das A-Team des ÖFB muss internationalen Standards entsprechen. Es mag - für Österreich - auf hohem Niveau stattfinden. Medien, vor allem kritischen, tut es aber gut, derlei auch international zu evaluieren und sich nicht nach untenhin anzupassen.
Gut, dass in den ÖFB-Analysen an Tag danach Selbstkritik anklingt.

Ein Nachsatz zur desolaten Präsentation des heimischen Fußballs

Nein, nichts zur lächerlichen Causa Schinkels (vielleicht später einmal) - nur ein paar Anmerkungen zum Ablauf eines Tests einer österreichischen U21, der bei einem selbsternannten europäischen Traditionsklub zu Gast ist.

Es gibt keinen Platzsprecher, keine Vorstellung. Keine Information über Spiel oder Spieler.

Der Gastverein steckt seine Amateur-Spieler in die Trikots der abwesenden A-Kicker, entpersonalisiert so seinen eigenen Nachwuchs und verwirrt selbst klubaffine Kiebitze.

Der ÖFB gibt auf seiner offiziellen Seite immer noch ein völlig falsches Blankett (falsche Auswechslungen, falsche Zeiten, falsche Aufstellungen) an.

Auf der Seite des Ausrichter-Vereins wiederum fehlt die Mannschaft der Gegner.

Die halboffizielle Seite der Landesverbände hat zunächst auch die falsche Info des ÖFB, switcht heute zu nach Nummern gerankten Aufstellungen, bei der dann also die beiden Tormänner im Sturm spielen.

Das passt alles perfekt. Für die Parodie an Fan-Kultur, drei hinter mir sitzende Austrianer, die (nachdem sie sich über den Russen beschweren, der dem Koch seinen Platz weggenommen hat - sie meinen den Mazedonier Shitov; der Platzwegnehmer wäre zwar der Däne Larsen, aber egal) sich über den schwachen Zuspruch beschweren und das mit der schlechten Werbung begründen. Ein paar Zeilen in der U-Bahn-Zeitung wären zu wenig: "es kann ja ned jeder die Heute lesen - so wie wir".

Auf diesem Stand der Alphabetisierung befindet sich so einiges.