Erstellt am: 10. 10. 2014 - 10:46 Uhr
Indie-Triplett
So richtig "true" ist mein Spielverhalten wohl nicht, geht man nach den alten Maßstäben. "Destiny" interessiert mich mäßig, "Wasteland 2" klingt interessant, aber auch unnötig zeitraubend und "Alien: Isolation" mutet nach einem tollen Spielerlebnis an, bei dem es mich aber wohl dauernd vor Schreck vom Stuhl werfen würde. Da ist es umso schöner, wenn man sich in neue Indiegames vergraben kann. Ihr wisst schon, jene Spiele, die in Sachen Präsentation nicht so umwerfend daherkommen, dafür oft unkonventionelle Ideen mitbringen und bestimmte Spielmechaniken gekonnt auf ihr grundlegendes Wesen reduzieren.
Wer ehrlich ist, muss zugeben: Auch viele der aufwendig aufpolierten "großen" Games sind rein spielerisch gar nicht so anspruchsvoll wie sie gerne tun. Es hat ja einen Grund, warum etwa Profispieler/innen meist zugunsten von Performance auf audiovisuellen Schnickschnack verzichten. Indiegames bringen diesen Purismus oft von vornherein mit - zwar in erster Linie aus technisch-ökonomischen Gründen, doch manchmal gehen damit auch ästhetisch-minimalistische Ansprüche einher und sorgen für ein entschlacktes, intensives Spielerlebnis.
Brightside Games
Dreierlei aus Deutschland und Österreich
Dass gleich drei Indietitel aus Deutschland und Österreich an nur einem Tag auf der bei weitem populärsten Online-Verkaufsplattform Steam (circa 90 Prozent aller Verkäufe finden dort statt!) erscheinen, ist ein ungewöhnlicher Zufall. Noch dazu sind es Games, die in der Community der unabhängigen Spieleentwickler/innen und interessierten Beobachter/innen hoch im Kurs stehen und seit Monaten auf sich neugierig machen. Alle drei Spiele sind Mischungen aus Geschicklichkeits- und Puzzleaufgaben - zwei davon sind in 2D gehalten, das dritte kommt in der Egoperspektive daher.
"TRI: Of Friendship and Madness"
"Indie Games Area"
Auf der GAME CITY im Wiener Rathaus, gleich neben dem FM4 Green Screen.
Starke Farben, klare Formen, eine mystische Umgebung mit vielen verwinkelten Stellen - und einem großen Geheimnis, dass diese Welt umgibt. "TRI" sammelt sich aus unterschiedlichen Vorbildern Versatzstücke zusammen und stellt sie geschickt neu zusammen, so dass ein originärer Titel daraus entsteht. Wir werden von einer Art Priester in eine surreale Welt entführt, in der wir das Rätsel der verschwundenen Fuchs-Götter lösen müssen.
Neben den First-Person-Standardbewegungen wie Gehen, Laufen, Springen, Klettern und Kriechen, ist die Besonderheit das namensgebende Tri: Wir können durch Mausklicks Dreiecke in die Welt bauen, auf denen wir uns anschließend bewegen und die wir als Hindernisse verwenden können. Das führt zwar nicht zu so verblüffenden und superschlauen Rätsel wie bei "Portal", bietet aber doch genügend Denkaufgaben, um einen eine Weile sehr gut bei Laune zu halten. Außerdem sieht "TRI" schick aus und spielt sich flüssig. Moment, stand dort drüben nicht gerade ein Fuchs?
"Schein"
Das von der österreichischen Newcomer-Firma Zeppelin Studio entwickelte "Schein" ist - die geneigten Leser/innen werden es wissen - bereits im Sommer erschienen, FM4 hat berichtet. Nun ist das Spiel auch für Steam da - eine wegen der weiter oben bereits erwähnten Wichtigkeit für Spielemacher unerlässliche Verkaufsplattform.
Bei "Schein" steuert man einen verzweifelten Vater durch einen mysteriösen Sumpf auf der Suche nach dem verlorenen Sohn. Begleitet wird er von einem Irrlicht, das wir zu jeder Zeit ein- und ausschalten können. Es gibt aber nicht nur eine Lichtform, sondern gleich drei verschiedene. Manche Dinge werden nur im richtigen Licht sichtbar. Das kann schon mal ziemlich knifflig werden, wenn innerhalb von Sekundenbruchteilen - oft während eines Sprungs - das richtige Licht an- oder abgedreht werden muss. Dieser hohe Schwierigkeitsgrad hat sich während der Entwicklung so ergeben, ist aber etwas, wobei Zeppelin Studio geblieben ist und mittlerweile sogar damit wirbt. Sehr angenehm: Wer "Schein" davor schon auf der (etwas unbekannteren) Games-Verkaufsplattform Desura erstanden hat, darf damit rechnen, dass der Spielstand ohne Zutun in Steam übernommen wird. Praktisch!
"Team Indie"
Das Indie-Metaspiel, auf das wir alle gewartet haben, ist da. Zugegeben, am Anfang war ich nur mäßig begeistert über das auf den ersten Blick etwas einfältig wirkende Puzzle-Jump'n'Run. Doch nach einer persönlichen Vorführung von Co-Entwickler Thomas Bedenk auf der letzten Gamescom war ich überzeugt, dass "Team Indie" Potenzial hat. Was mich von Beginn an überzeugt hat, ist die Hauptfigur: eine aufrecht und behände herumlaufende Katze. Sie ist - frei nach "TRON" - unfreiwillig in einer Videospielwelt gefangen und will wieder raus. Ihre Besitzerin holt sich nun Hilfe von anderen Indiegames-Helden wie etwa Commander Video, Tim aus "Braid", Clunk von "Awesomenauts" oder das fliegende Igelwesen aus "Badland" (komplettes Team, exklusive Katze, siehe Bild ganz oben).
"Ist das noch Indie?"
Talkrunde heute, Freitag, ab 17 Uhr auf der GAME CITY im Wiener Rathaus.
Jede Figur wundert sich erstmal, wie sie aus ihrem Hauptspiel plötzlich in diese andere virtuelle Welt gehackt wurde, hilft dann aber sogleich gerne mit den jeweiligen individuellen Spezialfähigkeiten aus. Nun werden diese Fähigkeiten mit jenen der agilen Lauf- und Sprungkatze vermischt, und zwar immer hintereinander. Hat also ein Charakter seinen Teil in einem Level beigetragen, wird die Zeit zurückgedreht und eine weitere Figur übernimmt mit einem neuen Zeitstrang. Was man mit der vorigen Figur gemacht hat, wird dann automatisch wieder abgespielt. Es ist ein bisschen so wie beim kürzlich erschienenen "Super Time Force", nur wesentlich weniger chaotisch und gemütlicher, mit ausreichend Zeit zum Nachdenken.