Erstellt am: 9. 10. 2014 - 15:37 Uhr
The daily Blumenau. Thursday Edition, 09-10-14.
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
Heute Abend wie immer eine Extra Edition, die Live-Coverage zum Länderspiel, wie immer im taktisch-strategischen Kommentier-Ticker, in Echtzeit. Weil im Nachhinein schlau sein, das kann jeder.
#fußballjournal14
Nach dem Holper-Start gegen Schweden und der auch nachträglich nicht befriedigenden Einordnung des Punktgewinns ist der Ermessens-Spielraum für die beiden Matches (heute) in Moldawien und (am Sonntag) daheim gegen Montenegro ordentlich geschrumpft: jedweder Punkteverlust wird massive Kritik nach sich ziehen.
Die wird ebenso ungerechtfertigt sein wie es die öffentlichen Beschönigungen nach dem Heim-1:1 waren: dieses Leben in Extremen ist in Österreich Usus. und Marcel Koller, der Schweizer Teamchef des ÖFB, hat sich in diesem Topos schon etwas zu behaglich eingerichtet.
Die Öffentlichkeits-Arbeit vor dem Moldau/Monte-Doppel hat hingegen gut funktioniert: Koller hat klargemacht, dass seine geschlossene Kader-Gesellschaft strategiebedingt nicht geöffnet werden kann und dass die gezielte Ausbootung einiger Akteure etwas mit der notwendigen Spielanlage zu tun hat. Und weil er die Verantwortung für dieses Tun an sich zieht wie ein katholischer Heiliger, wird es akzeptiert und nicht hinterfragt.
Stattdessen beschäftigt man sich, auch im seriösen Medien-Bereich, erstmals seit längerer Zeit wieder intensiver mit Personal-Fragen, vor allem im Offensiv-Bereich und stellt die Formchecks in den Mittelpunkt.
Durch mantrahafte Wiederholungen gut abgelenkt
Das ist sicherlich interessant, geht aber am Kern der aktuellen Anforderungen vorbei. Die hat Koller, technisch sauber und clever, vom Tisch gefegt.
Die Frage nach der katastrophalen Auswärts-Bilanz des ÖFB-Teams, vor allem unter den Vorgängern (unter Krankl hatte man 2003 in Tiraspol verloren) aber auch in der Ära Koller.
Dass es das hartnäckige Sammeln von Auswärts-Punkten sein wird, dass die Teilnahme an der Euro 2016 realistisch macht, ist zwar logisch, findet aber in der Prioritäten-Setzung keinen gesteigerten Platz. Die Gegner können sich immer noch über das Antreten des österreichischen Punktelieferanten freuen. Und auch die unter einem neuen Coach antretenden Moldauer rechnen sich etwas aus.
Allheil-Mittel gegen das Wegwerfen der Nerven in auswärtigen Stadien gibt es keines, das Beschwören von mehr Ruhe und Geduld in der entscheidenden Phase ab Minute 60 (eines der aktuellen Koller-Mantren, die hier im ausführlichen Interview zusammengefasst sind) ist zwar ein psychologisch geeignetes Mittel, wird aber durch die Kader-Auswahl nicht sonderlich gestützt. Denn ab Minute 60 wechselt Koller, und für den Offensiv-Bereich hat er da letztlich nur sehr junge Akteure zur Verfügung, die (vorsichtig gesagt) nicht primär geeignet sind, diese Ruhe ins Spiel zu bringen.
Es gibt einen Plan B, aber er zeigt wenig Wirkung
Dazu kommt, dass das Abrücken vom zwar etwas monochromen, so auch berechenbaren, aber in seiner Intensität beeindruckendem Offensiv-Pressing des ÖFB-Teams der WM_Quali-Campaign zwar eine zweite Variante (ein lightes Mittelfeld-Pressing) generieren konnte, damit aber nie wirklich überzeugen konnte, auch nicht im Test in Tschechien.
Nun ist es logisch, dass man gegen hintendrinstehende Teams wie Moldawien oder die Schweden im Praterstadion mit einer überfallsartigen Gegenstoß-Taktik wie gegen Deutschland nix reißen wird. Ein leichtes Anstupsen im Mittelfeld unter völliger Aufgabe der gegnerischen Hälfte und vermehrtes Augenmerk auf mehr Ruhe in der Schlussphase führen aber eher nicht die Hitliste der Top-Optionen für diesen strategischen Fall an.
Zumal das, was Marcel Koller unter Geduld und Ruhe versteht, leicht in Zögerlichkeit und Stillstand kippen kann. So wie er sich mit taktischen Wechseln und Umstellungen schwer tut und so meist den ersten Teil der 2. Halbzeit quasi w.o. gibt, so spielt dann auch seine Mannschaft. Zaudern und Zagen wirkt ansteckend.
Wenn dann noch international nicht so gefestigte Kids wie Sabitzer und Lazaro eingewechselt werden und just in so einer Situation den entscheidenden Push bringen sollen, kann es ganz eng werden.
Diese Problemzone war schon vor dem Schweden-Match gegeben. manifestierte sich dort, erfuhr bis dato keine sichtbare Lösung und kann in Chisinau entscheidend werden. Sofern das ÖFB-Team nämlich nicht früh führt und das (anders als gegen Schweden) auch halten kann.
Was es über das Team der Republik Moldau zu wissen gibt
Natürlich sollte genau das möglich sein, und alle hier angeführten Zweifel hinfällig machen. Denn natürlich ist Moldawien nicht nur politisch und ökonomisch noch nicht so recht in Europa angekommen. Das zeigt etwa die Geschichte des aktuellen Einser-Goalies.
Der heißt Ilie Cebanu und ist der Sohn des mächtigen Verbands-Präsidenten und Ex-Kickers Pavel Cebanu, und verbrachte (auf Wunsch des Papa) seine Jugend ab 17 in Österreich bei FC Kärnten, in St. Veit, den Sturm Amateuren oder dem KSV, ehe er mit 20 eine kleine Auslands-Karriere (Wisla Krakau, Rubin Kazan, Tomsk) hinlegte, die ihn zu Mordovia Saransk, einem kleinen Klub in der großen russische Premier League, geführt hat, wo er jetzt nur der Zweier-Goalie ist. Trotzdem ist er im Nationalteam gesetzt, der Papa wünscht es so.
Ex U21-Coach Alexandru Curteian hat nach schon einem Spiel die Legende Ion Caras (den ersten Coach nach der Unabhängigkeit, der insgesamt mehr als neun Jahre Teamchef war) abgelöst. 2012/13 hat das Team aus Moldau daheim gegen die Ukraine und Polen unentschieden gespielt.
Teamchef Koller warnte schon früh vor den vielleicht besten Spielern, den Innenverteidigern Epureanu (auch Captain) und Armas sowie Golovatenco, der wohl rechts oder links außen spielen wird - vor allem bei Standards. Die zentralen Mittelfeldspieler Ionita und Gatcan verfügen über gehobene internationale Erfahrung, der Rest der Truppe kann aus dem sicheren flachen 4-4-1-1-System heraus - je nach Tagesverfassung - sicher auch etwas bewegen.
Trotzdem ist diese Mannschaft strategisch limitiert, es ist kein Vergleich mit dem, was im Sonntags-Match gegen das taktisch sehr versatile Spiel von Montenegro notwendig sein wird. Und ja, das erhöht den Druck für heute Abend enorm. Zumal mit dem Heimspiel gegen Russland im bitterkalten November 2014 noch ein Match ansteht, bei dem Punkte Pflicht sind.
Und da ist sie wieder, die Pflicht.
Nachdem es mit der Kür, also einem Heimsieg gegen einen Mitkonkurrenten auf Augenhöhe nicht geklappt hat und durch viel Schulterzucken unter "eh nicht schlimm" abgelegt wurde, wirkt sie jetzt umso bedrohlicher.
Zeit für einen Befreiungsschlag heute Abend; am besten mit einem überraschenden Dreh, einem Spin, mit dem die sportliche Führung die minderkompetente Öffentlichkeit und ihre ebensolchen Medienvertreter verblüfft.