Erstellt am: 6. 10. 2014 - 13:34 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 06-10-14.
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
#fußballjournal14
Es ist nicht nur wegen gestern, und weil Ried gegen Rapid ein Match auf wirklich mehr als mäßigem Niveau war.
Es geht viel mehr ums Prinzip. Und dass man sich damit selber ins Knie schießt.
Denn so gut wie keines der Live-Spiele, das am Sonntag Nachmittag via ORF1 in die Haushalte strahlt, hat die Qualität, die nötig ist, um zweieinhalb Stunden Programm (als Seher) durchzustehen und (als Macher) zu rechtfertigen. Ganz im Gegensatz zu den danach folgenden, durchaus vergnüglich aufbereiteten Berichten von den Samstags-Spielen. Das Beiwohnen-Müssen in den unerbittlichen Echtzeit-Niederungen des Liga-Alltags hingegen ist geschäfts- und kreditschädigend.
Eigentlich.
Klar, für mich und andere Narren und die Szene und die Branche, also für Menschen, die sich wahrscheinlich jedes Fußball-Spiel ansehen würden (und damit auch recht haben: auch aus dem unterklassigsten Match lässt sich etwas mitnehmen, auch aus der taktisch unterentwickelten Begegnung etwas lernen), ist das Sonntags-Livespiel ein brauchbares Ritual, ein wöchentlicher Fixpunkt, ein Anker. Aber eben nur rein formal - inhaltlich bringt uns das auch keinen Millimeter weiter.
Für den Großteil des Publikums und auch die große Mehrheit derer, die sich Fußball-Freunde nennen, stellt dieser Sonntag-Nachmittag (und im Fall englischer Wochen gar der Hauptabend unter der Woche) aber eine echte Zumutung dar. Menschen, denen die Freude an/die Schönheit des Fußball-Sports, brauchen einen anderen Zugang. Einen, der die interessanten Aspekte herauskitzelt - und das geht eben nicht in der zwanghaften Zurückgeworfenheit auf ein noch dazu nicht nach Wertigkeit, sondern paritätisch ausgesuchtes Durchschnitts-Kickerl.
Für alle anderen (die Narren und mich) gibt's ja den Extra-Sky-Kanal, der sowieso alle Bundesliga-Spiele live zeigt. Oder den Sparten-Kanal Sport Plus, wo die 1. Liga oder der Cup läuft, auch reines Spezial-Programm für Interessierte.
Wenn der Hauptabend internationale Spiele mit österreichischer Beteiligung (Ländermatches, Champions- oder Europa-League) bereithält, dann ist die Funktion klarer und - weil sich die Teams da immer zu steigern vermögen - auch der Unterhaltungswert höher. Und es geht meist um etwas, ganz direkt. Am Sonntagnachmittag, im Liga-Normalbetrieb bringt auch die geringe Bedeutung der Ergebnisse für die ferne Endabrechnung den Fall ins vergleichsweise Bodenlose.
Dazu kommt eine Unübersichtlichkeit, die diversen Rücksichtnahmen geschuldet ist: gestern etwa gab es nach dem Live-Spiel noch ein weiteres Match, von dem es wiederum nur eine Sky-Liver-Übertragung sowie einen Einminüter im ORF gab. Von Ausgewogenheit und Überblick also keine Rede: und alles nur wegen des Sonntag-Livespiel-Fetisch.
Resultat: schwindender Respekt vor der heimischen Liga, Angst davor sich ein komplettes Match dann etwa auch live im Stadion ansehen zu müssen, schwere Produkt-Beschädigung.
Mögliche Lösungen: weniger ist mehr.
Verzicht auf das Live-Match.
Oder Beschränkung auf einige (z.B. acht) Spiele pro Saison (Eröffnungen, Derbys, Schlüsselspiele...). Dafür Ausbau der gut angenommenen Sonntags-Berichterstattung über die Samstag-Matches mit Zusammenfassung des (dann schon um 2 oder 3 angepfiffenen) Sonntags-Matches, kompakte, toolgestützte Analyse.
Das ist in etwa so, wie es die Deutschen machen, die mittlerweile nur noch je ein Live-Spiel anbieten, dafür aber die hochgelobte Sportschau haben und am Sonntag eine kompakte Einheit nachschieben. Voll live existiert auch da nur noch auf Sky. Und keiner vermisst es.
Die, die nicht anders können, sehen es dort, die, die das Abo-Geld nicht aufbringen, rotten sich in Sportbeisln zusammen, dem Rest genügt die Radio-Konferenz und später die ARD-Sportschau und das ZDF-Sportstudio.
Und dort wirken die Zusammenfassungen dann oft spannender als das Match selber wirklich war. Die Sender haben gutes Programm, die User kriegen ihre leerlaufvermeidenden Highlights und die Branche bewahrt ihr gutes Image.
Und das wäre bei einem wöchentlichen Live-Spiel in Gefahr. Denn selbst in der deutschen Weltklasse-Liga gibt es echte Hundskicks.
Soweit wie die DFL ist die hiesige Bundesliga noch lange nicht. Die denkt in erster Linie über den Verkauf von praktisch allem und die Ausweitung bis ins letzte Live-Ausstrahlungs-Glied nach, anstatt sich der ökonomisch sinnvollen Praxis der Angebots-Verknappung anzunehmen, die dann sinnvoll ist, wenn die Vorschau aufs Produkt deutlich hochwertiger ist als das Produkt selber. Und gerade weil die OEFBL den Wert des Sonntags-Livespiele im Rahmen der Rechte-Vergabe wie einen Fetisch gehandelt und über Gebühr, zu hoch angesetzt hat, kommt die Szene aus der Nummer jetzt nur schwer raus. Man hat sich in Poker um die Lebensader, der Verkauf der Medien-Rechte, in ein allzu monokulturell aufgestelltes Eck manövriert.
Denn es sind nicht die Rechte auf TV-Live-Berichterstattung, die künftig den höchsten Wert erzielen werden. In einer globalen Medien-Konkurrenz, die neben großen Turnieren, Champions und Euro League und Länderspielen auch wöchentliche Live-Spiele aus der englischen, deutschen, spanischen, italienischen, französischen, türkischen, holländischen oder brasilianischen Liga anbietet, wird der Wert für die Live-Übertragungen aus der OEFBL konstant sinken. Und über einen bestimmten Core-Faktor (die Narren wie ich, wir erinnern uns...) nie hinauskommen. Oder nur dann, wenn die Liga sich plötzlich qualitativ enorm steigert und in die europäischen Top Acht aufsteigt (wovon man ganze Eckhäuser entfernt ist). Und nein, einen Bandwagon-Effekt nach einer tollen WM gibt es eben nicht.
Der wöchentliche Anschauungs-Unterricht in Bezug auf Wertminderung eines eh schon überschätzten Produkts trägt jedenfalls nicht zur Gesundung bei, sondern beschleunigt die Entwicklung nach unten noch.