Erstellt am: 3. 10. 2014 - 17:35 Uhr
Doom: Das neue Dunkle in der alternativen Popmusik
Wo das englische Wort "doom" ist, ist meist ein anderes englisches Wort nicht weit: "gloom". Der Ausdruck "doom and gloom" bezeichnet eine düstere Stimmung, ein Untergangsszenario. "Doom", ganz ohne "gloom" ist einfach das Dunkle, das Düstere, aus dem sich aber durchaus Freude holen lässt. Der Doom-Pop passt jedenfalls zur aktuellen Jahreszeit, zum Herbst mit seinem Nebel, der in die Knochen kriechenden Nässe und den kürzer werdenden Tagen. Hier ein paar aktuelle Beispiele neuen Doom-Pops, der perfekte Soundtrack für diese Tage.
Doom-Folk
Marissa Nadler spielt am 13.10. in der Arena in Wien.
Marissa Nadler ist wohl die Meisterin des Doom-Folk. Die Musikerin aus Boston, Massachusetts hat bereits sechs Alben veröffentlicht und kann auf eine treue Fangemeinde verweisen. Endlich erlangt Marissa Nadler, deren Musik man auch insgesamt dem sogenannten Dreampop - der hat ja auch etwas dunkel Geheimnisvolles an sich - zuordnen könnte, international einen größeren Bekanntheitsgrad.
"Colours on the trees change from red to green", singt Melissa Nadler in "Dead City Emily". Eigentlich müsste es ja umgekehrt sein, wenn sich die Blätter verfärben, nämlich von grün zu rot. Aber so ist das eben in diesem Doom-Folk-Song, der letztlich nicht allzu gloomy ist, obwohl es im Stück heißt: "It's a dead City, Emily." American Gothic? Vielleicht ist dieser Doom-Folk auch nur mit einer Prise Goth versetzt, aber nur ein klitzeklein wenig, sonst würde das zarte Gebilde ja wohl recht derb von der Goth-Keule erschlagen werden.
Doom-Blues
Die aus Äthiopen stammende Finnin Mirel Wagner hat ebenfalls ein neues Album am Start. Diesmal bringt uns das legendäre Sub-Pop-Plattenlabel in Seattle den berührenden, rudimentären Folk-Blues von Mirel Wagner. Sub Pop machten sich ja mit Grunge einen Namen - auch eine Musikrichtung mit der nihilistischen Grundstimmung des Doom (& Gloom). Mirel Wagners Musik passt also insgesamt gut in das Sub Pop Universum. Ihr neues Album heißt "When The Cellar Children See The Light Of Day": Wenn die Kellerkinder das Tageslicht sehen.
Mirel Wagner spielt heute im Rahmen des Waves Vienna Festivals im Haus der Musik in Wien.
Entstanden sind die neuen Songs von Mirel Wagner - in denen es schon mal gefährlich unter dem hölzernen Fußboden knackst, während wir Mirels tolles Finger-Picking an der Gitarre bewundern - in der nordfinnischen Einsamkeit, in einer Blockhütte auf der Halbinsel Hailuoto. "One, two three four, what's underneath the floor", singt Mirel Wagner im Album-Opener "1234". Murder-Ballads, die näher an den Swans sind als etwa am jovialen Folk des Bob Dylan. Doom Blues, aber letztlich nichts zum starren Fürchten; Mirel Wagner nimmt uns an der Hand und führt uns da sicher wieder raus.
Doom-Soul

Mute
Ein neues Album gibt es auch von Cold Specks. Die Kanadierin nennt es "Neuroplasticity", und Songs darauf tragen Titel wie "A Quiet Chill" oder "Bodies At Bay". Nennen wir den Sound von Cold Specks doch einfach Doom-Soul. Sogar ihr Name hat ja direkt mit der Düsternis zu tun: In "Ulysses", jenem Literaturklassiker der Moderne des irischen Schriftstellers James Joyce, heißt es "Born all in the dark wormy earth, cold specks of fire, evil, lights shining in the darkness." Tja.
Doom-Indie
Von dem Song gibt es leider kein Video online
Das Wort "Neuroplasticity" klingt, na ja, sagen wir mal nach Medizin: neuronale Plastizität. Was das genau ist? I have no idea. Aber es könnte etwas sein, das in das "Basement" passt, in dem sich die Londoner Indierocker Dry The River in "Med School" befinden, einem Song auf ihrem neuen Album. Achtung, festhalten, denn in "Med School" werden tote Körper seziert, und einer, der Dry-The-River-Sänger und ehemalige Medzinstudent Pete Liddle, fühlt sich so gar nicht wohl dabei: "They are cutting up the bodies in the med school basement." Gloomy, very gloomy, dieser Doom-Indie, auch wenn der Song dann bei weitem nicht so morbide klingt wie manche seiner Textzeilen.