Erstellt am: 26. 9. 2014 - 21:54 Uhr
The daily Blumenau. Friday Edition, 26-09-14
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
#qualitätsjournalismus #mainstreammedia #kriegstreiberei
Zuerst der Beleg für die leider auch schon allzu altbekannte Tatsache, dass es mittlerweile Satire-Programme wie die heute-show, extra 3 und in Österreich die Staatskünstler sind, die eine Rolle ausfüllen, die die Qualitätsmedien nur noch in den seltensten Fällen einnehmen. Einnehmen können. Zu interessensgeleitet agieren selbst die verantwortungsbeladensten Leuchttürme. Und nur das Signet der Satire bietet noch genügend Schutz für die immer enger werdenden Räume der simplen "Wem nützt es?"-Nachfrage.
Für Menschen mit einer unter zehnminütigen Aufmerksamkeitsschwelle hier das Herzstück daraus.
Jüngstes Highlight: die aktuelle Ausgabe von Die Anstalt, der nach einer Runderneuerung im Frühjahr wagemutigsten und radikalsten Nichts-Verschweiger-Shows dieser Kategorie.
... und dann war da noch die Sache mit den Mahnwachen...
Mir ist aus diesem Anlass wieder was eingefallen: ich bin im Mai per Facebook mit einem Aktivisten der Friedensmahnwache Wien in Kontakt gestanden, die seit damals wöchentlich vor dem Parlament abgehalten werden. Dem jungen Schauspieler ging es - logischerweise - um Medienpräsenz für die Position der vom einseitigen Nachrichtenwesen Verunsicherten, die nach dem Vorbild der damals bereits boomenden deutschen Mahnwachen auch in Österreich Zulauf fanden - Stichwort Ukraine-Konflikt, Krim-Krise.
Die deutschen Vorbilder (und einer der dortigen Wortführer und Stimmungsmacher, Ken Jebsen war im Mai oder Anfang Juni dann auch auf Besuch in Wien) entstammen einer in Österreich inexistenten ostlinken Szene mit leiser DDR-Nostalgie und prorussischen Anklängen. Und weil die deutschen Mainstream-Medien (und das ist mittlerweile nicht nur den Anstalt-Sehern bekannt, sondern sickert als Bedrohung des journalistischen Selbstwerts/Standards zunehmend auch in die Berichterstattung - wenn auch zunächst nur in Form von TV-Bashing) den Konflikt überdeutlich parteiisch interpretierten, fiel die Kritik auf fruchtbaren Boden. So dass übersehen werden konnte, wie sehr die sehr gezielte russische Medien-Propaganda und andere Interessensleger diese Unsicherheit wiederum für ihre Zwecke instrumentalisierten.
Die leicht absurde Anmutung der ersten österreichischen Proteste lag nun in der politisch recht naiven Übernahme deutscher Muster vors heimische Parlament. Zum einen war der Grundtenor der österreichischen Mainstream-Medien nie so klar antirussisch wie beim Nachbarn (und das hat dutzende Gründe, vom Gas bis Karl Schranz), zum anderen passte der ostlinke Alt-KP-Gestus nicht mit den persönlichen Geschichten der Aktivisten zusammen, die sich auf ihre noch gestern gepflogene politische Vollnaivität beriefen.
Aus der Kontaktaufnahme wurde nach einer Jebsen-Verschiebung und wegen meiner damaligen Väter-Teilzeit nichts. Und danach haben wir unser loses Kommunikationsband nicht mehr aufgenommen.
Die Mahnwachen gibt es immer noch, allerdings mit recht eingedämmtem Medienaspekt und mäßigerer Pro-Putin-Haltung. Die in der Zwischenzeit erfolgte klare Parteinahme der FPÖ lässt das wohl nicht mehr als supersexy zu. Stattdessen lässt sich eine Tendenz erkennen, die viele (wenn nicht alle) Protestbewegungen befällt, die über kein gut grundiertes Fundament verfügen, sondern nur aus notdürftig angelesenen Bretterverschlägen bestehen: man lässt sich von Sektierern unterwandern, die mit bereits gut abgehangenen Ideen antanzen und dann ihr altbekanntes Süppchen kochen. Im Fall der Wiener Friedensmahnwachen sind es (auch schon überwuzelte) "neue" Verschwörungstheoretiker. Es geht um Freimaurer und 9-11 statt um fundierte Medienkritik oder den Versuch das eigene Coming-Out einmal zu evaluieren.
Nicht, dass ich just in diesem Fall, wo von Anfang an so vieles schief lief, etwas erwartet hätte: aber natürlich ist die Abwesenheit der Qualität nicht nur dieser Protestkultur ein Resultat fehlender Qualität in den spärlichen Diskurses und zu geringer Qualität des entsprechenden Journalismus und der immer noch eklatanten Abwesenheit von politischer Bildung. Der Verdacht eines politischen Willens dahinter, der Verdacht, dass all dies durchaus absichtsvoll und bewusst im aktuellen Zustand belassen bleiben soll, damit es auch weiterhin nur eine unterklassige allgemein zugängliche Protestkultur jenseits des rabiaten (für Normalsterbliche unzugänglichen) Undergrounds gibt, liegt nahe.