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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

21. 9. 2014 - 16:07

Niemals tot

Der Song zum Sonntag: King Tuff - "Headbanger"

Ketten bilden und Ketten tragen. Da soll noch einmal jemand sagen, die Musik könne keine identitätsstiftende Kraft mehr spenden. Keinen Impuls mehr geben, sich abgrenzen zu wollen und zu wissen, dass der eigene Geschmack natürlich viel besser als der blöde Geschmack von den ganzen anderen blöden Leuten sein MUSS.

Wir wollen Banden gründen, blutsschwesterliche Einheiten schmieden und uns gegenseitig das Weltgeheimnis ins Ohr sprechen. Der geile Saft des Rock'n'Roll stellt die Verbindung her, zwischen dir und mir: "Me and you, we got a true connection", singt King Tuff in seiner aktuellen Single, "I knew it when I saw your record collection". Eine schlichtere Wahrheit gibt es kaum, wer sie einmal schon im eigenen Körper erfahren hat dürfen, diesen Moment des seligen Blitzschlags, ist ein glücklicher Mensch.

King Tuff

Dan Monick

King Tuff

Der Rock'n'Roll ist angeblich tot und King Tuff tanzt auf seinem Grab, das singt er in dem Song namens "Headbanger" auch wörtlich: "Shaking up our clothes on the grave / Where rock and roll was buried". King Tuff gräbt die Leiche aus, schleppt sie in den versifften Proberaum im Keller und belebt sie mit Dosenbier wieder. Dazu wird geraucht.

Der Musiker aus Vermont heiligt auch auf seinem dritten offiziellen, gerade bei Sub Pop erschienenen Album die Geschichte des Rock'n'Roll mit Räudigkeit und zum Glück, dem Sujet angemessen, unwürdigen Methoden und Gesten. Hardrock, Punk, Metal, Powerpop . Die Kinks, Kiss, Led Zeppelin, die Ramones, die Wipers und Black Sabbath bespielen die weltbeste Prom, gottlob hat jemand ordentlich Fusel in die Bowle gekippt.

King tuff Cover

Sub Pop

"Black Moon Spell" von King Tuff erscheint bei Sub Pop

"Black Moon Spell" heißt die Platte, hier widmet sich King Tuff mit den Mitteln des Garagenrock verstärkt der Zeichensprache von okkult angehauchtem oder auch gern mit Hexenbeschwörung beschäftigtem Metal. Überzuckert und, eh klar, zwinkernd, aber schon auch ein bisschen ernst gemeint und mit Liebe gekocht. Neben dem klare Worte sprechenden Titelstück nennen sich Songs hier beispielsweise "Demon From Hell", "Staircase of Diamonds" und "Magic Mirror".

Oder eben "Headbanger", die Hymne für alle Entrechteten, die selbsternannten Rebellen und vom Teenagersein gut Durchgeschüttelten. Ein Lob eines denkbar uncoolen Rituals, das uns zu Freundinnen macht. Ein Song von entwaffnender Naivität und mit einer hier ausnahmsweise ganz gut auszuhaltenden Nostalgie: "Record Collections" – gibt es so etwas noch in den Zimmern junger Menschen? Früher waren wir besser. Und wir wussten, in diesem einen Augenblick, was wichtig ist: "You and me we'll never lose the magic / Running free in ecstasy in chains and leather jackets". In all diesen Nächten sind wir nicht brav, sondern schlimmer, und wir werden niemals alt, nein, wir bleiben so für immer. God gave Rock'n'Roll to you. Wir wollen ihn dem Teufel widmen.