Erstellt am: 15. 9. 2014 - 14:42 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 15-09-14.
The daily blumenau hat Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Und bietet Items aus diesen Themenfeldern.
#demokratiepolitik #staatsbashing #populismus #medien
Sonntag, auf dem Weg zu den Schwiegereltern, das Kind ist wegen des schön-rhythmischen Gezuckels der Bahn eingeschlafen, also bleibt Zeit für Lese-Schnellkost, die Sonntagszeitungen.
a)
Im Österreich geben Fellner und Faymann im Sonntags-Talk endlich zu, dass sie gemeinsam auf ein Tor spielen und in der Krone Bunt verblüfft man uns mit einem (schmeck's Klimawandel!) lässigen Eiszuwachs am Nordpol, vergisst aber die gegenläufige Entwicklung in Grönland und der Antartkis zu erwähnen. Noch bunter aufgezogen: eine Polemik gegen das Förder-Füllhorn mit Phrasen wie dem lockersitzenden Steuergeld der Politik und schlecht recherchierten Mehrwegwindelförderungen (die in Wien ist nämlich höher als die angeprangerte in NÖ).
b)
Dabei wird nicht auf übliche Verdächtige des Krone/Dichand-Weltbilds (also linke, kulturinitiative oder querdenkende Menschen) hingedroschen, sondern auf alle. Auch die Volksbrauchtümler oder klassikanische Bewerbe, und zwar egal ob es sich um 350 (kein Witz) oder 450.000 Euro Förderung handelt. Das ist ein Paradigmenwechsel der besonderen Art: Die Krone, bislang als Anwältin der Anständigen (also vor allem jener, die volkskulturell oder klassisch bewegt sind) unterwegs, macht alle an, ohne Unterscheidung des Ansehens.
Per se nichts Schlechtes: Die neue Methodik greift jedoch (ganz im Sinn jener Interessensgruppen, die ihr Ziel in einer Destabilisierung des Staates und seiner Funktionen sehen) einen zentralen Grundwert unserer Republik an: dass Steuern nämlich (nicht auch, sondern eigentlich vor allem) dazu da, sind die kulturelle Vielfalt des Landes auszustellen und zu fördern.
c)
Klar, die Dichand'sche Sicht auf solche Dinge ist die eines Mäzens, der Almosen verteilt, nach eigenem Gutdünken - und deshalb glaubt, der Staat müsste ebenso vorgehen. Muss es nicht nur, darf er gar nicht. Der Staat (alle, die Lohn/Einkommensteuerpflichtigen und auch alle anderen, die für vielerlei Konsumgut genauso Steuern zahlen/abführen) braucht die Diversität. Wenn nun die bunte Krone implizit und höhnisch (Zitat: "was damit gemeint ist, können wir Ihnen leider auch nicht sagen" - mit einem Recherche-Anruf wäre es herauszufinden gewesen, ich bin sicher) die selektive Durchforstung der vielen (noch dazu über Bund, Ländern und Gemeinden nicht einmal zentralisierten) Förderungen fordert/fördert, dann klingt das zwar volksnah, sparmodern und antibürokratisch, ist aber in echt reiner (und ordentlich anmaßender) Populismus. Von mir aus braucht auch kein einziger Volkskultur-Verein auch nur einen Euro zu bekommen, ehe nicht eine flächendeckende Aufarbeitung des politischen Missbrauchs der Tracht erfolgt ist - rein praktisch hängt aber an diesen Kleinförderungen jede Menge Infrastruktur im Rahmen der lokalen Kultur-Initiativen.
d)
Nur weil etwas auf den ersten Blick nachvollziehbar erscheint, muss es noch lang nicht sinnvoll sein. Vor allem, wenn der (sehr private) Hintergrund der Interessenslage bei genauerem Hinschauen so sichtbar wird.
Das gilt auch für die Wut-Wirtin, die letzte Woche Mitterlehner eine Stunde Lebenszeit kostete. Und zwar mit einem Schwall astreiner klientelpolitischer Forderungen. Wenn eine derlei undifferenzierte Suada von einem Profi oder Wirtschaftsvertreter gekommen wäre, die Häme wäre grenzenlos. Eine Oma (im Dirndl) reicht aber den meisten Medien aus, um die Anschüttung einfach umzudrehen.
Öffentliche Gegenargumente sind selten und werden, wenn überhaupt, versteckt dargeboten. Wohl aus Angst sich einen Shitstorm einzutreten. Im Kurier etwa, in einer Cover-Story über zunehmende Wut & Aggression stünde es dann zwar eh - aber allgemein und bezugsfrei (damit sich nur jene, die populistische Aussagen eh schon reflektieren, daran erfreuen können; für alle anderen bleibt's ohne Wert): "... geht es doch oft nur um die eigene Befindlichkeit und darum, wo sie noch etwas rausschinden können."
e)
Die Frage hinter dem Ärger der Wirtin, warum sie so sehr unter der Wirtschaftslage leide, interessiert niemanden. Dabei bringt ein Blick auf eine Karte im Wochenend-Standard auf Seite 2 zumindest eine Ahnung von Erklärung. Das Salzburger Rauris gehört nämlich zu den österreichweit vier Landbezirken mit der (fast schon absurd) höchsten Gasthaus-Dichte. Es ist also schon in erster Linie der Markt, die heilige Kuh von Mitterlehner und auch allen Gastronomen und deren Vertretern und auch der Wut-Oma, der hier die Probleme schafft; nicht der Staat. Der auch hier recht ungestraft angesudelt wird.
Der Neue Wochenend-Standard ist übrigens die eine interessant-späte Reaktion auf die Presse am Sonntag, überfällig und macht die sonst gern unübersichtliche und seltsam gedrängten Zeitung ein wenig freiatmiger. Außerdem fällt das unendlich nervige und kapitulistische Auslagerung von Themen- und Meinungsführerschaft auf sinnleer-populistische Umfragen, die dann die Schlagzeile ergeben mussten, endlich weg.
Allerdings nur kurz: Jetzt belästigt mich die Umfrage wohl immer montags. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.