Erstellt am: 10. 9. 2014 - 19:06 Uhr
Blondie ist eine Band!
Blondie spielen wieder Konzerte. Am Donnerstag zum Beispiel in der Wiener Arena aus Anlass ihres 40-jährigen Bühnenjubiläums, wie es zu solchen Anlässen halt so üblich ist. Jah eh, Rock’n Roll Hall of Fame, 19 Trilliarden verkaufte Schallplatten (die CD war ja noch nicht erfunden) und trotzdem will sich bei Blondie nicht die Gravitas des Classic-Rock einstellen.

Chrysalis Records
Dafür waren sie, insbesondere Sängerin Debbie Harry, aber auch nie so richtig weg. Mit den Jazz Messengers war sie auch in den letzten Jahren immer mal wieder auf den Bühnen der eklektischen Jazzfestivals der Gegenwart zu sehen. Filmauftritte, TV-Cameos, tolle Freunde: Debbie Harrys Leben als zweit-coolste Frau des Planeten Pop (über den Spitzenplatz streiten sich die Expertinnen bis heute) würde man selbst gerne leben.
Dabei hat alles so unschuldig begonnen: Hier ein Auftritt von Blondie 1975 im CBGBs, dem legendären Geburtsort für alles was Punk und New Wave an der Ostküste so ausgemacht hat. Das ist so unglaublich charmant, dass man schon versteht, warum die ganze Welt kurz danach mit dieser Band komplett in Liebe gefallen ist.
Coole Schwarz-Weiß-Grobkörnigkeit kann auch hier nicht darüberhinwegtäuschen, dass der Bubblegumpop-inspirierte Punk von Blondie unbedingt in Farbe gesehen werden sollte. Ihre erste richtige Single „X-Offender“ im Colour-Blocking-Outfit von 1977. Pink! Grün! Blau! Blond!
Mit so viel New-Wave und New York Credibilty im Rücken durften es sich Blondie schließlich erlauben, aus der Lower East Side heraus gemeinsam mit dem Pop-Produzenten Mike Chapman (Sweet, Smokie, Suzie Quatro, Mud) für ein paar Jahre die Weltherrschaft in Sachen Autodrom- und Jukebox-Musik zu übernehmen. Wenn man das mit heute vergleicht, wäre das so, als ob Xiu Xiu ihre nächste Platte von Dr. Luke (Britney Spears) produzieren ließen.
Mit Songs wie Atomic, Dreaming und vor allem Heart of Glass hat Blondie sogar einen Weg in Richtung Disco gefunden, der auch für diverse Postpunk Bands der 80er Jahre einen Ausweg aus der existenziellen Düsternis leuchten sollte.
Mit Discogott Giorgio Moroder und dem gemeinsamen “Call Me” haben Blondie dann auch die letzen Mauern zwischen Disco und Punk niedergerissen. Mit „Rapture“ hat Blondie die Brisanz des frühen New Yorker Hip Hops gewürdigt und ihn gleichzeitig für poptauglich erklärt. Mit der ersten Auflösung der Band aufgrund von Drogen-, Ego- und Krankheitsgeschichten 1982 war fürs erste Schluss mit Blondie als Band. Debbie Harry war als TV- und Filmstar aktiv und wurde endgültig zur Ikone, die Erfolg und Hipness, Selbstbestimmung und Ironie zu eine großartigen Persona zusammenführte. Hier erklärt sie der amerikanischen Öffentlichkeit das Pogo-Tanzen.
Debbie Harry lässt sich von ihrem Freund Andy Warhol am brandneuen Amiga Rechner porträtieren. Herrliche Euphorie für „Computerkunst“ und allemal eleganter als U2 als Apple-Haus-und-Hof-Band.
Ein historischer Moment: Debbie Harry singt am Coachella Festival 2014 mit einer Begleitband namens Arcade Fire "Heart of Glass" und wenn das Herz aus Glas fast zerpringt vor lauter Freude, geht das ganze auch noch in "Sprawl 2" über. Ein Medley aus dem Pophimmel.
Blondie, die Band, spielt live am Donnerstag, 11. September, Open Air in der Arena Wien.