Erstellt am: 8. 9. 2014 - 15:37 Uhr
The daily Blumenau. Monday Edition, 08-09-14.
The daily blumenau hat seit Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst. Mit Items aus diesen Themenfeldern. Abends folgt natürlich eine Extra-Edition zum Schweden-Länderspiel...
Rechtzeitig zur heute beginnenden EM-Qualifikation (hier eine kleine Standortbestimmung) ist Sportchef Willibald Ruttensteiner stolz auf die Umsetzung einer ÖFB-weiten Spielphilosophie.
Eh schön.
Echt, ganz unzynisch.
Auch wichtig, weil man sich damit in den besserklassigen europäischen Standard vorgearbeitet hat.
Ruttensteiner kommt - etwa hier in einer klugen Bestandaufnahme in Die ZEIT, die auch auf die Strategie-/philosophielose Vergangenheit verweist - zurecht gut weg, wenn es um die Fortschritte des österreichischen Fußballs geht.
Deshalb mag meine hier folgende kleine Erinnerungshilfe ein wenig besserwisserisch erscheinen. Allerdings ist die Analyse des Ist-Zustands mit einem Blick auf das Woher? deutlich mehr wert. Und kann helfen, Rückfälle in alte, tugendlose Zeiten zu vermeiden.
Ankerpunkt der Bemühungen des ÖFB ist der Übergang von den (schon bisher recht guten und auch erfolgreichen) Junioren in den Erwachsenen-Sektor. Beim U21-Team beginnt nämlich eine im U20-Alter inexistente Schere aufzuklaffen. Immer noch, auch jetzt, wo sich die Lage im Vergleich zu vor vier-fünf Jahren deutlich gebessert hat, weil die Mechanismen der neuen Ausbildungs-Politik langsam greifen. Zur neuen Straffung gehört auch eine taktisch/systemische Vereinheitlichung der Spielphilosophien aller ÖFB-Nachwuchs-Teams.
Halten wir fest: Im Herbst 2014 sieht der ÖFB-Sportdirektor das also als unbedingte Verpflichtung, als tolle Errungenschaft, als wichtigsten Grundpfeiler für die jüngsten Verbesserungen, als wesentlichen Taktgeber für künftige Arbeit.
Das war nicht immer so.
Als im Frühjahr 2011 Taktik-Maulwurf Constantini ins EM-Out zu taumeln begann und seine Untauglichkeit auch langsam in den mitverantwortlichen Medien-Mainstream sickerte, feierte der damals aufstrebene Online-Journalismus (vom Taktik-Blog bis zum kritischen Interview) eine Hochblüte, in deren Rahmen auch eine Menge an Verbesserungs-Vorschlägen für den damals am Boden liegenden ÖFB kursierte.
Gern genommen: die Schweiz, hier etwa im Juni, samt Nachwuchs-Konzept mit angeglichenen Systemen etc. Sportchef Ruttensteiner, damals schon mit Szenarios für die Teamchef-Nachfolge befasst, war nicht begeistert. Und noch im September warf er das mir in einer TV-Diskussions-Sendung im Tonfall heftiger Empörung vor. So gut wären die Schweizer gar nicht, der bisherige österreichische Weg eh ure super etc.
Ein paar Wochen später wurde just ein Schweizer Teamchef - und es war Ruttensteiner, der federführend bei der Bestellung war. Und jetzt, drei Jahre später, ist das mittlerweile glatt übernommene, damals miesgemachte Schweizer Nachwuchs-Modell Basis der stolzen Erfolgs-Präsentation Ruttensteiners.
Ein paar Tage vor dem TV-Gespräch hab' ich übrigens zehn dringend nötige Punkte aufnotiert, die zur Besserung des ÖFB-Zustands beitragen sollten. Ich muss nicht extra erwähnen, was Ruttensteiner abseits der Kameras dazu zu sagen hatte.
Mittlerweile ist die Mehrzahl dieser damals durchwegs utopischen Punkte realisiert, einige nach ÖFB-Definition ebenso bereits abgehakt (nach meiner, strengeren, noch nicht, whatever). Vor allem das Projekt 12, die Job Descriptions und die bessere Koordination der Jugendarbeit, stechen dabei hervor. Die fast schon lächerliche Nebenjob-Dichte der Mitarbeiter hat sich fast aufgehört und auch die einst wildwuchernde Jahrgangs-Übergriffigkeit macht jetzt einen koordinierten Eindruck. Auf einen Manager nach DFB-Vorbild warten wir noch, den macht Ruttensteiner derzeit auch noch mit, ebenso wie den Co-Trainer.
Nur der Umgang mit Kritik hat sich nicht ernsthaft verbessert. Wenn sich der Publikums-Zuspruch beim freitäglichen U21-Match in Grenzen hält, dann ist das kein (sicherlich destruktiver) Fingerzeig für ein G'spür für schlechte gruppentaktische Leistungen, sondern Anlass zur Ruttensteinerschen Empörung. Vielleicht hält es der ÖFB künftig wenigstens mit konstruktiver Kritik besser. Und braucht beim nächsten Mal nicht wieder Jahre, um Offensichtliches auf die Agenda zu setzen, anstatt es als Blödsinn abzutun. Einer nur an Erfolgen und Resultaten interessierten Öffentlichkeit mag das wurscht sein, für alle, die sich mit Hintergründen und Entwicklungen beschäftigen, würde es aber massiv zur Glaubwürdigkeit des aktuellen Kurses beitragen.