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Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

7. 9. 2014 - 06:00

Für jeden Geschmack etwas dabei

Roboter, die nach Cracker und Käse schmecken, tätowierte Augäpfel und vibrierende Häuser. Die Ars Electronica 2014 geht durch Leib und Seele. Ein "Best Of" der spannendsten Arbeiten. Und Japaner, die über Käse philosophieren.

  • Alle Geschichten von der Ars Electronica 2014 findest du hier.

Wie wäre es, unendlich viel essen zu können, ohne zuzunehmen? Das wäre doch wunderbar, nicht wahr? Und siehe da, die Ars Electronica macht es möglich. Wer möchte, kann dort den Food Simulator des japanischen Künstlers Hiroo Iwata testen. Ein Roboter, der den Geschmack, die Konsistenz, die Textur und die Geräusche von Lebensmitteln im Mund imitieren kann. Mahlzeit!

Foodsimulator

Hiroo Iwata

Diesen Roboter kann man essen.

Food Simulator
Hiroo Iwata (JP), 2003

Zu sehen noch bis Juni 2015 im Ars Electronica Center in Linz.

Man steckt sich also ein kleines Staberl in den Mund, kaut darauf herum und schmeckt dann das Lebensmittel seiner Wahl. Klingt natürlich unglaublich. Ist es auch, denn noch gibt es das Gerät nur in den zwei Geschmacksrichtungen "Cracker" und "Cheese". Aber Käse ist ja nicht gleich Käse! Im Interview mit dem japanischen Erfinder und Wissenschaftler Hiroo Iwata kommt es dann zu einem philosophischen Plausch über Käsesorten:

"Ja, man kann verschiedene Käsesorten imitieren! Also wenn man weiß, welche Textur und welchen spezifischen Geschmack ein bestimmter Käse hat, lässt sich das in Zukunft sicher auf das Gerät übertragen."

Foodsimulator

Hiroo Iwata

Käse oder Cracker gefällig?

Ist es Emmentaler, Parmesan oder Hüttenkäse? Das Gerät wird das vielleicht bald voneinander unterscheiden können. Und in den Lebensmittelläden kann man sich vielleicht demnächst mit so einem Gerät durch die Käsetheke testen oder auch die eigene Nulldiät interessanter gestalten. Wahrscheinlich könnte das Gerät auch in der Lebensmittelproduktion Verwendung finden, etwa um neue Rezepturen zu testen.

Hiroo Iwata

Hiroo Iwata

Prof. Hiroo Iwata

Erfinder Hiroo Iwata ist bei der diesjährigen Ars Electronica auch der Kurator der Ausstellung "Device Art", die im Rahmen der Ars Electronica im Ars Electronica Center bis Ende Juni 2015 stattfindet. Device Art ist die in Japan sehr populäre Methode, Kunst, Design, Technik, Wissenschaft und vor allem ganz viel Spaß miteinander zu verbinden.

Technische Geräte mit verspieltem Design haben im Land der singenden Klobrillen eine lange Tradition. In Tokyo steht daher sogar eine "Device Art Gallery", zu finden im National Museum of Emerging Science and Innovation in Tokyo. Bei der Ars Electronica wird im AEC ein ganzes Stockwerk mit dieser Kunst bespielt. Professor Hiroo Iwata forscht übrigens sonst an der Universität Tsukuba in Japan und ist Mitbegründer der "Device Art Szene2.

"Device Art"

Die Ausstellung ist noch bis Ende Juni 2015 im AEC in Linz zu sehen.

Lust auf ein Tattoo auf die Augäpfel?

In der Ausstellung finden sich noch mehr amüsante Werke. Man kann sich hier zum Beispiel die Augäpfel tätowieren lassen, mit dem Device "Tateye" des kroatischen Künstlers Anselmo Tumpić.

Tateye
Anselmo Tumpić, 2010

Zu sehen noch bis Juni 2015 im Ars Electronica Center in Linz.
anselmotumpic.com

Tateye

Foto: Anselmo Tumpić

Diese Maschine tätowiert deine Augäpfel. Mann gönnt sich ja sonst nichts.

"Tateye" ist ein Prototyp, der ein Bild nach Wahl auf die Netzhaut der eigenen Augen tätowiert! Dazu setzt man sich eine Brille auf, die zwei eingebaute Laser enthält, die ein permanentes Tattoo auf die Retina der Trägerin oder des Trägers graviert.

Dass dieses Gerät irgendwann tatsächlich als funktionierendes Produkt am freien Markt erhältlich sein wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit würden das wohl verhindern. Aber wer weiß in welcher Form diese Erfindung irgendwann einmal verwendet werden wird? Schöne neue Welt.

Das Skateboard der Zukunft

Wie wäre es mit einem Skateboard der Zukunft? Vorwärts kommen ohne zu gehen ermöglicht Robot Tile. Man stellt sich auf eines der vier fahrbaren Kästchen. Und die bemerken, in welche Richtung man sich bewegt und fahren dann den Weg mit. Man schwebt quasi dahin, denn die einzelnen Platten können sich vor, zurück und auch seitwärts bewegen. In welche Richtung man sich bewegt wird durch Infrarotsensoren am Boden des Raumes registriert. Die Platten selbst sind mit einem speziellen leitenden Gewebe überzogen, über das sich die genauen Positionen der Füße und Gewichtsverlagerungen der Benutzer feststellen lassen.

Robot Tile
Hiroo Iwata (JP), 2003

Zu sehen noch bis Juni 2015 im Ars Electronica Center in Linz.

Würde man eine ganze Stadt mit solchen Sendern am Boden und fahrbaren Platten versehen, wer weiß was dann in Zukunft möglich wäre! Wie auf kleinen Eisschollen könnte man durch die Stadt treiben.

Wie viele Erfindungen und Prototypen, die man auf der Ars Electronica zu sehen bekommt, wird man wohl erst in naher und ferner Zukunft sehen, was für Konzepte daraus weitergesponnen werden.

Sonotopia
Anatol Bogendorfer, Peter Androsch (Hörstadt / AT)

www.hoerstadt.at

Sonotopia Konzert:
So., 7.9., 20:30
Mo., 8.9., 20:30
Dauer: ca. 30 Minuten
Bischofshof

Sonotopia Installation:
bis Mo., 8.9., 11:00-21:00
Bischofshof

Sonotopia: Ein ganzes Haus wird zum Musikinstrument

Neben all dem Spaß und Spielzeug sollte man aber nicht vergessen, dass die Ars Eectronica auch vielschichtige Arbeiten präsentiert, die ganz und gar nicht auf schnelle Effektehascherei aus sind, sondern denen man sich auf tieferer Ebene aufmerksam widmen muss - und das ist gut und wichtig.

Mit der Arbeit "Sonotopia" bringen Anatol Bogendorfer, den man sonst von der sehr guten Linzer Band Valina kennt, und Künstler Peter Androsch die Stadt zum Erklingen. Die historischen und malerischen Gemäuer des Linzer Bischofshofs werden zum Klangkörper. Ihre Audioinstallation besteht aus einzelnen Klängen, Melodien und Chorgesängen, die sie miteinander verweben. Die Architektur formt den Klang.

Bischofshof Linz

Dioezese Linz

Vorab haben sie den Hof, die Regenrinnen, Fenster und Gewölbe auf ihre Eigenresonanz getestet und ihre akkustische Inszenierung so geplant, dass das gesamte Haus durch ihre Audio-Arbeit zum Schwingen gebracht und somit zum Instrument wird. Steht man im Hof und hört zu, glaubt man gar selber mitzuschwingen.

Eine sehr spannende akkustische Erfahrung ist das. Sehen kann man weder die Musiker noch die Sänger oder sonstige technische Apparaturen, ein meditatives Hörerlebnis ist garantiert. Und diese Installation ist genau das Richtige nach dem Trubel der Ars Electronica. Pflichtbesuch. Noch bis Montag zu hören!