Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Was für eine eMOTIon!"

Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

3. 9. 2014 - 14:43

Was für eine eMOTIon!

Bulgarien hat einen neuen Helden. Und er ist leider (oder Gott sei Dank) kein politischer Messias. Der neue Held Bulgariens ist ein rumänischer Fußballer.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharovs. Jeden Mittwoch in FM4 Connected (15-19h) und als Podcast.

"Die Leiden des jungen Todor"
Das Buch mit den gesammelten Kolumnen gibt es ab sofort im FM4 Shop.

Der bulgarische Fußballmeister Ludogoretz aus dem kleinen nordöstlichen Städtchen Rasgrad mit gemischter bulgarisch-türkischer Bevölkerung, hat sich für die Champions League qualifiziert. Bald spielt Ludogoretz gegen Mannschaften wie Real Madrid oder den FC Liverpool. Nachdem der bulgarische Fußballmeister das zweite Jahr in Folge den serbischen Granden Partizan Belgrad aus der Champions League geworfen hatte, stand den Jungs aus dem "verrückten Wald" (das bedeutet "Ludogoretz"" übersetzt) der rumänische Rekordmeister Steaua Bukarest im Weg. Steaua hatte bereits einmal den Cup der europäischen Landesmeister gewonnen. Zu Hochzeiten des furchterregenden Ceausescu-Regimes besiegte Steaua 1986 den FC Barcelona im Finale durchs Elfmeterschießen.

Bulgarischer Fußballspieler Cosmin Moti

APA/EPA/VASSIL DONEV

Cosmin Moti im Tor

Im Rückspiel gegen Ludogoretz hatten die Rumänen das Weiterkommen bis zur letzten Minute fest im Griff. Nach einem Sieg mit 1:0 in Bukarest für Steaua sah es lange danach aus, als ob Ludogoretz ausscheiden würde. In der letzten Minute aber schlug Ludogoretz zu: Mit einem Prachtvolley wurde das Spiel ausgeglichen und in die Verlängerung gebracht. Das war aber nicht das Ende. In der letzten Minute der Verlängerung entkam ein Steaua-Spieler der bulgarischen Verteidigung und lief ungehindert auf das bulgarische Tor zu. Der Torwart von Ludogoretz zog außerhalb des Strafraums die Notbremse und sah für das Foul die rote Karte. Der bulgarische Trainer hatte schon dreimal gewechselt, so musste ein Feldspieler ins Tor. Der einzige Rumäne im Team von Ludogoretz, der Verteidiger Cosmin Moti, zog ohne zu zögern die Handschuhe an und ging ins Tor. Das, was folgte, wurde Fußballgeschichte.

Moti, der früher beim Stadtrivalen von Steaua, Dynamo Bukarest gespielt hatte, hielt zwei Elfmeter und verwandelte selber einen, um Ludogoretz für den bestdotierten Fußballwettbewerb der Welt zu qualifizieren. Es ist noch kein einziges Mal passiert, dass ein Feldspieler zwei Elfmeter hält. Moti hatte bisher noch nie in seiner Kariere als Torwart gespielt.

Cosmin Moti

APA/EPA/VASSIL DONEV

Wie fühlt sich wohl dieser Rumäne, der jetzt ein bulgarischer Volksheld ist? Er hat den bulgarischen Meister auf Kosten des Meisters seines Heimatlands weitergebracht. Moti ist bereits 29 Jahre alt und am Zenit seiner Karriere. Laut rumänischen Medien raucht er mindestens eine Packung Zigaretten täglich. Die Geschichte über das bulgarische Fußball-Aschenputtel und seinem rumänischen Retter ging um die Welt. Allein für die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League wird Ludogoretz fast neun Millionen Euro bekommen. Und noch was: der Präsident von Ludogoretz hat vorgeschlagen, eine Tribüne des Stadions in Rasgrad in "Tribüne Moti" umzubenennen.

Ich habe einen rumänischen Opa, aber ich habe den bulgarischen Meister unterstützt. Am Ende hat aber ein Rumäne das Spiel gewonnen. Es wäre doch viel leichter, wenn man Fußballmannschaften nur A und B nennt, da die Nationalität nicht die gleiche Rolle spielt wie vor zwanzig Jahren. Trotzdem freue ich mich, dass in dem Fall Mannschaft A gewonnen hat.

Fußballspieler Cosmin Moti

APA/EPA/VASSIL DONEV