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Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

28. 8. 2014 - 14:38

Brennerova

Eine Frau, Tätowierungen und Gewalt – das gelungene Cover zeigt schon worum es sich im neuen Brennerroman von Wolf Haas dreht.

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Jetzt ist schon wieder was passiert.
Mit dem Klassiker beginnt Wolf Haas seinen achten Brenner-Roman nicht. Vielmehr widmet er sich den Russinnen: "Früher hat man gesagt, die Russinnen. Die sind groß und muskulös wie Hammerwerfer, die arbeiten beim Straßenbau, und unter den Achseln haben sie so viele Haare, dass sich noch ein Toupet für ihren Mann ausgehen würde und ein zweites für den ersten Parteisekretär."

Brennerova

Hoffmann und Campe

Wolf Haas: Brennerova. Hofmann und Campe 2014

Politisch natürlich völlig unkorrekt - aber was erwartet man vom Brenner? Der war nie der große Charmeversprüher oder gar Frauenversteher. Dennoch hat er eine Frau gefunden, die ihn nicht gleich hinausgeschmissen hat. Herta, eine Lehrerin, die in Frühpension geschickt wurde, weil sie einem Schüler "eine betoniert hat".

Weil er sich mit der Herta so sicher war, hat er sich mal unverbindlich im Internet für Russinnen interessiert.
Und wo Internet, da muss ein gutes Passwort her:
"Soll ich jetzt Puntigam nehmen, weil Heimat immer gutes Passwort, oder soll ich Kriminalpolizei nehmen? Über solche Sachen, die vollkommen egal waren, hat der oft lange nachdenken können, wo jeder andere
sagt, Nikolaus, da nehme ich Krampus als Passwort, das vergesse ich nicht. Aber er war nicht so ein Typ, der so gedacht hat, weil mehr der unberechenbare Typ, jetzt hat er Brennerova als Passwort genommen, weil er hat sich vorgestellt, dass so eine hübsche Russin Brennerova heißen würde, wenn sie ihn heiratet."

Kennengelernt hat er Nadeshda. Eine unfassbar gutaussehende Russin – "wo du gedacht hast, die ist sogar für den Schah von Persien eine Nummer zu groß, da traut sich nicht einmal der Fürst von Monaco ein Fleurop-Sträußchen vorbeischicken."

Nadeshda ist noch gar nichts im Vergleich zu ihrer jüngeren Schwester. Die soll nach Wien verschleppt worden sein – wahrscheinlich von einem Mädchenhändlerring. Wer soll sie finden? Genau, der Brenner.
"Das war wie ein tausendteiliges Puzzle, wo du nur drei Plättchen kriegst, eines mit einem Wassertropfen aus der Wolga, eines mit einem Senfpatzen aus München, und da noch ein Plättchen mit einem Grashalm, bei dem ist nicht sicher, wo er her ist, und jetzt bau mir ein Bild der Welt zusammen. So hat sie ausgesehen, die Informationslage vom Brenner, nachdem die Nadeshda alles erzählt gehabt hat."

Brennerova

Hoffmann und Campe

Das Buch ist ab 1.9. im Handel erhältlich - vorab aber schon bei der o-töne-Lesung im Museumsquartier am Donnerstag, 28.8. ab 20:30 Uhr

So durchstreift der Brenner Tattoostudios, trifft auf Zuhälter, Bordellbetreiber, Polizisten und Ärzte und muss heldenhaft schwierige Situationen aushalten. "Weil nie ist der Mann edler, als wenn er eine Frau vor solchen Typen beschützen möchte wie sich selbst."

Der Brenner ist eben der Brenner. Und das ist gut so. Obwohl er mittlerweile pensioniert und schon über 60 Jahre alt ist. Man ist so jung, wie man sich fühlt – und der Brenner fühlt sich sehr jung.

An den russischen Frauen habe ihn die Projektionsidee interessiert, erzählt Haas. "Die exotische Frau ist natürlich eine ideale Projektionsfläche für Wunschvorstellungen und Fantasien und für einen Detektiv ist das eigentlich auch sehr gefährlich. Weil er sollte ja immer einen klaren Kopf bewahren und den verliert der Brenner hin und wieder."

Die brutalen Elemente des Kriminalromans würden ihn überhaupt nicht interessieren, erzählt er weiter: "Darum versuche ich immer mit möglichst wenig Zeilen das so drastisch wie möglich zu erledigen. Damit die Genreregeln des Kriminalromans erfüllt sind."

Mit "Brennerova" kann Wolf Haas seinen Podest in der Krimiwelt noch höher bauen. Auch wenn zwei, drei Stellen etwas unglaubwürdig wirken – zig großartige Ideen und Beschreibungen wiegen das auf. Einmal mehr überzeugt Wolf Haas mit seinen Figuren. Einmal mehr spielt er gekonnt mit Sprache. Einmal mehr zeigt er feinsten Humor. Brenner lesen heißt Österreich kennenlernen.

Haas' Erzählart wurde oft kopiert – nie erreicht. Aber "letzten Endes kannst du es nicht lernen. Letzten Endes Gespür, das sagt dir jeder, der eine Ahnung hat."

Wolf Haas live

  • 28.08. Wien, Museumsquartier
  • 25.09. Innsbruck, Treibhaus
  • 26.09. Salzburg, republic
  • 27.09. Linz, Posthof
  • 28.09. Graz, Schauspielhaus
  • 06.10. Wien, Konzerthaus