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Astrid Schwarz

Radio FM4

Astrid Schwarz

Digitales und Reales

26. 8. 2014 - 16:55

Outlaws

Statt eines Sommerjobs knacken sie Autos und rauben leerstehende Ferienhäuser aus. Der Protagonist in Javier Cercas neuem Roman "Outlaws" gerät auf die schiefe Bahn, weil er den jungen Kriminellen Zarco kennenlernt. Drogen, Prostituierte und Raubzüge werden zum Alltag.

Die Geschichte beginnt im Sommer 1978. Franco ist tot und Spanien ist auf der Suche nach der Demokratie. Der 15-jährige Ignacio Cañas flüchtet sich in den Sommerferien vor seinen Klassenkollegen, die ihn demütigen und quälen, an einen Rocky Balboa Flipper. Der steht in einer Spielhalle in der kleinen Stadt Gerona, im Norden Spaniens. Dort trifft er auf Zarco und Tere.

„Genau wie Zarco war Tere sehr schlank, hatte sehr dunkle Haut und war nicht besonders groß. Dafür strahlte sie eine Spannkraft und Beweglichkeit aus, wie nur ein weitgehend auf der Straße, unter freiem Himmel zugebrachtes Leben sie einem schenkt - zu der Zeit zeichneten sich alle Quinquis dadurch aus.“

Javier Cercas: "Outlaws"

S. Fischer Verlag

Javiar Carcas Roman "Outlaws" ist auf Deutsch in einer Übersetzung aus dem Spanischen von Susanne Lange im S. Fischer Verlag erschienen.

Ignacio kommt aus einer ziemlich behüteten Mittelschicht. Die Quinquis wie Tere und Zarco leben in den Behelfsunterkünften auf der anderen Seite des Flusses. Sie sind auch gesellschaftlich am unteren Ende angesiedelt. Die grünen blitzenden Augen von Tere, und natürlich ihre ganze Erscheinung, sind der eigentliche Grund, weshalb sich Ignacio der Bande von Zarco anschließt.

Zarco und seine Freunde benutzen die Brillenschlange, wie sie Igancio alle nennen, als biederen Aufputz. Wenn jemand mal schönes Katalanisch sprechen muss, um beispielsweise den Weg zum nächsten Ferienhaus zu finden, das leer steht. Autodiebstähle, Einbrüche, Drogen und Prostituierte werden Ignacios Alltag. Sogar Banken stehen auf ihrem Programm. Erst als ein Banküberfall gründlich scheitert, zerstreut sich die Bande in alle Winde. Alle werden festgenommen, bis auf Ignacio, der auf wundersame Weise entkommt.

Als Ignacio 20 Jahre später Tere wieder trifft, muss er sich eingestehen, dass er sie immer noch liebt.

„Tere tanzte zu jedem Stück anders, sie passte sich der Musik an wie in Handschuh, der sich widerstandslos überstreifen lässt, mit Bewegungen, die so natürlich wirkten wie die Wärme, die von einem brennenden Feuer ausgeht.“

Javier Cercas springt in seinem Roman 20 Jahre nach vorne und lässt Ignacio aus der Perspektive eines erfolgreichen Anwalts die Geschichte noch einmal erzählen. In mehreren Gesprächen mit einem fiktiven Autor oder Journalisten werden die Leser durch den Aufstieg und Fall des Mythos Zarco geführt. Er genoss irgendwann einmal große mediale Aufmerksamkeit und sein Leben wurde verfilmt. Die Struktur, die anfangs etwas aufgesetzt und bemüht wirkt, verleiht der Geschichte im Endeffekt Lebendigkeit, da sie aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird.

Zarco, der seit damals so gut wie ständig im Gefängnis gesessen hat, wird Ignacios Mandant und der lässt seinen Mythos mit Hilfe der Medien wiederaufleben, um ihm Haftvergünstigungen zu verschafften und um ihn letzten Endes aus dem Gefängnis herauszuholen. Der Mythos Zarco hat in „El Vaquilla“, einem angriffslustigen und notorischem Kleinkriminellen, der in auch in den 1970er Jahren seine Hochzeit feierte und dessen Leben verfilmt wurde, ein reales Vorbild.

Cercas verwebt die schwierigen politischen Umstände der damaligen Zeit, als Spanien auf den Weg in die Demokratie war, in eine spannende Geschichte über eine Zeit von der man normalerweise nicht so viel weiß.