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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

23. 8. 2014 - 10:05

Flimmern: Dämonenrundschau im Internet

Als wäre diese Welt nicht schon Horrorshow genug, wurden letzte Woche vielerorts die Mächte des Jenseits als Grund genannt, um aus dem Ruder Laufendes zu erklären.

Von welchen Dämonen die Polizei in Ferguson besessen ist, konnte ich nirgends nachlesen. Dafür wimmelt es momentan nur so von Dämonen und Zombies.

Am 13. Juni hat der Vatikan die AIE, Associazione Internazionale degli Esorcisti , als Rechtsperson anerkannt. Ihr Gründer ist der knapp 90-jährige Don Gabriele Amorth. Er besitzt angeblich zwei Kilo Metall, das Besessene bei Exorzismen ausgespuckt haben (ich weiß nicht, ob er den später in diesem Text auftauchenden Rolf kennt). In einem Interview mit der Vatikan-Zeitung, Osservatore Romano, meinte er: "All das nimmt erst außerhalb des Körpers Gestalt an, man findet darin weder Speichel noch Blut. Auf einem Röntgenbild würde man nichts davon erkennen." Technologieresistente Dämonen also.

Ganz anders die Dämonen, mit denen der katholische Pater Marian Rajchel zu tun hat. Nach einem missglückten Exorzismus erhält er Droh-SMS von einem Troll, äh Dämon. "Der Teufel und seine Anhänger schrecken nicht davor zurück, moderne Kommunikationsmittel zu benutzen", sagte er angeblich . Hoffentlich loggt sich der Mann nie in ein Black-Metal-Forum ein.

Mit Dämoneninvasionen hat aber nicht nur die katholische Welt, sondern auch das Emirat Dubai so seine Probleme.
Rolf Buchholz, 53, aus Düsseldorf, hat ziemlich viele Piercings und Body-Modifikationen. Er macht Shows in Hotels und bei Veranstaltungen, aber nicht in Dubai, dort durfte er wegen Verdacht auf Ausübung schwarzer Magie nicht einreisen.

Ich frage mich, ob irgendwer schon einmal irgendeine Art von Ghostbusters gerufen hat, um eine Razzia im Büro von Warp Records zu machen. Nicht nur die virale und reale Werbekampagne für das neue (hurra!) Aphex-Twin-Album würde das nahe legen:

warp

Zeichen am Himmel, ein Tor-Link auf dem Aphex-Twin-Twitter, der zu einer Tracklist führt, und auf Ebay wird ein mit Jerk Sauce auf einen Teller gezeichnetes Aphex-Twin-Logo als Wunder versteigert.

aphex twin

Wenn Musikindustrie und Popjournalismus eine Kirche wären, dann wäre Aphex Twin der Dämon, den sie verdient.

Um in Internetforen grassierenden Irrsinn einzudämmen hat Xinhua, die Staatliche Chinesische Nachrichtenagentur, angeblich eine Depesche veröffentlicht, in der sie erklärt, dass Ebola kein Zombie-Virus ist. Ob es die Meldung in dieser Form nun gegeben hat oder nicht, es ist bemerkenswert, wie sie mit kultureller Herablassung aufgegriffen wird und es keinerlei Hemmungen gibt, aus einer Seuche popkulturelle Unterhaltungswerte zu generieren. Vielleicht hat auch irgendwer beim Abschreiben den Unterschied zwischen einer Satire und einer Nachrichtenseite nicht gecheckt.

Was uns nun am Ende zum missverstandensten Mann der Welt, Kanye West, bringt. Er will, inspiriert von Gaudis Sagrada Familia, eine Kathedrale bauen; für sich und seine Familie, für Hochzeiten, Taufen usw. Alle ätzen jetzt, er sei größenwahnsinnig. Ob Kanye in seiner Kathedrale auch Exorzismen anbieten wird, ist nicht bekannt.