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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

19. 8. 2014 - 17:29

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 19-08-14.

Innerhalb der nächsten zwei Wochen stehen für das Nationalteam, Red Bull Salzburg und den ORF-Sport Schicksalstage an. #fußballjournal14

The daily blumenau hat seit Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst.
Mit Items aus diesen Themenfeldern. Im August wegen Väterteilzeit und Urlaubstagen leider höchst unregelmäßig.

Der erste Koller-Kader entscheidet über die EM-Qualifikation

Ob sich das ÖFB-Team in der am 8. September beginnenden Qualifikations-Serie gegen durchaus schwierige Gegner wie Russland, Schweden und Montenegro für die Euro 2016 in Frankreich qualifizieren wird, entscheidet sich nächste Woche, am Dienstag.

Da wird Teamchef Koller den Kader nominieren, mit dem er in ein einwöchiges Trainingslager gehen wird. Die Zusammensetzung dieses Kaders (der sich von den weiteren, zumindest dieser Saison, nicht großartig unterscheiden wird) wird über die Chancen zur ersten EM-Qualifikation aus eigener Kraft mehr aussagen als man auf den ersten Blick meinen mag: Er wird sogar entscheidend sein.

Denn: wenn sich Koller einmal auf eine Gruppe festgelegt hat, dann ändert er (zumindest solange Chancen bestehen) nichts mehr. Das ist die wesentlichste Lehre der Jahre 12/13.

Koller steht nun - vor der ersten Nominierung - vor einer zentralen Frage, einer durchaus auch moralischen: Auf welche Spieler soll er in seiner Schwachstelle (der ewigen Baustelle Angriff) setzen?

Bislang war das entweder der körperbetonte Center Marc Janko oder eine Notlösung einer falschen 9 (wie Hinterseer oder Harnik). Philipp Hosiner passt nicht in Kollers Konzept, anderes/andere wurde/n nie ernsthaft versucht.

Janko konnte trotz wenig Spielpraxis in seiner seit 2012 ins Stocken geratenen Karriere in einigen Spielen entscheidende Impulse setzen, und so Kollers Vertrauen rechtfertigen. Zudem repräsentiert Janko den Typus des intelligenten mitdenkenden Spielers, den Koller (im Gegensatz zu seinen diesbezüglich dumpfen Vorgängern) über alles schätzt.

Übrigens spielt jetzt auch Mensur Kurtisi, der Austro-Mazedonier nach Stationen am Golf und in Kasachstan in Australien, sogar beim Meister, bei Brisbane Roar.

Jetzt ist Janko, mittlerweile 31, beim Sydney FC in der australischen A-League gelandet, als Nachfolger von Alex del Piero in einem der besseren Teams in einer Liga, die zwar (mit Akteuren wie William Gallas, Damien Duff, Castelen, Engelaar, Delpierre oder Robert Koren) leicht über der ohne echte internationale Stars auskommenden österreichischen Bundesliga steht, aber einen riesenhaften Nachteil aufweist: eine unendlich lange Reise-Distanz in Richtung Nationalteam.

Für den in den letzten Jahren verletzungsanfälligen (und auch nicht jünger werdenden) Janko sind derartige Strapazen reines Gift. Dass es bisher keinen Team-Abschied bekanntgegeben hat, liegt einzig daran, dass Koller sich (wie schon in den letzten Jahren) nicht mit Alternativen beschäftigen will und eher krampfhaft an Janko festhält.

Die Chance, dass der 196cm-Mann im Verlauf der Saison 14/15 ausfallen wird, ist aber so hoch, dass Koller sich Optionen überlegen muss. Wie die aussehen, wird der nächsten Dienstag präsentierte Kader zeigen.

Wobei man Koller ja einen unterbeachteten Fakt zugute halten muss: erst er hat aus Hinterseer, Zulechner, Klein oder Burgstaller Legionäre gemacht. Das sind seine Erfindungen.

Möglichkeit 1: Koller verlässt sich auf die bisherigen Alternativen. Das wären der bei Freiburg nicht so recht zum Zug kommende Zulechner, oder die nicht wirklich als Center geeigneten Halbstürmer wie Weimann, Harnik, Arnautovic, Hinterseer, Zulj oder Sabitzer. Dafür ist allerdings eine leichte Systemadaption nötig - bislang hat es mit dem 4-2-4 mit der falschen 9 nicht wirklich gut funktioniert, vor allem Junuzovic' Rolle wäre da neu zu definieren. Und jetzt, wo Juno bei Bremen (als Nachfolger von Aaron Hunt) endlich einen echten Zehner spielen darf, wär das irgendwie blöd.

Möglichkeit 2: Koller setzt auf die späte Option Alan. Der Brasilianer könnte ja 2015 (Einbürgerung, Form und andere Unwägbarkeiten vorausgesetzt) zur Verfügung stehen. Alan ist ein gänzlich anderer Typ als Janko, lebt sehr stark von einer eingespielten Offensivreihe und am besten einer zweiten Spitze hinter/neben ihm.

Möglichkeit 3: Koller sucht den Janko-Ersatz. Das ist verdammt schwer, klar. Aber nicht unmöglich, es bedarf halt einer genauen Sichtung.
Ich zähle einmal die echten Stürmer auf, die es neben dem ungewollten Hosiner geben würde: aktuell leider nur Marco Djuricin aus der Liga, Martin Pusic und vor allem der zum Center gewachsene Darko Bodul aus der dänischen Liga oder der altbekannte Rene Gartler bei Sandhausen. Jimmy Hoffer, der sich bei Düsseldorf festgesetzt hat, wird (siehe Hosiner) auch nicht passen. Aber der Janko-Maße erreichende Adthe Nuhiu stammspielt bei Sheffield Wedenesday ganz vorne drin.

Nicht ganz so groß ('nur' 186...), aber als ballfordernder Center derzeit der einzige Kicker beim wieder einmal krisengeschüttelten 1860 München: Rubin Okotie, der den Vorteil hätte als Alaba-Kumpel schnell ins Teamgefüge rutschen zu können.

Und dann wäre da noch der unbekannte Österreicher in der Premier League, der (noch) keiner ist, aber sicher spielberechtigt wäre, wenn man schnell und geschickt handelt und nicht wie bei Jonathan Schmid herumzauselt: Ashley Barnes, auch 186cm, mittlerweile - wie hier angesprochen ein echter Center, der seit seinem U20-Länderspiel auf einen Anruf wartet.

Soviel zur dringlichsten, aber nicht der einzigen Baustelle im ÖFB-Team. Andere Probleme (Fuchsens schleppender Abgang bei Schalke und das ewige Außenverteidiger-Problem, Almers Tormann-Untätigkeit, Pogatetzens Vereinssuche, Dragovics Ukraine-Abenteuer etc) harren ebenso auf Lösung. Und der erste Kader wird, implizit, Auskunft über den Grad der Behebung und die Lust an der Tat (als Gegenmodell zur Untätigkeit) geben.

Der Herbst mit den drei Heimspielen gegen die drei Augenhöhe-Mitstreiter wird nämlich die Weichen schon stellen, da ist ein nachträgliches oder mittendrin stattfindendes Gepfusche effektlos.

Mein Gefühl gibt mir ein Festhalten an Janko und den schludrigen Falschen-Neuner-Lösungen ein. Ich hoffe, ich täusche mich.

Die Malmö-Spiele entscheiden über den Standort Salzburg

2006/07: UEFA-Cup, erste Runde (nach dem Aus in der dritten Qualifikations-Runde zur Champions League)
2007/08: UEFA-Cup, erste Runde (nach dem Aus in der dritten Qualifikations-Runde zur Champions League)
2008/09: UEFA-Cup, erste Runde (als Vize-Meister nicht für die Champions League qualifiziert)
2009/10: Europa League, Runde der letzten 32 (nach dem Aus in den Play-offs zur Champions League)
2010/11: Europa League, Gruppenphase (nach dem Aus in den Play-offs zur Champions League)
2011/12: Europa League, Runde der letzten 32 (als Vize-Meister nicht für die Champions League qualifiziert)
2012/13: Aus in der zweiten Qualifikations-Runde zur Champions League (gegen Düdelingen)
2013/14: Europa League, Achtelfinale (nach dem Aus in der dritten Qualifikations-Runde zur Champions League)

Die offizielle UEFA-Pressemappe ist gnadenlos. Sie zeigt (auf Seite 12 vorzufinden) die ungeschönte Bilanz der letzten 7 Jahre, seit der FC Salzburg von einer Austria zu einem Red Bull-Outlet wurde.

Und das sieht, wenn man einige aus der Gegnerschaft, gegen die man sich nicht durchsetzen konnte (Valencia, Donezk, Fenerbahce) weglässt und der Euro-League eine beckenbauer'sche Ignoranz.-Haltung entgegenbringt, nicht gut aus. Nie Champions League bleibt einfach nie Champions League, und in acht Saisonen voller finanziellem Super-Einsatz kommt da einiges an Frust-Geschichte zusammen.

Natürlich sind Euro-League-Erfolge wie die beiden Furiosi gegen Ajax (2014) oder auch die fehlerfreie Gruppenphase 2009 (Man City!, Juve!) und der tolle Fight (gegen the likes of PSG oder Bilbao) 2011 Ruhmesblätter im Erinnerungs-Album. Für schnöde Bilanz-Denker wie Besitzer Mateschitz zählt das aber zwölfe.

Heuer ist die Chance nicht nur wegen der günstigen (auf Basis der vergangenen Erfolge zurecht verdienten) Setzung und der mittelprächtigen Gegnerschaft, sondern auch wegen der (erstmals) übergangslosen Geschlossenheit des Teamgefüges (was angesichts eines Trainerwechsels eine echte Leistung und Adi Hütter & Team - zb Richie Kitzbichler - gutzuschreiben ist) so groß wie nie.

Es muss also klappen.

Falls nicht, falls wieder-"nur"-Europa-League, wird Mateschitz seinem Sportchef Rangnick die flotte Weisung erteilen, alle Kräfte zu bündeln, um den Rasenball in Leipzig schon diese Saison in die Bundesliga zu bringen; und das kann bedeuten, dass Kampl, Mane und noch drei, vier andere (Sabitzer sowieso) noch im August rüberwachsen in die buntgewellte Red Bull-Arena im Leipziger Sportforum. Womit die aktuelle Gleichwertigkeit der beiden Standorte Geschichte wäre.

Der ORF-Sport braucht Rapid wie einen Bissen Brot

Die beiden Play-Off-Spiele von Salzburg und Rapid gegen Malmö FF und HJK Helsinki stellen diese und nächste Woche auch die Weichen für alle österreichischen TV-Planer.

Kommt Red Bull in die Königsklasse, wird Puls-TV der letztjährigen Austria-Saison noch einen draufsetzen in punkto Umfang und Marketing.
Scheitern die Bullen, wird man die Welt verfluchen (und vielleicht den ORF, der auch da sicher dran schuld sein würde, verklagen) sich dann aber wieder an Bayern und Alaba festkrallen und mit einem schönen Spiel pro Runde über die Runden bringen.

Schafft Rapid die Euro-League, kann der ORF-Sport zumindest im Herbst fette donnerstägliche Festspiele bauen. Sollte, unlikely, auch noch Salzburg dazukommen, wäre sechs lange Fußball-Nächte perfekt.

Zudem würde das Rapid (und eventuell auch Salzburg) auch eine unglaubliche Dauer-Präsenz bescheren, weil das Donnerstags-Antreten ja auch eine Sonntags-Garantie (und somit ein Live-Spiel-Abo) bedeuten.

Wichtige Analyse-Texte zur aktuellen Schwäche der Wiener Groß-Klubs: Daniel Mandl über Rapid, Gerald Gossmann über dieAustria.

Und hier noch eine knüppelharte aber wahre Analyse zu den tiefersitzenden Problemen im österreichischen Fußball.

Geht Salzburg in die Champions League und scheitert Rapid, tritt ein echter worst case ein: Euro-League-Spiele ohne österreichische Beteiligung sind zwar sicher auch schön anzusehen, locken aber kaum Hunde hinterm Ofen hervor, sind echtes Quotengift. Insofern könnte die aktuelle Schwäche der Großklubs hinter Salzburg einen tiefen Fußball-Graben reißen.

Dabei hatte man vor nur wenigen Jahren (zurecht) auf genau die gesicherte, gehobene Qualität der heimischen Spitzenklubs gesetzt, als man die EL-Rechte erworben hatte. Den Strich durch diese Rechnung hat die deutliche Steigerung der kleineren Vereine gemacht, die wiederum mit der gestiegenen Qualität einer neuen Trainer-Generation (Hütter, Gager, Canadi...) zu tun hat. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.