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Astrid Schwarz

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Astrid Schwarz

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7. 8. 2014 - 14:02

"Johnny und Jean"

Der eine unscheinbar, der andere schillernd wie ein Pfau: In ihrem zweiten Roman begleitet Teresa Präauer die beiden ganz und gar unterschiedlichen Kunststudenten Johnny und Jean auf der Suche nach ihrem eigenen Stil.

Teresa Präauer, geb. 1979, lebt in Wien, schreibt und zeichnet. Sie hat in Berlin, Salzburg und Wien Germanistik und Malerei studiert. 2012 erhielt sie den aspekte-Literaturpreis für das beste deutsch-sprachige Prosadebüt, ihren Roman "Für den Herrscher aus Übersee" (2012). 2014 erhält sie das Stipendium "Esslinger Bahnwärter".

Johnny und Jean kennen einander vom Land. Oder besser: Johnny kennt Jean aus dem Freibad. Jean ist nämlich der, der vom Drei-Meter-Brett einen Salto macht, während Johnny nur eine Arschbombe vom Ein-Meter-Brett schafft. Auch bei der Aufnahmeprüfung an der Kunstuni wird klar, dass Jean besonders ist. Seine Bilder sind einfach riesig und alle bewundern ihn. Er muss auch gar keine Prüfung machen, sondern wird gleich aufgenommen. Der Ich-Erzähler Johnny kommt mit seinen Fischstudien nicht weit. Johnny muss ein Jahr warten, um auch auf der Uni mitzeichnen zu können. Jean wird in seinen Tag-Träumen zum Freund und zu seinem Möchtegern-Saufkumpanen. Erst später wird dieser Wunsch im Buch zur Realität. Mit Bewunderung hat nicht nur Teresa Präauer in ihrem Kunststudium zu tun gehabt, das kenne wahrscheinlich jeder, sagt sie:

"Man sitzt vielleicht zu Hause und denkt sich: Was wird der jetzt wieder großartiges machen? Und was versäumt man selbst? Bei sich selbst sieht man Defizite genauso wie die größenwahnsinnig empfundenen Talente und Wünsche. Es geht in dem Buch auch um die Beobachtung einer Existenz. bei der scheinbar alles zu funktioniert."

Zeichnung eines Buben mit einer Winterhaube, Buchcover von "Johnny und Jean"

Wallstein Verlag, Teresa Präauer

"Johnny und Jean" ist im Wallstein Verlag erschienen.

Genitalpanik

Im Plauderton erzählt die Autorin von Johnnys Fischzeichnungen - er zeichnet nämlich ausschließlich Fische von seinem Paradies -, wenn er mal neue Stifte und Leinwände für seine Arbeit im Künstlerbedarf einkaufen geht. Während Jean ouevre um oeuvre rausbringt, aktionistische Barrikaden als Werk inszeniert und seine erste Ausstellung hat, muss sich der unscheinbare Johnny, der allen immer eine Zigarette dreht, noch einmal in der Woche mit Aktzeichnen herumschlagen. Das ist für ihn ganz schön aufregend.

"Dabei ist es so, dass ich noch nie eine Person ganz nackt gesehen habe. Ohne Badehose. Keinen Mann und keine Frau. In den Magazinen schon, aber im wirklichen Leben noch nicht. Selbst wenn ich mich trauen würde, könnte ich das, was ich gesehen habe, nicht zeichnen."

Teresa Präauer liest am 7.8. bei den O-Tönen im Wiener Museumsquartier um 20.30 Uhr und stellt dort ihr neues Buch vor.

Das kann er erst, als eines der Modelle, eine alte Thailänderin, sich weigert, ihre geblümte Unterhose auszuziehen. Die Professorin stellt ihn bloß, bescheinigt ihm eine Genitalpanik. Ein Wort, das Teresa Präauer unbedingt einmal verwenden wollte. Eine Arbeit von Valie Export trägt ja auch diesen Namen.

Johnny muss bei Blumen an Geschlechtsteile denken. Aber auch darüber kommt er hinweg und findet den Weg zu den Frauen. Jean zu solchen mit französischen Namen, Johnny kann auch seiner Mitbewohnerin Valerie und der Interrail- Bekanntschaft Louise aus Kanada etwas abgewinnen. Mit Letzterer gehen einige seiner Wünsche dann doch noch in Erfüllung.

Teresa Präauers viertes Buch "Johnny und Jean" ist rasant und witzig geschrieben. Ihre eigenen Erfahrungen an der Kunstuniversität - sie hat Malerei studiert - fließen mit ein. Die Figuren und Situationen sind präzise beobachtet und prägnant beschrieben. Man lernt etwas über die Basics des Malens, also wie man eine Leinwand auf den Rahmen spannt und grundiert und wie man mit wahnwitzigen Ideen die Kunstwelt aufmischt. Ob Barrikadenwerk oder Fischzeichnungen - am Ende werden beide irgendwie erwachsen. Die großen Meister aber haben doch das letzte Wort.