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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

7. 8. 2014 - 12:00

Angus & Julia Stone wiedervereint

Sehnsuchtsmusik vom australischen Geschwisterpaar Angus & Julia Stone - with a little help from Rick Rubin.

Angus & Julia Stone liebt man, oder auch nicht. Als "pretiös", oder auch gar prätentiös, aber vor allem als "geziert" oder "gekünstelt" wird ihre Musik zwischendurch gern kritisiert. Dafür gibt es im Englischen ein Wort, das es treffender sagt: "precious".

Das neue Album der Geschwister aus dem australischen Newport - nahe Sydney - dürfte dieser Kritik aber einiges an Wind aus den Segeln nehmen. Der US-Produzentenmeister Rick Rubin dürfte daran einen Anteil haben; er hat dem Sound von Angus & Julia das nötige Quäntchen Kraft eingehaucht, das (manchen) vielleicht in der Vergangenheit gefehlt hat.

Eine Erfolgsstory sind Angus & Julia aber sowieso, seit Songs wie "Big Jet Plane" vor vier Jahren. Weil die Geschwister aber schon viel länger zusammen musikalisch aktiv sind - seit Kindertagen, wo sie in der von ihrem Vater geleiteten Schulband Blasinstrumente spielten und auf Tour gingen -, standen dann bereits Soloalben an: Julias "The Memory Machine" und "By The Horns", sowie Angus' "Broken Brights". Ein Zusammenkommen war trotz des internationalen Erfolgs von Angus & Julia Stone nicht mehr geplant, zumindest für eine ganze Weile nicht. "We were sick of each other", sagt Angus Stone im FM4-Interview. Julia Stone, eben noch nach einer diplomatischen Erklärung für die Auszeit und das Doch-Wieder-Zusammenkommen suchend, gibt auf, lacht nur schallend. Wenn der kleine Bruder die Wahrheit spricht, dann braucht es keine Ausflüchte mehr.

Angus Stone ist der launische, introvertiertere Teil dieses Geschwisterduos, ein stets etwas traurig blickender Mann, der optisch etwas an den tragischen 60er/70er Jahre US-Musiker Tim Buckley erinnert. Julia ist der extrovertiertere, ausgeglichene Teil im Duo. Und Rick Rubin wollte beide in seinem Studio haben. Erst nahm Julia Stone seine Einladung an, und dann machte sich auch der Bruder von seiner australischen Rinderfarm auf nach Kalifornien, zu jenem Mann, der schon mit den Beastie Boys, Red Hot Chili Peppers oder Jonny Cash im Studio war.

Rick Rubin erfindet Angus & Julia Stone neu, ohne dass sie nicht mehr Angus & Julia sind. Weg mit den Vintage-Blumenkleidern von Julia, ihre hochgesteckten Haare bekommen hippe Stirnfransen, an Angus' Neil-Young-Gitarre wird ein wenig herumgeschraubt und überhaupt diesem etwas unnahbaren jungen Mann alles entlockt was in ihm steckt. Diese beiden romantischen Indiefolk-Märchenfiguren von Down Under haben plötzlich etwas wunderbar Anderes an sich, etwas Düsteres, fast Gespenstisches. Wieder sagt es ein englisches Wort besser: "eerie". Es ist großartig "eerie" wenn Julia Stone aufbegehrt, ihre gern als "Kleinmädchen"-Vocals beschriebene Stimme erhebt und von "Death Defying Acts" singt, wenn Angus Stone im Neil-Young-inspirierten Meisterwerk "Crash & Burn" eine tiefe Verzweiflung ausdrückt, oder er in "Other Things" singt: "There´s a plane in the sky, if those people fall, they will die."

So leicht für das Ohr und gleichzeitig so kompliziert, das ist das Geheimnis der Sehnsuchts-Musik von Angus & Julia Stone. "Can I take you home?", fragt Angus Stone in der ersten Single vom Album, "Grizzly Bear", und dann, eh klar, sitzt er schon unter den Sternen mit uns: "We can go anywhere you want to go." Ein charmant-gefährlicher Schwerenöter, der Mann von der Rinderfarm? Im nächsten Song, "Heart Beats Slow", ist er der Lee (Hazlewood) zum Nancy (Sinatra) Part der Schwester.

Das nächste Stück dominiert Julia: "Wherever You Are", samt der Textzeile "We're living in the gold, driving in your car, I could live in your old car with the broken stereo"; SurferInnen-Romantik, California-Dreaming, das auch an die australischen Shores passt, obwohl Angus & Julia Stone für die Fotos zum Albumbooklet hoch über Los Angeles "posieren"; interessant dabei ist, dass sie nebeneinander sitzen, oder einander gegenüber stehen, sie sich aber niemals ansehen. Auch wenn die neuen Songs keine weiteren direkten Aufschlüsse geben über die Pre-Album-Konflikte von Angus und Julia Stone, so sind sie doch präsent in diesen Liedern, die erstmals zusammen geschrieben wurden von Angus und Julia. Die früheren Songs wurden ja von jedem der beiden einzeln komponiert.

Albumcover Angus&JuliaStone Album 2014 australisches POpduo

universalmusic

"Angus & Julia Stone" von Angus & Julia Stone ist bei Vertigo/Universal erschienen.

Ich habe noch nie zuvor mit Künstlerinnen/Menschen wie Angus und Julia Stone gearbeitet, sagt Rick Rubin über die beiden, und das heißt etwas. Stur sind sie, im allerbesten Sinn, authentisch und nicht verbogen. Mit den Worten "I´m everything I´ve ever been", unterstreicht Julia Stone im treibenden Stück "Death Defying Acts" - wo Rick Rubin alles aus den Instrumenten holt - die grundlegende Situation noch einmal. Respect, dass sich Angus & Julia auch keine "electronics" für die neuen Songs aufschwatzen lassen haben; nein, Rick Rubin hätte das ohnehin nicht getan, aber die meisten anderen Produzenten wahrscheinlich, und es hätte auch gut funktionieren können, aber dann gäbe es wohl keinen Song wie "Little Whiskey": Lautstärke aufdrehen und Angus Stones Whisky-getränkte Stimme hören, wie er singt, "There's still fire in your belly, and your heart is still wild". Genauso ist's. Stones - Angus & Julia - forever.