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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

3. 8. 2014 - 16:45

Keiner von euch

Der Song zum Sonntag: Morrissey - "I'm Not A Man"

Männer führen Kriege, Männer sind schon als Baby blau. Männer rauchen Pfeife, Männer wissen alles ganz genau. Männer bauen Raketen und erklären dem Rest der Welt jetzt einmal aber wirklich wie der Hase läuft. Dabei hauen sie mit der Faust auf den Tisch. Männer sind liebenswerte Hallodris, Luftikusse, die sich gut geölt, gebräunt und auf die exakt richtige Art behaart in knappen Shorts am Poolrand aalen. Männer sind in sexueller Hinsicht der Dauerbringer, der eine Mann ist freilich immer besser als der nächste.

Morrissey nimmt sich in der zentralen, irgendwie schlimmsten und auch besten Nummer seines aktuellen, nur so mittelguten Albums "World Peace Is None Of Your Business" derber Männerklischees an. Sie sind immer noch wahr. Welche Verhaltensweisen muss ich an den Tag legen, welche kraftvollen Posen durchleben, um bloß ja nicht in den Verdacht zu kommen, ich sei kein "echter Mann"? James Brown hat von unserer Welt als einer Welt der Männer gesungen. Eine Welt von Männern und für Männer. Der Mann hat das Auto erfunden und die Eisenbahn erschaffen, die Frau darf bügeln.

Morrissey übt sich auf "World Peace Is None Of Your Business" durchwegs in selbst für ihn pompöser Misanthropie und Weinerlichkeit, der Song "I'm Not A Man" ist ein neuer Höhepunkt in Sachen mit unumschmeißbarer Grandezza vorgebrachter Selbstherrlichkeit – bei gleichzeitiger mehr als berechtigter und wichtiger Kritik an nach wie vor recht stabil verankerten Rollenvorstellungen.

In "I'm Not A Man" erhebt sich Morrissey gleich über ein ganzes unwürdiges Geschlecht. Männer sind roh, vulgär, chauvinistische Muskelprotze. Morrissey zählt auf: "Don Juan", "Casanova", "Wise-Ass", "Smart-Ass", er besingt das klassische, ärmellose Unterhemd, das im englischen Sprachraum immer noch allen Ernstes "Wife Beater" genannt wird. Männer sind rauflustige Höhlenmenschen und leistungsorientierte Sportskanonen. Männer hätten ihre ganz eigene Art zu gehen und ihre ganz eigene Art, natürlich, of coure, so Morrissey, hihi, zu stehen.

Da will Morrissey nicht mitmachen: "Well if this is what it takes to describe.../ I'm not a man /I'm not a man". Morrissey erreicht eines seiner Lieblingsthemen: "I'm not a man /I'd never kill or eat an animal /And I never would destroy this planet I'm on". Ein wunderbares, mit dem Holzhammer geklöppeltes Plädoyer für die Verweichlichung und die Kultivierung. Es lebe die Zärtlichkeit bzw. alle anderen als ich müssen sterben. Ein Hassbrief, ersonnen von einem ungnädigen Gott. Einem Gott unter Rohlingen und Schweinen. Wobei, Vorsicht: Bloß nicht die armen Schweine auf eine Stufe mit den Männern stellen, das hört Morrissey nicht gern.