Erstellt am: 31. 7. 2014 - 16:01 Uhr
Harun Farocki ist tot
Seine essayistischen Filme über moderen Arbeitswelten waren nicht nur bei der Viennale in den letzten Jahren Fixstarter. Auf der Wiener Akademie der bildenden Künstler war Harun Farocki bis vor Kurzem Professor der Filmklasse.
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Biennalen und documentas haben seine Filme in den letzten Jahren vermehrt im Kunstkontext präsentiert. Harun Farockis Filme über mediale Inszenierungen sind einerseits recht spröde Angelegenheiten, können aber auf eine groteske Art sehr lustig werden, etwa wenn er für den Film "Die Schöpfer der Einkaufswelten" Managern beim Arbeiten zusieht, die sich über die richtige Platzierung von Waren in Supermarktregalen unterhalten.
Harun Farocki
Farockis forschender Blick wollte hinter das "Gemachte" und das "Geplante" schauen, sei es in Einkaufszentren oder in Computerspielwelten. So hat er in jüngeren Arbeiten versucht mit einer virtuellen Kamera hinter die gerenderten Wände und Polygone der industriell hergestellten Gameswelten zu dringen. Gleichzeitig beobachtet er Soldaten beim Training im virtuellen Krieg. Auch mit filmhistorischen Bildern hat er sich analytisch beschäftigt. 1995 hat er einen Film über den Film der Gebrüder Lumière "Arbeiter verlassen die Fabrik" gemacht.
Harun Farocki wurden ein den späten 60er Jahren in Deutschland politisiert. Sein Film "Nicht löschbares Feuer" über die Napalm-Bombadierung in Vietnam gilt bis heute als zentrales Dokument des politischen Arms des deutschen 68er Kinos. Die brennende Zigarette, die sich Farocki da vor laufender Kamera in den Arm drückt, sorgte damals für einen veritablen Skandal.
Als in Berlin sozialisierter Künstler war Harun Farocki auch der "Ziehvater" einer Reihe von Filmemacherinnen und Filmemachern. So hat er sehr eng mit dem Christian Petzold ("Die innere Sicherheit", "Yella") zusammengearbeitet. Petzolds neuester Film, seine letzte Zusammenarbeit mit Farocki, kommt am 25. September in die (deutschen) Kinos: In "Phoenix" spielt Nina Hoss eine Auschwitz-Überlebende in der unmittelbaren deutschen Nachkriegszeit. Es dürfte wohl leider das letzte vollendete Werk von Harun Farocki sein.