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Burstup

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31. 7. 2014 - 15:00

"The Hot Zone"

Vor 19 Jahren erschienen und heute aktueller denn je: Richard Prestons Tatsachenroman über Ebola.

Hot Zone

Droemer-Knaur

Richard Prestons "The Hot Zone" ist in einer Übersetzung aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel bei Droemer Knaur erschienen. Die Aufmachung der deutschen Version ist im Gegensatz zum Original leider unnötig reißerisch.

Stephen King schrieb über dieses Buch: „One of the most horrifying things I’ve ever read.” Und auch 19 Jahre nach seinem Erscheinen hat Richard Prestons Tatsachenroman "The Hot Zone" nichts von seinem Schrecken verloren.

"The Hot Zone" erzählt Geschichten von Ärzten, Krankenpflegern, Laborassistenten – und von Menschen, die sich mit Ebola infiziert haben. Der Autor begab sich dazu in den neunziger Jahren auf die Spuren des Virus, nicht nur in Afrika, sondern auch in Deutschland.

Ebola gehört zur Familie der Filoviren, zu der auch das 1967 zum ersten Mal dokumentierte Marburg-Virus gehört. In der gleichnamigen deutschen Stadt trat bei mehreren Menschen jenes hämorrhagische Fieber auf, das auch für Ebola so typisch ist. Es greift den Magen-Darm-Trakt und andere Organe an, verursacht schwere innere und äußere Blutungen und führt - je nach Virusstamm - in bis zu drei Viertel aller Fälle zum Tod. Im Jahr 1967 starben daran innerhalb weniger Tage sieben Menschen mitten in Europa.

Das Marburg-Virus wurde damals von Laboraffen auf Menschen übertragen, doch woher es davor gekommen war, ist unbekannt. Als natürlichen Wirten vermutet man wie auch bei Ebola Flughunde und Fledermäuse – ob afrikanischer oder vielleicht doch europäischer Herkunft ist bis heute ungeklärt. Dass die ersten dokumentierten Krankheitsfälle in Deutschland auftraten, sagt aber viel über die heute gern verbreitete Meinung, Ebola wäre ein afrikanisches Phänomen, das dank der besseren Hygienestandards in Europa nicht gefährlich wäre.

Für die Familie der Filoviren (Marburg-, Ebola-, Sudan-, Ravn- und Reston-Virus) gilt die biologische Schutzstufe 4. Aus ihr leitet sich auch der Titel des Buchs „The Hot Zone“ ab. In Schutzstufe 4 sind ausschließlich Viren aufgeführt, die sehr leicht übertragbar sind. Zum Vergleich: Das HI-Virus, das AIDS auslöst, steht auf der biologischen Schutzstufe 2 - bei der Handhabung damit werden ein Laborkittel und Handschuhe vorgeschrieben und ein Mundschutz empfohlen. Doch um im Labor mit Viren der Schutzstufe 4 hantieren zu dürfen, ist ein Vollschutzanzug mit autarker Atemluftversorgung notwendig - in einem elektronisch abgesicherten Raum mit einer Luftschleuse. Dass selbst in solchen Einrichtungen Infektionen nicht ausgeschlossen werden können, beschreibt Richard Preston in einer haarsträubenden Geschichte über einen zerrissenen Schutzanzug.

Im Kapitel „The Monkey House“ wiederum beschreibt Preston den bisher schlimmsten Fall einer Filovirus-Infektion in den USA. Die Geschichte spielt in einem Lagerhaus, wo Affen in Käfigen untergebracht waren. Innerhalb weniger Tage starben alle Tiere, obwohl sie keinen physischen Kontakt zueinander hatten. Die Ursache: Das Reston-Virus, das sich von Ebola nur dadurch unterscheidet, dass es Affen krank macht anstatt Menschen. Wie Reston innerhalb kürzester Zeit die voneinander getrennten Affen infiziert hat, ist bis heute ungeklärt. Denn man geht an sich davon aus, dass Filoviren nur über Körperflüssigkeiten, nicht aber aerogen übertragen werden. War es in diesem Fall anders? Oder haben sich die Affen bereits vor ihrer Ankunft in den USA in direktem Kontakt infiziert? Fragen, die genauso ungeklärt blieben wie im Jahr 2014 die Frage nach dem Weg, über den sich die behandelnden Ärzte und Krankenpfleger in Westafrika trotz Schutzanzügen angesteckt haben.

Dass sich Ebola seit den sechziger Jahren nicht epidemisch über die ganze Welt verbreitet hat, liegt vor allem an der kurzen Inkubationszeit und der extrem hohen Sterblichkeitsrate. Doch Filoviren mutieren. Richard Preston beschreibt in „The Hot Zone“ bereits 1995 die unterschiedlichsten Varianten – und zitiert damals schon Forscher mit Beschreibungen von Szenarien, in denen sich eines dieser Viren so entwickelt, dass es seinen Wirten in geringerer Geschwindigkeit krank macht und tötet – eine Voraussetzung dafür, sein Erbgut effizienter weitergeben zu können. Das 2014 in Westafrika und Nigeria ausbreitende Ebola-Virus tötet zwar 90% der Erkrankten, aber seine Inkubationszeit dürfte mit bis zu 21 Tagen weit länger sein als bisher. Das ist einer der Gründe, warum die aktuelle Epidemie die bisher schwerwiegendste ist.

Das letzte von vier Kapiteln in „The Hot Zone“ trägt den Titel „Kitum Cave“. Diese Höhle im Mount Elgon in Kenia hielt man lange Zeit für den Ursprungsort der Ebola. Kitum Cave ist vulkanischen Ursprungs und wird zum Teil von durch die jahrtausendealten, versteinerten Überreste von Mammutbäumen getragen. Es ist die einzige Höhle der Welt, die jedes Jahr von tausenden Elefanten betreten wird. Und sie wird von zigtausenden Flughunden bewohnt. Letztere vermutet man als natürlichen Wirten der Familie der Filoviren. Richard Preston beschreibt nicht nur die Schönheit der Höhle, sondern auch eine beklemmende wissenschaftliche Expedition auf der Suche nach dem Virus. Stephen King hat recht. Man kann Horror kaum besser schreiben als Richard Preston in diesem journalistisch aufwändig recherchierten Tatsachenroman.