Erstellt am: 27. 7. 2014 - 12:01 Uhr
Protest für den Protest
In Wien herrscht Hochsaison für Demos. Am späten Samstagnachmittag ziehen neben zahlreichen Touristen kleine Gruppen an Demonstranten mit Flaggen durch die Kärntner Straße. Eine pro-israelische und eine anti-israelische Demo sind gerade zu Ende gegangen und schon geht die nächste los.
Rund um die Pestsäule treffen sich ungefähr 2.000 Menschen, um ein Zeichen gegen das Urteil gegen Josef S. zu setzen. „Wir sind gegen die Kriminalisierung von Anti-Faschismus“, sagt ein Demonstrant.
Ein kleiner Unruhestifter
Bevor die Teilnehmer den Graben verlassen, um auf der Route zu marschieren, auf der auch Josef S. bei der Demo gegen den WKR-Ball marschiert ist, werden die üblichen Vorkehrungen getroffen. Über das Megafon wird eine Rechtshilfenummer durchgesagt und noch mal erklärt, was man machen muss, wenn es Stress mit der Polizei gibt.
Die Exekutive ist zahlreich vertreten und beobachtet besonders genau das Geschehen an der Spitze des Zuges. Ein kleiner schwarzer Block führt den Demonstrationszug an. In den Gassen der Wiener Innenstadt hallen klassische Antifa-Slogans wie „Siamo Tutti Antifascisti“ (Wir sind alle Antifaschisten).
Bei der Kundgebung vor der Polizeistation am Hof gibt es kurze aufgeheizte Momente. Ein Mann schreit einige Demonstranten an und versucht ihnen die Plakate aus den Händen zu reißen. Die Polizisten schreiten ein und entfernen den Mann vom Demonstrationszug.
Friedlich, aber wütend
Mehr dazu
- "Ein massives rechtsstaatliches Problem": Heinz Patzelt von Amnesty International zum Delikt "Landfriedensbruch", dem Urteil gegen Josef S., den Prozessverlauf und die internationalen Reaktionen.
- Schuldspruch für #JosefS: Der 23-Jährige aus Jena, der seit der Demonstration gegen den Akademikerball Ende Jänner in U-Haft saß, ist zu 12 Monaten Haft verurteilt worden, davon 8 Monate bedingt.
Die Demo bleibt friedlich. Polizeigewalt, zerschlagene Scheiben und Ausschreitungen gibt es nicht, aber die Demonstranten sind wütend. „Das geht schon seit 2008 so. Zuerst mit den Fußballfans und heute wird es auf alle Demonstrationen ausgeweitet“ erzählt ein Demonstrant. Auf die Frage, wie sich diese Urteile auf die Demonstrationskultur in Österreich auswirken könnten, gibt es verschiedene Antworten. Manche rechnen mit einer Radikalisierung der Protestmärsche, andere hingegen hoffen, dass die Menschen nicht eingeschüchtert werden und einfach weiterhin auf die Straßen gehen.
Die große Beteiligung an der Demo zeigt aber, dass sich die Leute nicht einschüchtern lassen. Ganz im Gegenteil: Statt baden zu gehen, wird an einem heißen Sommertag demonstriert.
Bei der Schlusskundgebung wird nicht nur das Urteil kritisiert, sondern auch der Umgang der Exekutive mit zivilem Ungehorsam und die Haftbedingungen. Die Reaktion auf die Verurteilung von Josef S. macht Hoffnung und ist wohl das beste Mittel, damit in Zukunft sich solche Urteile nicht wiederholen.