Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Beim Wetter-Roulette gewinnt die Sonne"

Susi Ondrušová

Preview / Review

26. 7. 2014 - 11:06

Beim Wetter-Roulette gewinnt die Sonne

... auf der Bühne gewinnt Frank Turner. Der erste Tag am Acoustic Lakeside Festival.

Ich brauch nicht viel zum Glücklich-Sein, aber nur eine Tageszeitung (wahlweise Außenpolitik oder jede andere Rubrik) aufzuschlagen, um unglücklich zu sein. Das ist meine Welt. Das Schlimmste, was mir gestern jedenfalls passiert ist, war, dass ich eine Seifenblase verschluckt hab. Das Schönste, dass ich am Sonnegger See das Acoustic Lakeside Festival besucht hab. Ja, genau den ganzen Tag. Uneingeschränkt nur gute Sachen erlebt.

Ondrusova

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Aber von Anfang an: Die Festivalpässe für dieses Kärntner Wunder-Festival sind seit März ausverkauft. Das gute Booking, der gute Ruf des Festivals und treue Fans sind daran schuld. Stell dir vor, du liegst am See und vor dir spielt deine Lieblingsband. Alle wollen eine gute Zeit mit guter Musik. Klar, das ist doch das Motto aller Festivals, aber die Umsetzung und die menschlichen Dynamiken sind von Festival zu Festival verschieden. Am Sonnegger See passt alles.

Ondrusova

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Davon konnte sich die FM4-Video-Delegation und meine Wenigkeit schon beim Abwandern des Campingplatzes überzeugen.

Ondrusova

Daniel Grabner hatte für die neue Folge von „Ich Tu Festival“ die Aufgabe gestellt bekommen, ein Floß zu bauen, um den See zu überqueren. Kann sich noch wer an McGyver erinnern? Ja, so hat sich das ein wenig angefühlt. Luftmatratze zu nehmen wär zu langweilig und einfach, es wurden Plastikflaschen gesammelt, eine Rettungsboje ausgeborgt, ein Müllsack aufgeblasen und überhaupt mit Gaffer kann man so einiges anstellen. Wenn einen dann noch die Wasserrettung anfeuert: Was kann da schiefgehen? Vielleicht die Balance? Wie das Video-Ergebnis ausschaut, werdet ihr noch zu sehen bekommen. Auf den Soundtrack der „Ich Tu Festival“-Folge haben wir uns jedenfalls schon auf der Fahrt geeinigt: „Swim Until You Cant See Land“ von Frightened Rabbit. Naheliegend oder?

Ondrusova

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Eröffnet wurde das Festival gestern vom Gösselsdorfer Trio, sie standen auf der Wiese des Bühnengeländes und schauten Richtung Hauptbühne. Ich habe es wieder mal geschafft Farewell Dear Ghost zu versäumen, was schon eine blöde Leistung ist, aber man sieht Arbeitskollegen, die ein Floß bauen, einfach noch seltener als diese Band-Formation. Es gab ein Wiedersehen mit den freundlichen und gutgelaunten Elwins, die nach getaner Gig-Arbeit alles über österreichische Dessert-Kultur wissen wollten. Schließlich haben sie noch zwei Österreich-Termine nächste Woche vor sich, da muss man sich halt gut informieren um die kanadisch-österreichischen Beziehungen zu pflegen.

Ich bin gefragt worden, wie viel Festivals ich heuer schon besucht hab und ob es denn nicht anstrengend ist, immer auf Festivals zu arbeiten, ich erkläre, wenn pro Festivalarbeitsausflug mindestens eine Lieblingsband dabei ist, dann rechnet sich alles. Hier hab ich gleich mehrere auf einem Fleck: zum Beispiel Frightened Rabbit. Ich langjärhiger Fan, der sie das erste Mal 2009 in Glasgow gesehen hab. Ein Zufall und ein Glück, sie haben als Vorband einer längst vergessenen schwedischen Band gespielt. Frightened Rabbits letztes Album „Pedestrian Verse“ ist, was die play counts im Musikabspielgerät anbelangt, noch immer in meinen Top 5 zu finden. Am Acoustic Lakeside Festival ist Scott Hutchison alleine aufgetreten, im August veröffentlicht er unter dem Namen Owl John sein erstes Soloalbum. Beim Auftritt hat er wider Erwarten keines der neuen Songs gespielt, sondern höflich die Songwünsche des Publikums erfüllt. Nach einer 12-Stunden-Anreise für diesen Gig blieb einfach nicht genug Zeit für eine Setlist. Mein Lieblingssong “Modern Leper“ war nicht dabei. Das hatte einen guten Grund: Den Song hat sich Frank Turner reserviert.

  • www.acousticlakeside.com
  • Mit Daniel Grabner auf zu neuen Ufern: Das Acoustic Lakeside Festival hat einen See und den galt es zu bezwingen. "Ich tu Festival" - Folge 6 mit jeder Menge akustischer Gitarren und einem selbst gebauten Floß.

Der britische Musiker, dessen Herz für Hardcore-Punk schlägt, hat Frightened Rabbit vor einigen Jahren im Festivalzirkus kennengelernt und liebt diesen Song. Beim Konzert haben sie ihn erstmals gemeinsam performt, sehr zur Freude der ersten Reihen, die lauthals mitgesungen haben. Immer ein Barometer für zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein: Chöre. Von denen hat's hier gestern sehr viel gegeben. Und Menschen, die wahlweise auf Schultern ihrer Begleiter sitzen oder Crowd surfen. Wenn selbst bei einer Ballade wie Frank Turners „The Way I Tend To Be“ vereinzelte Menschen über die Menge getragen werden, dann stimmt die kollektive Endorphin-Ausschüttung. Nach dem Konzert gab es noch ein Frattellis Konzert. Wenn ich das meinen schottischen Freunden erzähle, dass die Fratellis der Hauptact vor Frightened Rabbit waren, werden sie mir das nie glauben, aber sie waren schließlich bandmitgliedertechnisch in der Überzahl. Aber was soll man schon mit Hierarchien anfangen. Kleine Festivals (=2.500 Besucherinnen) sind schließlich erfunden worden, damit alle Bands in gleicher Schriftgröße auf den Plakaten Platz haben, oder? Da kann man schon mal das Ende des Headliner-Konzertes versäumen.

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Bromance

Warum ich die Fratellis Show noch verpasst habe: Ein gemeinsames Interview zwischen Frank Turner und Scott Hutchison musste noch geführt werden. Wobei ich da eigentlich nur als Mikrofonständer agierte, weil die beiden sich so viel in punkto Bandgeschichte, Mainstream-Werdung, Akzeptanz der Fans und Majorlabel-Politik zu sagen hatten. Ich solle das Interview doch roh ins Internet stellen, meinen beide. Wenigstens für Scotts Mutter, die würde das gerne hören. Das mach ich noch, das mach ich noch, wenn die Festivalsaison abklingt und das Soloalbum erscheint. Davor gibt’s noch mehr aktuelle Highlights: zum Beispiel die FM4 Sandkiste, die heute am Festivalgelände veranstaltet wird. FM4 Hörerinnen und Festivalbesucherinnen treten gegen die auftretenden Bands an. Das kommt morgen auf die Titelseite meiner Blog-Zeitung hier.

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