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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

23. 7. 2014 - 06:11

Weiße Fahnen über New York

Gründe, warum die laut einer aktuellen Umfrage "traurigste Stadt" der USA kapituliert, gäbe es derzeit genug. Dennoch muss man nicht gleich alle Hoffnungen fahren lassen.

Noch hat sich niemand zur Umflaggung bekannt. Noch rätselt die Polizei, wer hinter dieser mysteriösen Aktion steckt und wie die zwei weißen Flaggen - vorbei am Überwachungssystem des NYPD - rauf auf die Türme der Brooklyn Bridge geschmuggelt werden konnten.

Weiße Flaggen auf der Broolyn Bridge

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Alles, was die Cops wissen, ist, dass eine Gruppe von zwei bis vier Personen in der Nacht auf Dienstag zunächst die Trägerscheinwerfer des berühmten New Yorker Wahrzeichens abgedeckt hat, mit Wegwerf-Aluminiumpfannen. Die Unbekannten sind dann geübt über ein Kabel in den Nachthimmel zwischen Brooklyn und Manhattan gestiegen. Das zeigen Bilder von Überwachungskameras. Wie aber wurden die Stammflaggen mit dem Stars-And-Stripes-Motiv, die dort normalerweie flattern, ausgetauscht? Oder hat man die Nationalfarben einfach mit Chemikalien ausgebleicht?

Ein politischer oder gar terroristischer Zusammenhang wird ausgeschlossen. Der blamierte NYPD-Vize John Miller meinte in einer Pressekonferenz, dass es sich wohl um eine "künstlerische Aktion" handeln würde oder jemand "einfach ein Statement machen wollte". And what a statement it is! Mich erinnern die Flaggen an Projektionsflächen, ähnlich wie jene von Christo und Jeanne-Claude, die vor einigen Jahren hunderte Fahnentore in den Central Park installierten. Nur, dass die Aktion auf der Brooklyn Bridge wesentlich spektakulärer anmutet. Immerhin geht es um die sonst sakrosankte US-Flagge, dem patriotischen Symbol schlechthin.

Aliens? Pranksters? Betrunkene?

Natürlich schießen nun die Spekulation im Boulevard und den Sozialen Medien hoch. Einigkeit herrscht bei professionellen und privaten Fahndern darüber, dass die weißen Flaggen "Kapitulation" bedeuten.

Wenn man sich vor Augen führt, wie unrühmlich das NYPD vor einigen Tagen wieder einmal in die Schlagzeilen geraten ist - der Asthmatiker und Familienvater Eric Garner starb nach einer Amtshandlung offenbar an den Folgen eines illegal praktizierten Würgegriffes - und den menschenverachtenden Plan, an der Hinterseite von Neubauten Extra-Eingänge für ärmere Bewohner zu schaffen, um die Wohlhabenden nicht mit deren Existenz zu konfrontieren, dann möchte man dieser Kapitulationstheorie gerne Glauben schenken. Dazu passend will eine Umfrage festgestellt haben, dass New York aktuell die "traurigste Stadt" der USA ist. Was würde wohl good ol' Frankie Boy dazu sagen beziehungsweise croonen? Oder Mr. Bacharach?

Man kann in den weißen Flaggen zwischen den Ufern des East River aber auch einen Hoffnungsschimmer ausmachen. Wer in seiner Kindheit brav alle Winnetou-Filme gesehen hat, weiß, dass das bleichgesichtige Tuch nicht nur Aufgabe signalisiert, sondern auch friedliche Absicht. Und Frieden, den wünschen wir uns doch derzeit hoffentlich alle. Schade eigentlich, dass die Flaggen schon wieder abmontiert wurden.

Nachtrag

Weiße Fahnen über Brooklyn

Matt Rock

Die Titelseite der New York Post von heute Mittwoch hat schon einen schätzomativen Täterkreis ausgemacht. Ein bisschen redundant zwar, aber wir wissen, die Träger des H-Wortes sind an allem schuld.