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Alex Wagner

Zwischen Pflicht und Kür

20. 7. 2014 - 10:58

Da am Monopool

Es wird wieder aufgetischt: Gin Ga als Aperitiv, Bonaparte als Hauptspeise und die Shout Out Louds zum Dessert. Tag zwei beim FM4 Wochenende am Poolbar Festival in Feldkirch.

Festivalradio

Unterwegs in Österreich und im Ausland: das ist dein Festivalsommer auf FM4

Die Sonne knallt, das Bier auch, von der Snare Drum gar nicht erst zu sprechen. Obendrauf gibt´s schönste Bauarbeiter-Bräune Freihaus und die Natur-Dampfsauna wird angeschmissen. Draußen heißt's schwitzen in der Hitz´n, drinnen nur sitzen. Einsitzen um genau zu sein.

Etwa hundert Meter Luftlinie entfernt von der Poolbar Open Air-Bühne, hinter hohen, mit Stacheldraht befestigten Mauern, befindet sich die Justizanstalt Feldkirch. Vier bis sechs Mal pro Jahr gibt es für die Häftlinge Konzerte in der JVA. Und an diesem Wochenende zusätzlich Poolbar auf der Wiese. Ob die Insassen Gefallen an der Live-Musik finden oder aufgrund der Dauerbeschallung im Dreieck springen, kann ich nicht sagen. Ich hoffe aber auf ersteres. Wirklich.

Vertigo eröffnet den zweiten Tag beim FM4 Wochenende am Poolbar Festival. Die Vorarlberger haben quasi Heimspiel und einen Trupp Hardcore-Fans mitgebracht, die sich vor der Bühne tummeln.

JVA Feldkirch

FM4 / Alex Wagner

Licht und Schatten

Erster Gang: Poolenta
Tag Eins am FM4 Wochenende beim Poolbar Festival, mit Steaming Satellites, Cody ChesnuTT, Booka Shade.

Die Sonne brennt eine Schneise durch das Open Air-Gelände. Die meisten versuchen, unter den Wipfeln der herumstehenden Bäume der stechenden Hitze zu entkommen. Nur die Hartgesottenen wagen sich vor, zu Gin Ga ins gleißende Licht. Sänger Alex hat gewettet, dass die Sonne nicht auf die Bühne scheinen wird. Wette verloren, Wetteinsatz unbekannt. Auch der Versuch, mit dichten Nebelwänden die Strahlen zu bezwingen, scheiterte. Now is this all you have been waiting for?

Obwohl Gin Ga im Oktober ihr aktuelles Album "Yes/No" herausgebracht haben, ist das Set bei der Poolbar durchmischt mit vielen älteren Songs. Alpenecho wird eingefordert und die Berge im Publikum stimmen an. Die Festivaleros zeigen sich nicht nur bei den Hits "Golden Boy" und "Dancer" textsicher. Sehr eingespielt das ganze, Band und Publikum ergeben eine gut abgeschmeckte Melange mit Milchschaumhäubchen obendrauf. Gegen Ende des Konzerts wird - wieder einmal - der Eurodance-Song "No Limit" gecovert, die erste CD des Sängers. Gingantisch.

Bonaparty

Man soll das Künstlerkollektiv Bonaparte nicht immer nach seiner Crazyness beurteilen. Nicht immer an Katzenmasken denken, an TänzerInnen und, heute, drei riesenhafte Spiegel auf der Bühne, denn sie sind, bei ihrem Poolbar-Gig an diesem Abend etwa bei "Fly a plane into me" oder "Boykott everything" und eigentlich beim größten Teil des Sets, zuallererst eine Band, nämlich eine Punkband, die einfach viele übersprudelnde Ideen hat.

Ihre Songs leben von einem dringlichen Schlagzeugbeat, von drei Gitarrenriffs, Synthesizer-Akzenten und den unzähligen Hooklines, die Sänger Tobias Jundt im Sekundentakt herausschleudert. Ohrwürmer einer Lo-Fi-Bohème, dies mit so wenigen Mitteln und einer solchen Präsenz zu schaffen, ist die große Kunst von Bonaparte. Die Exzentrik und Freigeistigkeit der Band ist auf der Bühne, anders als man sich das in der Theorie möglicherweise vorgestellt hat, eine ungezwungene, die rebellischen Gesten sowohl authentisch als auch konzeptuell und augenzwinkernd, denn Platz für einen doppelten Boden ist immer noch. "I’m so sweet I could eat my selfie", das Publikum tobt zu Recht.

Loud, loud, loud

Die Shout Out Louds sind nicht zum ersten Mal in der Poolbar. 2007 waren sie bereits in Feldkirch, im letzten Jahr, und eben gestern Abend als Headliner. Wenn man die Band mit einem Wort beschreiben müsste, wäre es "souverän". Vielleicht hat der eine oder die andere bereits vergessen, welche Ohrwürmer uns die fünf Schweden nicht schon besorgt haben. Gestern Abend gab es eine kleine Gedächtnisstütze. "What a great crowd", lobt Adam Olenius das Publikum, und recht hat er. Da werden Festivalbesucher_innen auf die Schulter genommen, damit sie besser sehen können, es wird mitgetanzt, geschunkelt und applaudiert.

Fotos von Matthias Rhomberg, rhomberg.cc

"Popmusik ist vor allem eine Stimmung, ein Gefühl. Wenn du glücklich bist, kannst du durch sie noch glücklicher werden, wenn es dir schlecht geht, kann sie dich entweder aufheitern oder noch mehr runterziehen, ganz wie du willst. Das ist es, was Popmusik für mich kann", meint die Shout Out Louds-Keyboarderin Bebban Stenborg im Gespräch mit Katharina Seidler.

Vorarlberg, es hat sich wieder mal gelohnt. Gut gemacht. Danke für die vielen netten Menschen hier und für das Festival mit Familyflair. Das FM4 Wochenende ist zwar vorbei, aber das Poolbar Festival geht noch munter weiter. Am Dienstag bereits mit Anna Calvi, Maximo Park, Wallis Bird und Fink schauen später auch noch vorbei. Das vollständige Programm gibt es hier.