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Katharina Seidler

Raschelnde Buchseiten und ratternde Beats, von Glitzerkugeln und Laserlichtern: Geschichten aus der Discommunity.

19. 7. 2014 - 13:57

Erster Gang: Poolenta

Sonne, Sonne, Sonne, Steaming Satellites, Cody ChesnuTT, Booka Shade: FM4 goes Poolbar Festival und es sieht gut aus.

Festivalradio

Unterwegs in Österreich und im Ausland: das ist dein Festivalsommer auf FM4

Wer weiter oben steht, ist der Sonne näher, dies als mögliche Erklärung für die ungetrübte, unglaubliche Hitze, die das Illtal in den Vorarlberger Bergen an diesem Nachmittag erfüllt. Viele Menschen sind wahrscheinlich noch in aquamarinfarbenen Flüssen schwimmen, als kurz nach 17 Uhr die Dornbirner Folk-Crossover-Band Armoni auf die Bühne kommt. Diese Bühne befindet sich heuer erstmals an zwei Poolbar-Festivaltagen vor dem Alten Hallenbad, diesem wunderschön umgebauten Schwimmbadgebäude auf der saftigen Wiese neben dem Fluss.

Da am Monopool
Tag zwei beim FM4 Wochenende am Poolbar Festival in Feldkirch: Gin Ga als Aperitiv, Bonaparte als Hauptspeise und die Shout Out Louds zum Dessert.

Steaming Satellites

Einmal so einen Song wie "How Dare You" schreiben, das reicht bei vielen Bands für eine ganze Karriere. Es wurde an anderer Stelle bereits gesagt, der Track veredelt nicht nur den Showdown des Superthrillers "Das finstere Tal", er würde mit seinen Synthkreiseln, der Drumklimax und Sänger Max Borchardts markanter Stimme auch ohne die Bilder der Filmszenen funktionieren. Es fügt sich hier alles zusammen, was die Salzburger Band ausmacht, das Hymnische ihrer Songs wie die Verknüpfung oldschooliger Rock-Ästhetiken mit atmosphärischer Elektronik, die man auch auf den Songs des aktuellen, im Februar diesen Jahres erschienenen Albums "Slipstream" ausmachen kann.

Im Publikum mit dabei war auch der wohl jüngste Fan der Steaming Satellites. Mit rosa Ohrschützern und sicher im Arm der Mutter durfte die Tochter von Schlagzeuger Matthäus Weber zum ersten Mal ihrem Papa bei der Arbeit zuschauen. Wie gut, dass der Tourbus, der auf der Hinfahrt zum Festival von der Polizei gewogen und für zu schwer befunden wurde, durch Strafzahlung und Verhandlungsgeschick doch noch hier bei der Poolbar angekommen ist.

Cody ChesnuTT

Poolbar Festival

Das Poolbar Festival geht auch außerhalb des FM4 Wochenendes am 18. und 19. Juli 2014 munter weiter. Das vollständige Programm steht hier

Die Sonne lässt allmählich Gnade walten und rutscht weiter horizontwärts, als Cody ChesnuTT mit seiner vierköpfigen Band auf die Bühne kommt. Es duftet nach Wald und Grill, die Bäume werfen Schatten, die Besucher strömen nach vorne. Are you ready to sing, Poolbar? Während seines ausführlichen Sets wird Cody ChesnuTT das Publikum zum Klatschen und Schnippen bringen, wird Feldkirch als "Field of Church" neu erfinden und die "No Turning Back"-Chöre seines Tracks "Everybody's Brother" fast in einen Gospel verwandeln. Eine Geschichte und Message hat der Song auch noch:

I used to smoke crack back in the day
I used to gamble with money and lose
I used to talk to nice ladies, used to swim through friends
But now I’m teaching kids in Sunday school and I’m not turning back

Überhaupt scheint die Musik von Cody ChesnuTT, heute mit blauem Helm auf der Bühne, viel Autobiographisches zu enthalten; er ist außerdem in Plauderstimmung und sinniert über die Kulisse, die Poolbar, das Jazzfest Wien, in dessen Rahmen er neulich auf der Bühne der Staatsoper stand und das Leben so ganz allgemein, während die Band gutgelaunten Funk improvisiert. Die Reise einer Besucherin, die spontan aus ihrem Urlaub in München zur Poolbar angereist ist, als sie gehört hat, dass sie nach jahrelangem Fansein endlich die Gelegenheit haben würde, Cody ChesnuTT live zu sehen, hat sich jedenfalls ausgezahlt, auch ohne "The Seed" oder "Look Good In Leather" in der Liveversion.

Booka Shade

Es war im Juli 2004, als mit "Vertigo" die erste Single aus dem ersten Booka-Shade-Album "Memento" ausgekoppelt wurde. In den vergangenen zehn Jahren wurden Arno Kammermeier und Walter Merziger vom mehr oder weniger improvisierenden Produzenten-Duo zum weltweit gefeierten Headliner-Act und touren zwischen dem Brasilianischen Regenwald, Ibiza, Russland und Australien hin und her. Spätere Hits wie "Mandarine Girl" und "Body Language", ebenfalls erschienen auf ihrem damals erst kurz zuvor gegründeten Label Get Physical, haben den Test der Zeit ebenso überstanden wie die zwei Musiker mit ihren mittlerweile fünf Alben, zahlreichen Singles und einer Unzahl an Remixes für Kaliber von Moby bis Depeche Mode oder Kings of Leon.

Mit ihrer Liveshow sind die zwei Berliner in etwa so weit entfernt vom oft üblichen Produzenten-Liveset wie Feldkirch von Wien, mit ein paar Bergen dazwischen. Arno Kammermeier drischt auf das Schlagzeug und manipuliert seine Beats mittels allerlei Effektgeräte, während Walter Merziger zwischen einer Handvoll Synthesizern und zwei Computern steht und die Hooklines seiner Tracks in die Tasten haut. Die Instrumente und Zwischenansagen, das Abklatschen mit dem Publikum und die Pausen zwischen den Tracks bewegen das Ganze ebenso vom Set zum Konzert wie vor allem das Grinsen der Protagonisten, wenn die Hookline droppt und die Hände und Handys vor der Bühne in die Höhe schnellen. Auch nach zehn Jahren ist hier noch nichts zur Pose versteift, die Drumsticks fliegen in die Menge.

Fotos von Matthias Rhomberg, rhomberg.cc

Ones to watch am Samstag beim FM4 Wochenende in der Poolbar unter anderem: Gin Ga, Bonaparte, Shout Out Louds.