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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

13. 7. 2014 - 19:41

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 82.

Das große Finale, Hermanos gegen Germanos, wird eine in jeder Hinsicht unerwartete Partie mit dem dann doch erwarteten Ausgang #GERvsARG

Das ist das WM-Journal '14, die einzige seit Jahren schon live unternommene strategisch-taktische Einschätzung der Matches in Österreich.

Die Gesamtübersicht.

SF1: Brasilien - Deutschland
SF2: Niederlande - Argentinien

VF2: Brasilien - Kolumbien
VF3: Argentinien - Belgien

AF6: Deutschland - Algerien
AF7: Argentinien - Schweiz

Deutschland in der Gruppe: gegen Portugal , gegen Ghana und gegen USA.

Argentinien in der Gruppe: gegen Bosnien, den Iran und schließlich Nigeria

Das WM-Journal ist Teil des daily blumenau, das seit Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst hat. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Das WM-Ranking:
1. Deutschland
2. Argentinien
3. Niederlande
4. Brasilien
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5. Kolumbien
6. Belgien
7. Frankreich
8. Costa Rica
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9. Chile
10. Mexiko
11. Schweiz
12. Uruguay
13. Algerien
14. Griechenland
15. USA
16. Nigeria
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17. Ecuador
18. Portugal
19. Bosnien
20. Kroatien
21. Cote d'Ivoire
22. Italien
23. Spanien
24. Russland
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25. Ghana
26. England
27. Südkorea
28. Iran
29. Japan
30. Australien
31. Honduras
32. Kamerun

Deutschland ist als Weltmeister. Nicht unverdient.
Warum das gut ist und auch schlecht, steht hier und dem ist nichts hinzuzufügen.

Argentinien war ein würdiger Finalist, und das mit der besten Turnierleistung. Messi war nicht gut genug um mit seinem okayen Team ein doch deutlich Besseres zu überwinden. Argentinien war ebenso wie Brasilien jahrgangstechnisch nicht reif genug um die aktuell beste europäische Mannschaft zu schlagen, wie zuletzt auch schon 2010.

Es ist der erste europäische Weltmeister in der neuen Welt; es ist nicht der Beginn und auch nicht das Ende einer Ära, es ist eine Krönung mittendrin. Deutschland verdient das seit 2006.

Es war nicht das Spiel der vier für den MVP nominierten, nicht das von Lahm, Hummels, Kroos und Müller. Es war das Finale von Boateng, Höwedes, Schweinsteiger und Schürrle. Letztlich ist es aber in erster Linie der Titel von Lahm, Schweinsteiger, Mertesacker, Podolski und Klose, der Grundstock der Mannschaft seit 2006.

Torschützenkönig ist James Rodriguez aus Kolumbien vor Thomas Müller und Messi, Neymar und Van Persie auf Platz 3. Den goldenen Handschuh als bester Keeper gewinnt Manuel Neuer. Den goldenen Ball als MVP bekommt Lionel Messi und es ist ihm eher egal. Und eine falsche Entscheidung, da war etwa Mascherano deutlich wertvoller. Andererseits: alles besser als Robben; oder Müller. Die wurden nur 3. bzw 2. Bei Deutschland stach keiner so heraus, dass man sich einigen konnte. Toni Kroos hat es womöglich durch ein schlechtes Finalspiel verkackt, Neymar hat die schlechte Leistung der Kollegen um die Chance gebracht.

Best Young Player wurde nicht Memphis Depay sondern Paul Pogba, den FairPlay-Award bekommt Kolumbien.

Fehlt nur noch (nachgereicht) das offizielle All-Star-Team der WM: Neuer; Lahm, Hummels, David Luiz, Rojo; Robben, Schweinsteiger, Toni Kroos, James Rodríguez; Messi, Thomas Müller. Allstar-Coach ist Joachim Löw.
Ich möchte dazu noch Navas, Garay, Giancarlo González, Vlaar, Daley Blind, Mascherano, Di Maria und Neymar auf die Bank setzen.

Und das ist also die Verlängerung

Und gleich der erste Angriff bringt fast das 1:0: Schürrle scheitert nach einem guten Angriff über links an Romero. Die argentinischen Gegenstöße sind, sofern sie messifrei stattfinden, nicht so sonderlich gefährlich. Allerdings steht Argentinien defensiv jetzt nur noch 4-3-3 mit allen drei Angreifern in Lauerstellung - man will in der Verlängerung also ein Kontertor machen.

Deutschland spielt Powerplay, haut jetzt (bei aller gebotenen Vorsicht) alles was geht nach vorne. Schweinsteiger ist allerdings merklich am Ende. Gegen Ende der 1. Verlängerungs-Halbzeit bricht die deutsche Offensive wieder ein.

Palacio springt ein von Hummels unterschätzter und so überraschend ankommender Flankenball von Rojo zu weit weg um Neuer zu überheben (97.) - kein Matchball.

Halbzeit 2

Schweinsteiger liegt nur noch am Boden herum. Löw will ihn aber nicht wechseln, das hatten wir schon einmal, so wichtig ist ihm die Präsenz seines Leaders. Schweini blutet, nach einem Zusammenstoß mit Agüero, dann rasseln Demichelis und Müller zusammen. 2 Großkreutz wird kommen, aber nicht für den getackerten Schweinsteiger. An Spielfluss ist in diesem Spielteil nicht zu denken, es wird gezerrt und geschoben.

Und dann eine unerwartete Aktion aus dem Nichts, Schürrle geht über links durch (113.) und seinen Cross verwertet der in der Mitte alleingelassene Götze aus spitzem Winkel zum 1:0. Erinnert an das Schürrle-Tor gegen Algerien, in vielerlei Hinsicht.

118.: tatsächlich sorgt ein Kopfball von Messi noch für ein bissl Gefahr. Es kommt nun 17 Mertesacker nicht Großkreutz, für 8 Özil (120.); und dann noch ein Messi-Freistoß in der Nachspielzeit und das wars dann.

Heftiges Ringen in der Schlussphase, ohne volles Risiko

Bei Deutschland ist Kroos, seit er in die Defensive musste, aus dem Spiel draußen. Özil, jetzt an seiner Stelle, setzt seine bescheidene WM-Form fort. In Minute 71 sehe ich die erste dieser zentralen passsicheren deutschen Ballfolgen, das stilprägende Merkmal ihres Spiels - sie misslingt zwar, aber die Möglichkeit ist da.

Messi rackert heute unendlich viel mehr als im gesamten Tunrier bisher, holt sich Bälle auf der Seite, geht ins Zentrum, sucht jede Lücke und jede Chance - sieht also aus wie ein echtes Team-Mitglied.

Sabella bringt 18 Palacio, wohl für den unglücklichen Higuain. Und so ist es dann auch in Minute 78. Und direkt danach ergibt sich eine zufällige Überzahl-Chance für Argentinien/Messi, die Neuer bereinigt. Die Szenen danach gehören einem deutschen Powerplay, das aber ein wenig konfus organisiert wirkt. Argentinien hängt durch, zehn Minuten vor dem Ende, erfängt sich danach aber wieder, setzt wieder Gegenstöße.

Ich frage mich trotzdem, ob eines der beiden Teams jetzt noch eine wirklich riskante Attacke reiten würde.

Gago kommt. Das heißt: Di Maria ist so schwer verletzt dass er nicht spielen kann. Und dass Sabella sein Team defensiv stabilisieren will. 5 Gago (88.) für 8 Perez. Das ist eine Umstellung aufs gute alte 4-3-3, mit einer Dreier-Defensive, Gago und Biglia flankieren Mascherano. Vorne spielen Agüero und Palacio vor Messi. Das ist das System, das immer erwartet wurde und erstaunlich wenig oft kam.

19 Götze kommt, 90., für 11 Klose. Das war's wohl für den Alltime-WM-Torschützenkönig, Rücktritt wäre logisch. Löw bleibt noch ein Wechsel, Sabella ist durch.

Mit Halbzeit 2 beginnt wieder der Ernst des Lebens

Der gerade wiedergenesene 20 Agüero kommt für den sehr guten 22 Lavezzi, der nicht vollfit ins Spiel ging.

Die Blauen starten wieder gut, Deutschland sieht einige Minuten lang gar kein Land. Und in Minute 47 vergibt Messi nach einem exzellenten Durchstecker-Pass ganz ganz knapp. Messi führt die zeitweilige Druckphase als Leader an - auch überraschend.

Deutschland muss heute auch offensiv öfter im 4-2-3-1 stehen, als Löw lieb sein kann - so wie gegen Brasilien einen der Sechser permanent mit nach vorne zu schieben, das spielt es gegen Argentinien nicht. Und das schnelle deutsche Umschaltspiel wird sowieso verhindert.

In Minute 56 checkt Neuer (im Strafraum) Higuain mit dem Knie nieder, während er oben den Ball wegboxt, tonischumacherstyle, arschlochmäßig. Danach erholt sich Deutschland und kommt wieder zu Gefahrenmomenten.

Halbzeit 2 fehlen bislang die wilden, wuchtigen Positiv-Momente der 1. Hälfte, alles wird ernster, verkniffener. Mascherano sieht in der 65. gelb (takt. Foul). Und eine Minute später sieht Agüero auch eine.

Durch die Hereinnahme von Agüero, besser durch die Abwesenheit von Lavezzi, ist das argentinische Flügelspiel ein wenig verkümmert. Agüero bespielt nominell die linke Flanke, zieht aber oft ins Zentrum. Und Perez, der nun hauptsächlich rechts agiert, wirkt deutlich defensiver als zuvor.

Halbzeit-Fazit

Alles ist anders als erwartet:
... es ist ein hochwertiges Rauf-und-Runter-Spiel, kein Rasenschach.
... es gibt keine abwartenden, sondern schnell dagegenstoßende Argentinier.
... es spielt nicht Khedira sondern No-Name-Kramer. Und der fällt dann groggy aus, weshalb Löw dann Kroos in die defensive Zentrale zurückziehen muss
... das nimmt die deutschen Favoriten mehr mit als sie selber erwartet hatten; und so klappt der eigene Spielaufbau dann nicht so gut.

Dass Messi zwei oder drei Läufe direkt gegen die Abwehr oder den Tormann bekommt, hat man in den letzten Spielen nicht gesehen: da war er entweder passiver oder besser aus dem Spiel genommen. Zudem sind auch Lavezzi und Higuain heute giftiger als zuletzt.

Erwartet ist einzig, dass die argentinische Abwehr sehr sicher und eng steht (zu viert mit zwei Verstärkungen) und wenig zulässt. Dass sich die deutsche Durchstecker-, Durchläufer- und Doppelpass-Kultur übers Zentrum nicht aufbauen kann, damit war eventuell auch zu rechnen.
Warum über die Flanken wenig Betrieb gemacht wird, ist nicht so gut erklärlich - auch deshalb kam Schürrle schon so früh.

Trotzdem sieht es weiter gut/besser für Deutschland aus - die werden noch zu einem Dutzend guter Chancen kommen. Argentinien hat hingegen schon drei, vier exquisite Tempo-Gegenstoßszenen verbraucht; und da ist nicht gesagt, dass die deutsche Defensive das auch weiter zulassen wird.

... nimmt ein eh schon tolles Spiel noch mehr Fahrt auf!

Perez und Lavezzi, die versetzt vor Mascherano und Biglia und deutlich hinter Messi und Higuain die Seiten besetzen, rochieren viel.
In Minute 28 hat Deutschland die beste Chance nach einer dieser halbhohen Halbflanken durch die Schnittstellen - Romero wehrt gut ab, eh egal, weil eh offside, aber ein Zeichen dass was geht (sowohl für die Offensive als auch für den Goalie).
Und kurz darauf die erste gelbe Karte für Schweinsteiger (taktisches Foul).
Und in Minute 30 schießt Higuain ein schönes Tor nach Lavezzi-Cross von rechts - war aber offside.

Dann muss Kramer raus, der völlig kaputt aussieht (Gehirnerschütterungsverdacht) - für ihn kommt 9 Schürrle, das ist ein Zeichen für noch mehr Offensive. Kroos wird neben Schweinsteiger zurückgehen, Özil geht in die Mitte, Schürrle nach links an die Flanke. Das ist die mutige Version dessen, was Löw da mit Kramer ein wenig verhalten hingesetzt hatte. Einerseits. Andererseits fällt Kroos so partiell für die Offensive aus; auch eine Schwächung.

Gelb für Höwedes in Minute 33 nach einem Ausheber-Foul. Probleme für das DFB-Team in der Defensive. Messi gelingt kurz darauf eines seiner gefürchteten Soli, man setzt den Gegner überraschend unter Druck, der deutsche Riese schwankt ein wenig.

Die Antwort ist dann deutlich: in Minute 37 die beste deutsche Chance nach einer guten Kombi für Schürrle, "Schwachstelle" Romero rettet wieder einmal. Und in Minute 40 läuft Messi dann mit dem Ball fast ins Tor, unglaubliche Szenen, für ein Finale, vor allem in einer ersten Halbzeit. Tolles Spiel jedenfalls, ein exzellenter Ablauf von wuchtigen und eindrücklichen Spielszenen; das schiere Gegenteil dessen, was viele erwartet hatten.

... aus dem Hintergrund müsste Kroos schießen! (44.) Tut er, aber nicht gut genug. Die letzten paar Minuten gehören wieder den Deutschen, die ihre Anwartschaft auf ein-Tor-jederzeit wahren. Mit einem Stangenkopfball von Höwedes nach einem Corner in der Nachspielzeit.

Halbzeit 1 und eine doch überraschend gute Anfangsphase

Der Ausfall von Khedira löst schon eine kleine Schockwelle aus: denn auf dieser Position gibt es keinen adäquaten Ersatz. Die Frage wird also sein: Was kann Kramer?
Die Antwort kommt schnell: Er spielt sofort zwei, drei gute Bälle und das sagt dass er nicht weiter zum Thema werden wird. Kramer spielt halblinks, meist leicht versetzt vorm halbrechten Schweinsteiger, als Verbinder zu Kroos in einem wieder sehr fluid wirkenden 4-2-3-1.

Argentinien steht klarer im 4-4-2 als jemals bisher; Mascherano teilt sich den Sechser-Job mit Biglia, anstatt allein vor den Innenverteidigern zu regieren. Defensiv baut die Albiceleste das teilweise bis hin zu einem 4-6-0 aus, selbst Messi ackert, sehr engmaschig.

Wie ich erwartet hatte: die Pfiff-Dichte gegen Deutschland ist höher als die gegen Argentinien. Oder zumindest gleichwertig. Von einem eindeutig parteiischen Publikum, das sich die deutsche Öffentlichkeit in einem Anfall von Selbstüberschätzung seiner Außenwirkung herbeiimaginiert hatte, keine Spur.

Guter offensiver Beginn von beiden: Deutschland kombiniert sich durch, Argentinien will dann Tempo-Gegenstöße nutzen. Und das gelingt in der ersten Viertelstunde beiden sehr gut. Es liegt in den Aktionen mehr Torgefahr in der Luft als in vielen bisherigen Spielen der beiden Teams bisher. Viele gute Flanken und Passes. Deutschland (noch) aktiver als erwartet, Argentinien deutlich bissiger als zu erwarten war.

In Minute 17 verletzt sich Kramer als ihn Rojo gegen Garays Schulter drückt. In Minute 21 köpft Kroos retour in die Abwehr, in den Lauf von Higuain, der allein vor Neuer diese 100%ige verschießt (auch weil er nicht mehr aufschaut) - ein kapitaler Fehler von Kroos, der sich nicht auswirkt.

Mitte der ersten Halbzeit ein schnelles Wort des Lobes: das ist ein offenes, gutes, qualitativ hochstehendes Spiel, von zwei Teams mit vergleichsweise offenem Visier geführt - in Anbetracht dessen, worum es geht. Und das ist, gerade für Finalspiele, keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil.

Die Aufstellungen

Deutschland spielt in weiß mit
1 Neuer, 16 Lahm (K), 20 Jérôme Boateng, 5 Hummels, 4 Höwedes; 7 Schweinsteiger, 23 Kramer; 13 Thomas Müller, 18 Toni Kroos, 8 Özil; 11 Klose

Breaking News (20.50): 6 Sami Khedira machen seine Wadenprobleme einen Strich durch die Finalrechnung, er wird durch Kramer ersetzt. Das kann ein Problem werden.

Most likely Einwechsler: 9 Schürrle, 19 Götze. Schon in der Startformation waren 19 Mertesacker und 10 Podolski. Verletzt ist 21 Mustafi. Ersatztorleute 22 Weidenfeller und 12 Zieler, für die Abwehr noch 2 Großkreutz, 3 Ginther und 15 Durm, fürs Mittelfeld noch 23 Kramer und 14 Draxler.

Argentinien spielt in blau und wie erwartet wie gehabt mit
1 Romero; 4 Zabaleta, 15 Demichelis, 2 Garay, 16 Rojo; 6 Biglia, 14 Mascherano; 8 Enzo Pérez, 9 Higuain, 10 Messi (K), 22 Lavezzi

Sowohl 7 Di Maria als auch 20 Agüero die beide verletzt waren/angeschlagen sind, beginnen also auf der Bank, werden aber wohl ins Spiel kommen. Weiters ist, je nach Spielverlauf mit 5 Gago, 11 Maxi Rodriguez oder 18 Palacio zu rechnen. Auch schon in der Startformation waren 17 Federico Fernández, 3 Campagnaro und 23 Basanta. Ersatztorleute sind 12 Orión und 21 Andújar, dazu kommen noch 13 Augusto Fernández und 19 Ricardo Álvarez.

Ort: Estádio Maracanã, Rio de Janeiro. Referee: Nicola Rizzoli aus Bologna, Italien. 4. Offizieller ist Vera aus Ecuador.

Dass das neutrale brasilianische Publikum die Hermanos auspfeiffen wird (zum einen, weil man Deutschland, gegen das man ausgeschieden ist, den Titel wünscht, zum anderen wegen der feindseligen Nachbarschaft) das wurde schon ab dem ersten Spiel der Albiceleste (auch im Maracana) angekündigt - und trat dann nie ein.

In der Torschützenliste führt James Rodriguez mit 6 Treffern vor Thomas Müller mit 5 und Messi mit 4 (wie auch Neymar und Van Persie), Schürrle hat 3, Klose, Kroos und Hummels 2.
Als bester Goalie steht Manuel Neuer wohl fest, als MVP des Turniers stehen neben James, Robben und Neymar auch noch Messi, Mascherano und Di Maria bzw Hummels, Lahm, Kroos und Müller auf der Shortlist; können also heute noch was drauflegen.

Was vor dem Match zu sagen ist

Es wird wohl keine speziellen Kniffe, Gags oder Überraschungen geben: beide Teams sind gläsern, auch schon vor dem Turnier, beide stehen zu ihren Systemen und werden sich nicht am Gegner orientieren. Wie auch bisher. Die leichten Variationen waren auf beiden Seiten internen Unsicherheiten geschuldet.

Dass Deutschland als klarer Favorit in das Match geht, können auch die vielen noblen Gesten des DFB nicht vergessen machen. Das Team von Joachim Löw hat sich - und das ist ebenso klischeehaft wie wahr - im Laufe des Turniers gesteigert, hat vor allem zu sich und seiner optimalen Passform gefunden. Das lässt sich anhand der Chronologie der Startformationen eh schön erkennen.

Argentiniens Steigerung ist auch vorhanden, aber deutlich schwerer wahrzunehmen. Nach einer Gruppen-Phase, in der man zwar nicht gegen-, aber eben nur neben- und nicht miteinander agierte, entdeckte man die Schönheit der Zusammenarbeit, spielte das aber höchst verhalten aus. Argentinien war in allen K-O-Spielen die Mannschaft, die die ungebrochene Sicherheit, eh noch das entscheidende Tor erzielen zu können, ausstrahlte - es aber dann auch schon einmal nicht umsetzen konnte.

Das ist aktuell der entscheidende Unterschied: Deutschland liefert, Argentinien behauptet es nur.

Kurz noch zum Personal: beim DFB-Team haben Neuer Kroos und Müller aktuell Überform, die Abwehr und Schweinsteiger und Khedira haben sich gefunden. Auch der als Schwachstelle geortete Linksverteidiger Höwedes war bislang stabil

Bei Argentinien organisiert Javier Mascherano acht Kollegen so, dass Lionel Messi alle Freiheiten kriegt. Der Abwehrverbund zeigte sich in der K.O.-Runde sehr stabil, und vor Mascherano war Angel Di Maria der wichtigste Mann, als Ergänzer von Messi, was Seiten- und Tempowahl, aber auch Präsenz betrifft. Sturmspitze Higuain hatte einige Momente, der Rest fällt ein wenig ab, was auch die vielen Wechsel erklärt.

Die bisherigen Line-Ups:

Deutschland begann wegen der nichtfitten Doppel-Sechs Khedira-Schweinsteiger mit einem ungewohnten 4-3-3 Der zusätzliche Mann hinter den Sechsern war Philip Lahm, geopfert wurde die Stoßspitze Klose. Funktioniert hat es nicht: die Dreier-Offensive hing in der Luft, und Lahm war tödlich verunsichert, was dann das Match gegen Ghana fast verlor. Zudem war die Vierer-Abwehr der gelernten Innenverteidiger nicht sonderlich spielstärkenaufbauend.

Das deutsche Starting-Lineup gegen Portugal und Ghana:
1 Neuer, 20 Jérôme Boateng, 17 Mertesacker 5 Hummels, 4 Höwedes; 6 Sami Khedira, 16 Lahm (K), 18 Toni Kroos; 8 Özil, 13 Thomas Müller, 19 Götze

Gegen die USA kam der halbfitte Schweinsteiger statt des halbfitten Khedira, dazu Podolski statt Götze: 1 Neuer, 20 Jérôme Boateng, 17 Mertesacker, 5 Hummels, 4 Höwedes; 18 Toni Kroos, 16 Lahm (K), 7 Schweinsteiger; 8 Özil, 13 Thomas Müller, 10 Podolski

Das Achtelfinale bestritt Löw mit 1 Neuer; 21 Mustafi, 17 Mertesacker, 20 Jérôme Boateng, 4 Höwedes; 18 Toni Kroos, 16 Lahm (K), 7 Schweinsteiger; 8 Özil, 13 Thomas Müller, 19 Götze - und auch als Löw in der Schlussphase Lahm wieder in die Abwehr zurückzog, blieb man beim 4-3-3.

Im Viertelfinale dann der Switchback: 1 Neuer, 16 Lahm (K), 20 Jérôme Boateng, 5 Hummels, 4 Höwedes; 6 Sami Khedira, 7 Schweinsteiger; 13 Thomas Müller, 18 Toni Kroos, 8 Özil; 11 Klose - das ist wieder das alte 4-2-3-1, mit Lahm außen. Khedira-Schweini hinter 3 offensiven im Mittelfeld und ganz vorne Klose.

Diese Aufstellung (ohne Mertesacker) war dann auch die des Halbfinales. Und wird wohl auch die des Finales sein.

Argentinien begann das Turnier mit einer Fünfer-Abwehr und einem wahnwitzig beschissenem 5-4-1 mit 1 Romero; 4 Zabaleta, 3 Campagnero, 17 Federico Fernandez, 2 Garay, 16 Rojo; 14 Mascherano; 11 Maxi Rodriguez, 10 Messi (K), 7 Di Maria; 20 Agüero.

Sabella gab dieses fürs argentinische Spiel völlig ungeeignete System aber in Halbzeit 2 auf und stellte auf das erwartete, geplante und geprobte 4-3-3 und das erwartete Stammpersonal um: 1 Romero; 4 Zabaleta, 17 Federico Fernandez, 2 Garay, 16 Rojo; 5 Gago, 14 Mascherano, 7 Di Maria; 9 Higuain, 10 Messi (K), 20 Agüero.

In Spiel 3 verletzte sich Agüero und wurde im Achtelfinale zuerst durch 22 Lavezzi, dann durch 18 Palacio ersetzt. Außerdem kam Basante für den gesperretn Rojo.

Im Viertelfinale kam zudem Demichelis für Fernandez und Biglia statt Gago: 1 Romero; 4 Zabaleta, 15 Demichelis, 2 Garay, 23 Basante; 6 Biglia, 14 Mascherano, 7 Di Maria; 9 Higuain, 10 Messi (K), 22 Lavezzi.

Im Semifinale musste Sabella auf den verletzten Angel Di Maria verzichten und stellte sein von der Variabilität von Di Maria getragenes 4-3-3 auf ein deutlich sichtbares 4-4-2 um, das im Offensivfall als 4-2-4 interpretierbar ist. Perez und Lavezzi besetzen darin die Seiten.

1 Romero; 4 Zabaleta, 15 Demichelis, 2 Garay, 16 Rojo; 6 Biglia, 14 Mascherano; 8 Enzo Perez, 9 Higuain, 10 Messi (K), 22 Lavezzi.

Fürs Finale könnte Di Maria zurückkommen; ich würde nicht damit rechnen.