Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Tommy Ramone 1952 - 2014"

Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

12. 7. 2014 - 19:57

Tommy Ramone 1952 - 2014

Der letzte der Ur-Ramones hat die Bühne verlassen.

"Nobody here was popular in Highschool" - Legs McNeil

Als ich 2003 ins East Village von Manhattan gezogen bin, konnte man sie noch ab und zu durch den Tompkins Square Park spazieren sehen: Richard Hell, Patti Smith oder Tommy Ramone; also die alte Garde des Punk, die den abgelebten und zugleich vitalen Ruf des Viertels und der ganzen Stadt lange Zeit und über die Musik hinaus mitgeprägt hatte. Für den Neuankömmling war die Ansicht dieser rolling stones natürlich Gabba Gabba Hey.

RIP Tommy Ramone

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Doch bereits damals war Tommy das letzte lebende Gründungsmitglied der Ramones in New York. Sänger Joey starb 2001 an den Folgen einer Krebserkrankung. Ein Jahr darauf Dee Dee (Bass) an einer Überdosis Heroin. Gitarrist Johnny lebte mittlerweile in LA. Ihn holte 2004 ebenfalls der Krebs. Und nun hat auch der letzte Ramone seine Lederjacke ausgezogen. Wie das Management des Band-Brands am Samstag via Twitter bekannt gab, ist Tommy tags zuvor an eínem Gallen- und Leberkrebs gestorben.

Tommy war der Ramone mit der kleinsten Klappe. Er hatte dennoch großen Einfluss auf die Geschicke der Band. Er war es, der 1974 seine Schulfreunde in Queens zur Gründung einer rauen Rock’n’Roll-Truppe drängte, während jene ursprünglich mit hohen Plateau-Sohlen in Richtung Glam zu marschieren trachteten, so wie ihre Vorbilder von den New York Dolls.

Später überzeugte Tommy den Pedanten Johnny davon, dass das Beherrschen eines Instruments in einer Street-Rock-Band eine eher untergeordnete Rolle spielt. Trotzdem übernahm der ursprünglich als Manager Fungierende das Schlagzeug, da der schlacksige Joey einfach nicht die Felle treffen wollte und außerdem über eine herrlich genervte Singstimme verfügte. Und es war Tommy, der sich das Konzept der Bruderschaft via einheitlichem Nachnamen ausdachte.

Als gelernter Studiotechniker produzierte Tommy die ersten drei Alben der Ramones. Er war also der Vermittler zwischen dem legendären Soundchaos der Live-Auftritte im CBGBs Club und dessen Anordnung auf Vinyl. Aus dieser Zeit stammen die ewig renitenten Gassenhauer "Now I Wanna Sniff Some Glue", "Sheena Is A Punk Rocker" oder "Blitzkrieg Bop".

1978 stieg Tommy nach internen Querelen aus, blieb der Band aber weiterhin als Co-Produzent und freundschaftlicher Ratgeber erhalten.

Tommy saß bis kurz vor seiner Erkrankung in diversen New Yorker Tonstudios an den Reglern und hing in mehreren Projekten seiner Leidenschaft für Country und Bluegrass nach; ein leiser Witz der Rockgeschichte, denn das war jener Sound, mit dem die Initialen der Punk-Wiege CBGB ursprünglich um Publikum warben (CBGB für Country Bluegrass Blues).

Seit Freitag hat der Tompkins Square Park im East Village einen Spaziergänger weniger. Thomas Erdelyi a.k.a. Tommy Ramone, der Sohn ungarischer Einwanderer und Holocaust-Überlebender, verstarb am Freitag im Kreise seiner Familie in Queens.