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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

7. 7. 2014 - 21:01

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 76.

Die letzten Vier und die Papierform.

Das ist das WM-Journal '14, die einzige seit Jahren schon live unternommene strategisch-taktische Einschätzung der Matches in Österreich.

Die Gesamtübersicht.

VF1: Deutschland - Frankreich
VF2: Brasilien - Kolumbien
VF3: Argentinien - Belgien
VF4: Niederlande - Costa Rica

AF1: Brasilien - Chile
AF 3: Niederlande - Mexiko
AF 6: Deutschland - Algerien
AF 7: Argentinien - Schweiz

Das WM-Journal ist Teil des daily blumenau, das seit Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst hat. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Das WM-Ranking:

5. Kolumbien
6. Belgien
7. Frankreich
8. Costa Rica
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9. Chile
10. Mexiko
11. Schweiz
12. Uruguay
13. Algerien
14. Griechenland
15. USA
16. Nigeria
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17. Ecuador
18. Portugal
19. Bosnien
20. Kroatien
21. Cote d'Ivoire
22. Italien
23. Spanien
24. Russland
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25. Ghana
26. England
27. Südkorea
28. Iran
29. Japan
30. Australien
31. Honduras
32. Kamerun

So sehr das in der Anfangsphase nach der WM der großen Überraschungen ausgesehen hatte – jetzt raschelt nur noch die Papierform. Ja, zu Beginn, als Spanien und England, Italien und Portugal purzelten, und als sich die Lateinamerikaner so toll schlugen, da schien der Umsturz nicht aufzuhalten zu sein, aber dann…
…haben im Achtelfinale alle Gruppensieger gegen alle Gruppenzweiten gewonnen.
…haben sich im Viertefinale ausschließlich die big names durchgesetzt. Und zwar drei von vier Mannschaften, die auch schon vor der WM jeder, aber auch jeder im Halbfinale erwartet hatte.
Den vierten Tipp von jedem, aber auch jedem, Spanien nämlich, ersetzt halt die Mannschaft die Spanien geschlagen hat und Italien entging: der Vizeweltmeister, mit dem zwar nur die kühnsten Optimisten gerechnet hatten, der aber genauso zur Nomenklatura gehört.

Im Halbfinale finden jetzt zwei Final-Revanchen statt: einmal 1978, als das furiose Heimteam Argentinien die nicht mehr ganz so wie '74 überzeugenden Oranjes in einem Heimvorteil-Match in der Verlängerung niederrangen; und einmal 2002, als ein nicht unbedingt überzeugendes Brasilien eine völlig herz- und glanzlose deutsche Mannschaft, die nur aus Kahn und Ballack bestand, biegen konnte.

Diese großen üblich Verdächtigen haben also die Kleinen rausgeboxt. Und: Ist das schlecht oder fad? Nein. Ich finde es zeigt uns, dass in einer enger zusammengerückten Welt (egal ob fußballerisch oder einfach so) in der auch Nationen mit schwachen Ressourcen und wenig Personal weit kommen und Gutes leisten können, dann doch klassische Werte wie Turniererfahrung, tradiertes Know-How und auch der Respekt der Gegner vor genau diesem Vorsprung dann die entscheidenden Prozente bringen. Letztlich sind etwa Belgien, Kolumbien oder Chile genau daran gescheitert, obwohl sie personell, taktisch, technisch und physisch auf demselben Level sind.

Das zementiert zwar von mir aus eine alte Welt- und Werteordung, eine Hackordnung, in der sich über die letzten Jahrzehnte wenig ändern, aber bleibt so zumindest im Rahmen einer fußballerischen Realwirtschaft. Es ist eh schlimm genug, dass das Van Gaal Team so spielt als wäre es ein Hedgefonds.

Ab jetzt ist alles möglich. Die Vorhersagen sind an Bedeutung längst hinter die Eigendynamiken, die das bisherige Turnier entwickelt hat, zurückgewichen. Aber auch die sind kein Gradmesser für Kommendes. Ob und wie sich Brasilien aus der inhaltlichen Krise und dem Neymar-Ausfall rausholt, ist ebensowenig vorhersehbar wie der weitere Weg der von ihrem kleinen Chef allzu abhängigen Argentinier. Ob sich die holländische Destruktion weiterhin durch Stahl frisst wie Alien-Sabber ist ebenso ungewiss wie die weitere Entwicklung des durch die Systemfrage verunsicherte deutsche Mannschaft.

Es werden minimale Unterschiede sein, die den Ausschlag geben. Und das gute ist: das mit der Papierform, das ist hiermit durch.