Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Alex Turners Wachsfiguren-Phase "

Susi Ondrušová

Preview / Review

7. 7. 2014 - 13:03

Alex Turners Wachsfiguren-Phase

Wir haben uns für den letzten Tag vom Volt Festival entschieden. Die Arctic Monkeys haben schließlich das beste Indie-Rock-Album des Jahres geschrieben.

Csudai Sándor

Wir haben uns für den allerletzten Tag vom Volt Festival in Sopron entschieden. Einen Sonntag. Den Tag, an dem man Zeit hätte, endlich kaputte Glühbirnen auszuwechseln, aber die Geschäfte haben zu. So alt sind wir nämlich, wir haben noch kurzlebige Glühbirnen auszutauschen.

Alex Turner, der Frontman der Arctic Monkeys, ist unwirklich. Man kann stundenlang tumblr durchforsten und den Musiker in Phasen des Heranwachsens studieren. Aktuell ist er in der Wachsfiguren-Phase. Mit Batterie-betriebener Hüfte im Elvis-Modus. Ein Showmann. Gitarrist Jamie Cook erinnert von Weitem an einen Besucher der Salzburger Festspiele. Matt Helders, die Maschine am Schlagzeug, wird den Mund im Takt zu Lauten formen, wie das Drummer so tun. Bassist Nick O'Malley sich hinter Bart und seiner Mähne verstecken. Im Vergleich zu einer eingespielten Stadionband mit Entfernung so groß wie zwei Straßenbahnhaltestellen, werden die Arctic Monkeys bei fast jedem Song zu ihrer Show-Bühnen-Mitte finden. Es steht ihnen sehr gut. Die Arctic Monkeys haben schließlich das beste Indie-Rock-Album des Jahres geschrieben. AM. Das mit der Kurve am Cover, das auch als überdimensionaler Vorhang über der Bühne hängt.

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Es hängen noch einige andere Sachen über der Bühne: ein Kamera-Kran-Arm, der die Show abfilmen wird und Seile. Für jemanden wie mich, der jegliche Art von Vergnügungspark wahlweise mit "terror" oder "horror" beschreibt, eine unfassbare Kulisse. Der Turm neben der Bühne ist eine Art Kletterwand, dort seilen sich bei untergehender Konzertsonne die Festivalbesucherinnen nach oben, wandern über eine Indiana-Jones-Treppe noch weiter hinauf, um dann für zehn Sekunden über das gesamte Konzertgelände zu fliegen. Die meisten machen das mehrmals hintereinander. In Supermann-Posen meistens. Und noch etwas fliegt über die Köpfe der Besucherinnen: Ein kleines Flugzeug, eine Drone eines Pressekollegen, so rätseln wir, der die Menschenmasse von oben abfilmt und der Band so lächerlich nahe kommt, dass sich selbst der Arctic-Monkeys-Frontman ein Lachen nicht verkneifen kann und schließlich anfängt, mit dem Foto-Ufo zu flirten.

Tóth Zsombor

Im Publikum hält jemand tatsächlich ein Schild hoch, auf dem "I Bet You Look On Me" steht. Das "Dancefloor" ist durchgestrichen. Der Kamera-Kran fokussiert auf eine Festivalbesucherin, die einen Teddybären mit Arctic-Monkeys-T-Shirt in die Höhe hält. "Teddy Picker", diesen Song über Celebrity-Wahn, werden sie an diesem Abend nicht spielen. Eine andere Festivalbesucherin wird während "Crying Lightning" ihre Festival-Jahrmarkt-Trophäe (auch ein überdimensionaler Teddybär) frenetisch in die Luft werfen. Ich beschließe, dass alle Menschen super sind.

Csudai Sándor

Die Band wird sich quer durch ihr gesamtes Schaffen spielen, zwanzig Songs, darunter natürlich auch das gewünschte "I Bet You Look Good...", das beliebte "505", das "shhh-woop-shhh-woop" beflügelnde "Fireside" oder den besten Heimfahrer-Song "One For The Road". Erzählen werden sie nicht viel, das was sie reden, werd ich nicht verstehen. Das Lied mit dem "I wanna be your vacuum cleaner, breathing in your dust", das sich die Band vom Punk-Poeten John Cooper Clarke ausgeborgt hat, werden wir nur mehr über die Windbrise auf dem Weg zum Parkplatz wahrnehmen. Das verpasste "R U Mine" auf Youtube nachholen müssen. Man muss aus jeder Freude eine Vorfreude auf das nächste Mal machen. Und aus jeder Not des Verlangens eine Tugend, einen Plan für den nächsten Konzertbesuch machen.

Csudai Sándor