Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Bälle, Beats, Brasilien"

Daniela Derntl

Diggin' Diversity

1. 7. 2014 - 16:56

Bälle, Beats, Brasilien

Norman Cook, unser Artist Of The Week, ist ein Hans Dampf in vielen Gassen. Man kennt ihn von The Housemartins, Mighty Dub Katz, Beats International, Pizzaman oder als Fatboy Slim. Als solcher hat er jetzt die Compilation "Bem Brasil" herausgebracht.

FM4 Artist OF The Week

Alle auf einen Blick unter fm4.orf.atartistoftheweek.

"Bem Brasil" heißt auf deutsch soviel wie „sehr brasilianisch“. Die Compilation ist Fatboy Slims inoffizieller, alternativer Soundtrack zur WM in Brasilien. Die Nummern auf der Compilation sind entweder Remixes oder Reworks alter brasilianischer Nummern oder ganz neue Aufnahmen brasilianischer Tanzmusik.

Samba und Kein Ende

Norman Cook ist ein Connaisseur der Bälle, Beats und Brasiliens. Seit Jahren legt der Fußball-Fan während der EM oder WM in den jeweiligen Austragungsländern auf – also in Japan, Portugal, Südafrika, und natürlich war er jetzt auch während der Vorrunden-Spiele in Brasilien hinter den Turntables am Start, einem Land, mit dem er seit zehn Jahren eine innige Beziehung pflegt.

Den Anstoß zu der, wie er selber sagt "Brazilian Love Affaire" lieferte die DVD seines Big Beach Boutique Rave in seiner Heimatstadt Brighton. Die DVD hat sich in Brasilien öfter als in irgendeinem anderen Land verkauft und brachte ihn dazu, selbst einen Strand-Rave während des Carnevals in Rio De Janeiro 2004 zu veranstalten. Die Party fand vor 360 000 Zuschauern statt und wurde live im brasilianischen Fernsehen übertragen. Dem Fernsehen verdankt Norman Cook auch seine große Bekanntheit in Brasilien – denn nach dem Beach Rave war er als DJ ins brasilianische Big Brother Haus eingeladen. Eine Sendung, die damals 60 Millionen Menschen geschaut haben. Seitdem tourt Fatboy Slim einmal im Jahr durch Brasilien.

Die als Gag gedachte Nummer "Put Your Hands Up For Brazil", im Original "Put Your Hands Up For Detroit" von Fedde Le Grande, durfte auf "Bem Brasil" natürlich nicht fehlen. Sie beschließt die Night-CD der Compilation, auf der junge EDM-ProduzentInnen wie Nervo, DJ Fresh, Dimitri Vegas und Gregor Salto die Ravesirenen knallen lassen. Die zweite, als „Day-CD“ konzipierte Seite geht es glücklicherweise gemütlicher an: Ashley Beedle, Tosca, Greg Wilson und Psychemagik beweisen Geschmack bei ihren old-school Re-Edits und Remixen.

Auch die nicht gerade zartbesaiteten Produzenten Riva Starr und DJ Marky besinnen sich auf die Essenz der Originale, ohne sie unnötig mit glitzernden Feuerwerkskörpern abzuschießen.

Schöne Fußnote, die die Musik mit dem Fußball vereint: Elza Soares, die Sängerin von "Samba Creola", das von Riva Starr behutsam in die Gegenwart geholt wurde, war mit Mané Garrincha, einem der großen brasilianischen Fußball-Virtuosen der 50er und 60er Jahre verheiratet.

Norman Cook war nicht nur Kurator, sondern hatte natürlich auch als Produzent seine Finger im Spiel: Die Samba-Reggae-Gruppe Olodum hat sein "Weapons of Choice" neu eingespielt und den nötigen brasilianischen Anstrich verpasst.

Am Freitag, 4. Juli spielt Fatboy Slim auf der Main Stage beim Urban Art Forms Festival am Schwarzlsee in Unterpremstätten.

Im Interview mit dem englischen DJ-Mag gibt Fatboy Slim zu, dass die kommerzielle Ausrichtung der ersten CD Absicht ist. Er hofft, dass die schnellen, zeitgeistigen Tunes bei der Bildmontage der Fußball-Clips eingesetzt werden. Diesen Willen zur ökonomischen Ausschlachtung hört man der Compilation leider auch an. Das hochfrequente EDM-Gemetzel der ersten CD soll die Qualität der zweiten Seite finanzieren, und wahrscheinlich geht die Rechnung auf.