Erstellt am: 30. 6. 2014 - 16:09 Uhr
Manu Chao in Wiesen
Ich habe Manu Chao schon ein paar Mal mit Radio Bemba Sound System gesehen. Es waren ausufernde Feste, die den Rahmen eines Konzertes gesprengt haben. Punk, Reggae, Dub, Ska, ausgeschmückt mit vielen Soundideen, Sirenen, Akkordeons, zugespielten Stimmen. Ein euphorisches Gewusel, ein Volksfest, das die Idee einer postnationalen Identität in sich trägt.
Franz Reiterer
Gestern war er mit La Ventura zu Gast in Wiesen. Die Musiker waren die meiste Zeit zu viert auf der Bühne und es war ein schönes in sich stimmiges Konzert. Das ausverkaufte Zelt von Wiesen ist mitgewogt und gesprungen, aber wer die Gastspiele von Manu Chao mit Radio Bemba kennt, spürte in manchen Momenten: Da geht noch mehr. Was nichts daran ändert, dass Manu Chao prinzipiell super ist, völlig un-narzisstisch auf der Bühne agiert. Man spürt: Hier geht es nicht um Ego oder Entertainment, sondern um Gemeinschaft.
Manu Chao ist eines der Gründungsmitglieder der globalisierungskritischen Organisation Attac. Migration, Armut und Rassismus sind die Themen seiner Lieder, ohne dass sie in Verzweiflung, Zorn oder Starre kippen würden.
Manu Chao hat immer Hoffnung und Mut im Gepäck. Es ist verwunderlich, dass sich Menschen auf seine Konzerte verirren, die, wenn die Vorband Irie Revoltes "Alerta Antifascista" in Publikum ruft, "Gusch" zurückplärren.
Tagesaktuelles wurde kurz angesprochen: Der FIFA wurde in Bühnenansagen der Mittelfinger gezeigt, vor Diego Maradona eine Verbeugung hingelegt.
Manu Chao ist in der Pariser Vorstadt aufgewachsen, als Sohn von vor dem Franco-Regime geflüchteten Eltern. 1987 gründete er mit seinem Bruder Mano Negra. Bereits mit dieser Band ist Manu Chao durch die Vorstädte Frankreichs und Spaniens und durch Südamerika getourt, um auch für Menschen, die sich keine Konzertkarte leisten können, zu spielen. Er hat mit Theatergruppen Caravanen organisiert, die monatelang durch die Welt zogen.
Vor zwanzig Jahren renovierte er mit befreundeten Künstlerinnen einen Zug der kolumbianischen Eisenbahn, der den Namen "Zug aus Eis und Feuer" bekam und das ganze Land durchquerte, um für die Menschen auch in den abgelegenen, armen Regionen Kolumbiens Theaterstücke und Konzerte zu spielen. Diese Reisen oder besser, das Leben unterwegs hört man auch auf den Solo-Platten von Manu Chao, "Clandestino", "Proxima Estacion Esperanza", "La Radiolina", die alle sehr erfolgreich waren. Das jüngste Studioalbum "La Radiolina" ist inzwischen sieben Jahre her. Es wird Zeit, dass uns Manu Chao auf eine neu Reise mitnimmt.