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Felix Knoke Berlin

Verwirrungen zwischen Langeweile und Nerdstuff

28. 6. 2014 - 14:33

Wenn kein Spiel mehr ist

Eine verspätete Spiele-Empfehlung: "A Dark Room" ist ein kleines Meisterwerk, das man sich eine Mittagspause lang anschauen sollte.

the room is cold, the fire is dead, steht nur auf dieser weißen Website. Und umrahmt: light fire. Und während ich nach weiteren Möglichkeiten suche, steht da plötzlich: the room is freezing. Und damit müssen meine Erläuterungen, was in diesem tollen Spiel A Dark Room passiert, auch zu Ende sein. Denn was dieses Spiel ausmacht, ist, dass es sich mit jedem Klick entwickelt und wenn man gerade gedacht hat, man stößt an die Grenzen, erweitert es sich und wandelt sich - nur um dann ganz zu verschwinden.

@doublespeekgames.com

"A Dark Room" ist auf eine seltsame Weise ein Spiel über Spiele. Es ist ein Amalgam aus hinlänglich bekannten und verstandenen Gameplay-Instrumenten der Browser- und Mobile-Games, sieht mal aus wie ein Textadventure, dann wie ein Room Escape, dann wie ein Roguelike und dann wie ein frühes Strategiespiel, um sich zurückzuentwickeln zu den Anfängen der Videospiele. Ach, aber diese Oberfläche ist so dermaßen transparent und konzeptionell stark, dass man paradoxerweise erst gar nicht sieht, dass es hier nicht um das Spiel geht, sondern um die Entwicklung als Spieler.

Auch das mag ich nicht weiter erklären, das wäre sozusagen der zentrale Spoiler. Aber so viel muss sein: Für mich ist "A Dark Room" das erste Spiel, das sich - äußerlich und spielerisch - dermaßen zurücknimmt, dass es fast unsichtbar wird. Es will etwas von einem, es legt einem Hindernisse in den Weg und erfordert Routine - damit ist es ein Spiel. Aber es funktioniert in seiner Zurückgenommenheit eben vor allem in den SpielerInnen selbst.

Before I had studied Zen for thirty years, I saw mountains as mountains, and rivers as rivers. When I arrived at a more intimate knowledge, I came to the point where I saw that mountains are not mountains, and rivers are not rivers. But now that I have got its very substance I am at rest. For it's just that I see mountains once again as mountains, and rivers once again as rivers. (Xu Chuandenglu 續傳燈錄, T no.2077, 51:614b-c.)

Ich bin auf "A Dark Room" über einen Post im Blog des "New Yorker" gestoßen. Ich frage mich zwar noch immer, warum der sich so sehr auf das Geldverdienen mit dem Spiel konzentriert - aber er wirft ein paar tolle Fragen und Antworten über das Spielen auf. Und implizit, wie Computerspiele eine spannende Dimension jenseits konventioneller Spiele haben könnten. Das ist gleichzeitig auch eine Antwort auf die Frage, warum eigentlich viele große Computerspiele, aber auch Indie- und Kunstspiele so dröge sind: Weil sie eben Film oder Karten- oder Gesellschaftsspiel oder Sammelhobby sein wollen und sich von überall die falschen Ideen holen, anstatt sich an der reichhaltigen und - entschuldigt diese Behauptung - großteils unverstandenen Geschichte der Computerspiele zu bedienen. Denn was es ja längst gibt, sind Erwartungen an Spiele. Und dass selbst die so selten gebrochen werden, ist schon Zeichen genug dafür, dass das Thema Spiel noch viel Verständnisarbeit braucht...

@twinbeard.com

Ein anderer Titel, der mir in den Sinn kommt, der so etwas ähnliches wie "A Dark Room" versucht, ist das ebenso fantastische und fantastisch rätselhafte Frog Fractions. Auch hier ist jede Erklärung unpassend. Spielt es im Browser und haltet durch. Es enthüllt nur nach und nach, was es alles nicht ist. Und wer danach noch mehr verwirrt sein will, lese alle Kommentare unterm Spiel. Ich verbrachte eine wunderbare halbe Stunde damit.

Für mich verschwinden gerade die Spiele und ich freue mich auf die Zeit, wenn sie einfach wieder nur Spiele sind. Erst ist da ein Spiel, dann ist da kein Spiel und dann ist.