Erstellt am: 25. 6. 2014 - 15:08 Uhr
Oligarchen-Seifenoper
Mit Akzent
Die unaussprechliche Welt von Todor Ovtcharov. Jeden Mittwoch auf Radio FM4 und als Podcast.
Wenn ich nur wüsste, wie ich ein osteuropäischer Oligarch werden könnte, dann würde ich diesen Text jetzt nicht schreiben. Irgendjemand aus meinem Medienimperium hätte das hier für mich geschrieben. In der Brieftasche jedes Oligarchen liegen immer ein paar Medien. Und eine Bank. Und eine Fußballmannschaft. Oligarchen lieben es, ihre Großzügigkeit öffentlich zu zeigen. Sie investieren oft in Klöstern. Heruntergekommene Kirchen werden pompöser als Fünf-Sterne Hotels. Vielleicht unterbewusst denken Oligarchen an ihre Zukunft nach dem Tod, weil sie oft nicht lange leben.
APA/ROBERT JAEGER
Wenn sie Glück haben, enden sie im Gefängnis. Ihre politischen Unterstützer von gestern schicken sie dahin. Wir wissen alle, was Putin mit einigen Oligarchen in Russland gemacht hat. Um neue Oligarchen an ihrer Stelle zu installieren. All diese Leute haben ihre Positionen erreicht durch ihre Verbindungen mit den Politikern, die das Land regieren. Ihr Reichtum kommt vom "Erhalten" vom staatlichen Kapital. Staatliche Aufträge sind der Grundstein der mächtigen Imperien. Da sich aber die politische Lage turbulent ändern kann, sind diese Organisationen oft Kolosse auf Tonfüßen.
Genau das passierte in Bulgarien mit den beiden Oligarchen Tsvetan Vassilev und Deljan Peevski. Sie lebten seit Jahren in perfekter Symbiose. Der Bankier Vassilev glaubte, dass der Politiker Peevski einer seiner Mitarbeiter sei. Peevski versorgte Vassilev reichlich mit staatlichen Aufträgen. Das Geld von Bulgariens Ministerien floss durch die Bank von Vassilev. Beide wurden unheimlich reich. Danach haben sie sich zerstritten. Laut einigen wegen der umstrittenen Pipeline "South Stream". Firmen, die mit Peevski verbunden sind, sollten die Pipeline in Bulgarien bauen (offiziell gehört Peevski gar nichts). Genau dieser riesige Auftrag schien die beiden auseinander zu bringen. "South Stream" wird wahrscheinlich auch die bulgarische Regierung zu Fall bringen. Zuerst aber fiel Vassilev. Man sagt, dass unter dem Druck von Peevski der Staat sein Geld aus der Bank von Vassilev abgehoben habe. Die Bank erklärte einen Liquiditätsverlust. In der Zwischenzeit sagte Peevski, das ihn Vassilev Mord angedroht habe. Aus Wien, wo sich Vassilev gerade befindet, sagte er auch, dass er Morddrohungen von Peevski bekommen habe. Das Ganze sah aus wie eine Seifenoper.
APA/ROBERT JAEGER
Der Regisseur dieses Films war gestern in Wien. Er heißt Wladimir Putin. Unter seiner Regie haben gestern Gazprom und OMV einen Vertrag zum gemeinsamen Bau von "South Stream" unterzeichnet. Als alle erwartet haben, dass Bulgarien als schwächstes EU-Mitglied unter Putin nachgeben wird, tat das Österreich. Die Seifenoper geht weiter.