Erstellt am: 22. 6. 2014 - 23:19 Uhr

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 51.

Und schon das erste Finalspiel! Für Portugal zumindest. #USAvsPOR

So, im letzten Spiel werden sich Löw und Klinsmann auf ein Remis einigen (Jermaine Jones bestätigt das implizit schon im Flash-Interview) und damit sind Ghana und Portugal mit ihrem einen Pünktchen weg. Insofern ist das Unentschieden in letzter Sekunde nichts wert, leider.

Eines war richtig: Portugal war noch nicht tot wie Spanien, hatte Leben in sich und war willens und auf einem ganz guten Weg - ehe sie dann durch eine Verletzungs-Misere ohnegleichen und auch durch eigene Schuld (zu sehr sich zurückziehen geht halt gerne schief) aus dem Turnier kippten.

Und eines gilt es zu revidieren: Team USA hat das erste wirklich gute Turnier-Match gespielt. Man hat sich nach der schnellen Führung nie aufgegeben, Druck gemacht, offensiv riskiert und teilweise herausragende Tempo-Gegenstöße gesetzt. Hätte/habe ich der Mannschaft im Vorfeld nicht zugetraut. Noch vor einigen Monaten war das eine langsame, denkschwache Truppe - da hat das finale Trainingslager echte Wunder gewirkt.

Wenn es also doch kein zweites Gijon gibt, wird die USA auch Deutschland Probleme bereiten, vor allem wenn sie zu fünft ihre Gegenstöße rollen

Die Schlussphase killt Portugal

Immerhin gibt sich Portugal jetzt nicht auf, sondern setzt gleich nach, trotz der Verletzungsserie und teilweiser Notaufstellung. Paulo Bentos letzter Wechsel, er bringt 18 Silvestre Varela, einen Flügel - der Ronaldo ins Zentrum bringen wird - für 16 Raul Meireles. Bento stellt also auf 4-2-4 um. Im Mittelfeld spielt Moutinho jetzt vor William, im Angriff rochieren/rotieren die vier Vorderen jetzt wie wild; nur Varela spielt fix links.

Klinsmann bringt (71.) 2 DeAndre Yedlin für den schwachen 11 Bedoya. Yedlin spielt jetzt rechter Verteidiger, Johnson geht vor ins Mittelfeld, Zusi deshalb wieder links rüber. Jones sieht gelb, es wird härter. Besler hat wieder Probleme.

Portugal hat Probleme in der Ideenfindung und spielt quer um den Strafraum rum. Nani ist der der sich noch am ehesten was traut.

In Minute 82 ist es dann aber vorbei: Team USA kriegt Überzahl im gegnerischen Strafraum, Dempsey drückt einen Zusi-Ball dann mit dem Bauch über die Linie, kein Offside: 2:1.
Portugal ist stehend ko.

Dempsey geht, nein humpelt von Bord (87.) für ihn kommt 18 Wondolowski. Und in der Nachspielzeit kommt noch 3 Omar Gonzales für 19 Zusi.

Den 2:2-Ausgleich dann in der gefühlten 100. Minute, als Varela ein Ronaldo-Zuspiel per Kopf verwertet, nehme ich fast nicht mehr wahr. Auch weil Portugal ja trotzdem weg ist.

Halbzeit 2 und erhöhter Druck bis zum verdienten Ausgleich

Es beginnt um 1:03 mit dem nächsten Nackenschlag für Portugal: 6 William Carvalho von Sporting kommt für den blendenden Linksverteidiger 19 Andre Almeida, dem somit bereits sechsten Ausfall in zwei Spielen (Knieschmerzen). 4 Miguel Veloso muss den linken Not-Außen links machen, William spielt seinen Part im Zentrum. Das macht die seltsame Asymmetrie der 1. Halbzeit jetzt hinfällig.
Prompt taucht Ronaldo wieder links auf.

Zusi spielt jetzt also fix rechts, Bedoya links, Bradley und Jones stoßen wahlweise in die Räume dazwischen. In Minute 55 scheitert Bradley nach so einem Jones-Vorstoß über rechts an Ricardo Costa, der auf der Linie klärt.

Portugal schwimmt jetzt hinten und kriegt dann auch keine Konterstöße gebacken. Sieht jetzt schlecht aus, vor allem Eder ist eine Vorgabe. Zusi/Jones/Johnson hingegen powern ordentlich los.

In Minute 64 erwischt Jones dann einen Rebound-Ball nach einem Corner exzellent und schlenzt ihn hart ins lange Eck - 1:1, das hat sich mehr als angebahnt.

US-Rechtslastigkeit wegen Portugals Links-Problematik

Nach einer halben Stunde hat sich Klinsmanns Truppe aufgerafft das Spiel zu gestalten; Portugal kontrolliert und sucht den schnellen zweiten Treffer.

In Minute 45 schießt Nani an die Stange, Howard fischt den Rebound von Eder noch raus - das Highlight einer kleinen finalen Druckphase.

CR7 treibt sich schon wieder überall, nur nicht auf seiner linken Seite herum, die überlässt er Andre Almeida, seinem neuen Coentrao. Auch deshalb kommen die USA gern über rechts, mit Johnson, aber auch über Jones und Zusi, und suchen eigentlich nur Dempsey, der sichtlich vor Selbstvertrauen strotzt. Oder Bradley für einen Weitschuss. Links hinten ist Portugal es öfteren allzu offen.

Halbzeit 1: Portugals frühe Führung ändert die Spielanlage

Jones spielt halbrechts, Bradley (der die Lizenz zum Vorgehen in die Zehner-Positon hat) halblinks vor Rasta-Beckerman, Bedoya rechtsaußen meist dezent, Zusi linksaußen offensiver, Dempsey vorne überall - das ist Team USA vor der Viererkette. Defensiv steht man 4-5-1. Im Offensivfall preschen die Flügelspieler mit vor, schnelles 4-3-3.

Portugal wie halt immer, Ronaldo mit einem Trick-Lauf in der 4. Minute, Jubel brandet auf.
Noch größerer Jubel eine Minute später: eine schwache Veloso-Hereingabe von links nudelt Cameron über die eigene Abwehr nach rechts Nani auf den Fuß. 0:1, auch weil sich Howard früh auf den Rücken legt.

Den USA widerfährt nun das, was sie ihrerseits Ghana angetan haben. Schaffen sie es wieder raus? Und: schaffen es die deutschen Medien ihre überdeutliche Parteinahme für Klinsmann, aber noch mehr die USA endlich auf ein erträglich' Maß zu beschränken? Das ZDF jedenfalls nicht.

Dass es die technischen Schwächen sein würden, die die USA in Schwierigkeiten bringen, hätte ich mir angesichts der Ausgangslage (belastete Psyche, belastete Physis durchs Klima) nicht gedacht. Clint Dempsey nähert sich einmal mit einem sehr guten Freistoß an (13.), sein Team kommt zunehmend besser ins Spiel und vors Tor.

In der 16. muss mit Helder Postiga der nächste Portugiese verletzt raus (Muskel), für ihn kommt der lange 11 Eder.
Veloso spreizt sich im Aufbau zwischen die Innenverteidiger, die wiederum die Außenverteidiger ganz weit vor ins Mittelfeld zwingen - macht eine schöne 3-4-3 Angriffsformation. Dient vorerst einmal zur Beruhigung, um das Spiel wieder an sich zu reißen. Das droht womöglich hart zu werden, nur so ein Gefühl - es wird schon früh böse eingestiegen.

Die Aufstellungen

Die USA in weiß mit
1 Howard; 21 Fabian Johnson, 20 Cameron, 5 Besler, 7 Beasley; 13 J. Jones, 15 Beckerman, 4 Bradley; 11 Bedoya, 8 Dempsey (K),19 Zusi

Klinsmann hat Besler dabei, 17 Altidore ist aber verletzt - sonst ist das dieselbe Mannschaft.

Portugal in rot mit
22 Beto; 21 Joao Pereira, 13 Ricardo Costa, 2 Bruno Alves, 19 André Almeida; 18 Moutinho, 4 Miguel Veloso, 16 Meireles; 17 Nani, 23 Helder Postiga, 7 Cristiano Ronaldo (K)

5 Fabio Coentrao fällt verletzt fürs ganze Turnier aus, 9 Hugo Almeida ist genauso nicht einsatzfähig, 3 Pepe ist gesperrt - alles Opfer des 1. Spiels. Verletzt raus ist zudem Tormann 12 Rui Patricio, für ihn kommt Sevilla-Goalie Beto, den ich ursprünglich schon erwartet hatte/hätte.

In der Arena da Amazônia in Manaus leitet der Argentinier Nestor Pitana das Spiel. Über 30 Grad noch.

Was vor dem Match zu sagen ist

Die Vorzeichen sind klar; und düster.
Düster für Portugal - eigentlich. Denn die Ausfälle von Pepe, Almeida, vor allem aber Coentrao wiegen ebenso schwer wie die nackenschlagende Niederlage gegen Deutschland, die der Mannschaft wenig Chancen gab wieder zurückzufinden.
Wie sich so ein Debakel mental auswirkt, haben wir am Beispiel Spanien gesehen.
Düstere Aussichten also für Paulo Bentos Portugal.

Ich bin aber nicht so überzeugt, dass das jetzt der Untergang sein muss. Denn im Gegensatz zu Spanien hat man weder einen Faden, noch die gesamte Philosophie verloren, die Schlüsselakteure sind nicht so alt bzw so überspielt. Und man findet mit den USA auch keinen gleichartigen, taktisch raffinierten Gegner wie Chile vor.

Es wird für CR7 und seine Bande schwer genug sich aus dem Tal der Tränen rauszufinden, ich trau's ihnen aber eher zu als den Nachbarn. Auch weil der Kern des Teams - das Mittelfeld, die Flügel, auch die Innenverteidigung - gut zusammengespielt sind und sie keinen wirklichen Grund haben sich oder ihrer Verfassung ganz prinzipiell zu misstrauen, wie es bei Xav, Xabi und Co der Fall war.

Gegen die USA wird es um die Physis gehen, vor allem in Manaus - und auch da ist es um Portugal nicht so schlecht bestellt.

Das war die Manschaft in Spiel 1 - 12 Rui Patricio; 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao; 18 Moutinho, 4 Miguel Veloso, 16 Meireles; 17 Nani, 9 Hugo Almeida, 7 Cristiano Ronaldo (K) - es wird aber wegend er Ausfälle viele Umstellungen geben.

Team USA hat alles vor sich: nach dem nicht wirklich gerechtfertigten Überraschungssieg gegen Ghana ist die Welt ihre Auster. Wenn man auch Portugal in seine Konter rennen lassen kann, dann ist noch ein Sieg möglich, aber auch mit einem Unentschieden wäre man noch gut dabei und bedient. Und selbst ein Ausscheiden wäre kein Beinbruch - die Mannschaft befindet sich im Umbruch - Klinsmann schraubt schon an der nächsten Generation. Dieses "uns ist alles recht" ist die perfekte Ausgangssituation für so ein Spiel, für das sich der Gegner schon deutlich mehr einkrampfen muss.

Bei Spiel 1 dabei waren - 1 Howard; 21 Fab Johnson, 20 Cameron, 5 Besler, 7 Beasley; 11 Bedoya, 4 Bradley, 15 Beckerman, 13 J. Jones; 17 Altidore, 8 Dempsey (K) - bis auf den verletzen Altidore und vielleicht Brooks statt des angeknockten Besler wird's das wohl auch wieder sein.