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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

22. 6. 2014 - 17:42

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 49.

Belgien ist, trotz späten Sieges, jetzt kein WM-Geheimfavorit mehr. Russlands Spiel hat sich zumindest bewegt #BELvsRUS

Das ist das WM-Journal '14, die einzige seit Jahren schon live unternommene strategisch-taktische Einschätzung der Matches in Österreich.

Die Gesamtübersicht.

Gestern: Argentinien - Idan, Deutschland - Ghana und Nigeria - Bosnia

Tag 9: Italien - Costa Rica dann Schweiz - Frankreich und schließlich Honduras -Ecuador.

Tag 8: Kolumbien - Cote d'Ivoire und Japan - Griechenland sowie Uruguay - England
Tag 7 brachte Kamerun - Kroatien, Australien - Niederlande und Spanien - Chile.

Tag 6: mit dem ersten Spiel der 2. Runde, Brasilien - Mexiko, dann noch mit Belgien - Algerien und Russland - Südkorea.

Tag 5 hatte Deutschland - Portugal, die erste Nullnummer bei Iran- Nigeria und dann noch Ghana - USA.

Tag 4 brachte die Schweiz - Ecuador, dann Frankreich - Honduras und schließlich das denkwürdige Argentinien - Bosnien.

Das sind die Spiele von Tag 3: Kolumbien - Griechenland & Uruguay - Costa Rica & Italien - England & Cote d'Ivoire - Japan.

Das war die Eröffnung mit Brasilien gegen Kroatien und die Spiele von Tag 2: Mexiko - Kamerun, Spanien - Niederlande und Chile - Australien.

Vorab-Einschätzungen der 32 Teilnehmer: England, USA und Australien - Belgien und die Niederlande - Cote d'Ivoire, Kamerun, Ghana und Nigeria . Frankreich und Algerien - Deutschland - Argentinien und Uruguay - Russland, Kroatien, Bosnien, Griechenland - Iran, Japan, Süd-Korea - Mexiko, Costa Rica und Honduras - Brasilien - Italien und die Schweiz - Kolumbien, Ecuador und Chile - Spanien und Portugal

Das WM-Journal ist Teil des daily blumenau, das seit Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst hat. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Damit springt Belgien schon wieder im letzten Moment von der Schippe. Im Gegensatz zum ersten Match, wo man aber durchgehend druckvoll und deutlich besser war, ist diese zweite Halbzeit eine Frechheit gewesen, ist das Tor nur der Abschlussschwäche des Gegners und einem ganz kurzen zehnminütigen Aufbäumen zu verlangen.

Für einen WM-Geheimfavoriten, aber auch für einen Viertelfinalisten zu wenig.

Russland bleibt trotzdem weiter in der Verlosung und hat sich - vor allem angesichts des belgischen Rückfalls für alle Welt sichtbar - immerhin gesteigert.

Halbzeit 2 oder das Ende der belgischen Höhenfliegerei

Anpfiff um 19:03. Es kommt ein wenig mehr von Russland, ein paar Flügelangriffe; übers Zentrum, über Shatov geht nichts. Und dann setzen sich die Weißen sogar einige Minuten lang fest in der gegnerischen Hälfte, wow, ein völlig neues Gefühl. Witsel sieht gelb für ein Spielzugabwürge-Foul, das man ungerechtfertigterweise taktisches Foul nennt. Belgien sieht erstmals im Turnier alt aus. Einziger Vorteil: Wenn die Russen jetzt angreifen, können die Roten ihre berüchtigten Tempo-Gegenstöße fahren.

17 Origi wird wieder den wieder uninspirierten Lukaku ersetzen (56.) Und in der 62.Min ersetzt 22 Eschenko den verletzten 2 Kozlov, auch so ein Abwehr-Rücktausch.
Danach pfeifen die 22 auf dem Platz dem Publikum was, worauf es zurückpfeift. Gelb für Alderweireld.

In der 75. bringt Wilmots 11 Kevin Mirallas für den Aktivposten Mertens.

Mittlerweile ist der belgische Rückfall in Halbzeit 2 komplett und komplett unerklärlich. Und damit sackt auch das Niveau der Partie ins teilweise Unerträgliche ab. Russland macht mittlerweile das Spiel, kann aber wegen der schon fast zum Prinzip erklärten Ungefährlichkeit seiner Akteure nichts erledigen. Kershakov könnte das ändern. In Min 82 kommt wenigstens 10 Dzagoev für 18 Shatov auf die zentrale Position.

Der neue, Mirallas, rollt einen Freistoß an die Stange - wieder ein Akinfeev-Fehler - ist das jetzt die Schlussoffensive? Ja, immerhin!

Und sie bringt, drei Minuten vor Schluss das 1:0 durch Origi, nachdem es Edin Hazard zum allererstemal effektiv rechtsaußen an die Toroutlinie gezogen hatte, Pass in den Rückraum, wo gleich zwei Belgier freistanden. Und erst danach traut sich Capello 11 Kerzhakov zu bringen (für 19 Samedov), lächerlich, zu spät.

Halbzeit 1: Belgien macht was, Russland weniger

Belgien wie zu erwarten druckvoll. De Bruyne spielt halblinks im Mittelfeld vor Witsel, Fellaini halbrechts; Mertens und Hazard machen die Flügelzange - insofern wirklich ein 4-3-3.

Russland beginnt 4-2-3-1, das System ist ja nicht immer ganz fix. Rein reaktives Spiel, die Kontersuche ist auch nicht allzu erfolgreich. Kanunnikov ersetzt doch Zhirkov links, Kokorin bleibt in der Spitze.

Belgiens Offensive mit guten Quer- und Vertikalläufen, Crosses und schon in der Anfangsphase mehr Ideen als in der ganzen 1. Halbzeit des letzten Spiels.

Defensiv steht Belgien 4-1-4-1, das ist erst bei den ersten geordneten russischen Angriffen, also recht spät, zu sehen.

Die Hitze erfordert einige sehr inoffizielle Trinkpausen, wie beim Eishockey kommen die Spieler immer wieder an die Bande.

Rücktausch in der 31. Minute: 5 Vertonghen kommt für den angeschlagenen Vermaelen für links hinten. In der 38. bekommt Glushakov eine überpenible gelbe Karte.

Um einen vielleicht unfairen, aber legitimen Vergleich anzubringen: die anderen Geheimfavoriten, Chile und Kolumbien, die hatten bislang schon ein anderes Auftreten - eines, vor dem sich der Gegner schon nach wenigen Minuten zurecht in die Hose machen durfte. Das schafft Belgien auch heute nicht.

Dass Kokorin knapp vor Halbzeit eine 100%ige Chance verköpft, ist trotzdem gerechtfertigt - Russland tut deutlich zu wenig. Und ich fürchte diese Aktion wird Capello als Rechtfertigung dazu dienen auch in Halbzeit 2 so fortzufahren

Die Aufstellungen

Belgien in rot (und ein wenig gelb) mit
1 Courtois; 2 Alderweireld, 14 Van Buyten, 4 Kompany (K), 3 Vermaelen; 8 Fellaini, 6 Witsel, 7 De Bruyne; 14 Mertens, 9 Lukaku, 10 Edin Hazard

Interessant bis gewagt: Vermaelen ersetzt 5 Vertonghen, wohl links hinten.
Dann, wie erwartet: Mertens rechts vorne - De Bruyne darf also wohl ins Zentrum, wo Fellaini 19 Dembélé ersetzt. 22 Chadli ist auch draußen.

Russland in weiß (und ein wenig blau) mit
1 Akinfeev; 2 Kozlov, 14 Vasili Berezutski (K), 4 Ignashevich, 23 Dmitri Kombarov; 8 Glushakov, 20 Faizulin; 19 Samedov, 17 Shatov, 6 Kanunnikov; 9 Kokorin

Kozlov ersetzt 22 Eshchenko als Rechtsverteidiger - die beiden wechseln einander meistens ab. 18 Zhirkov ist überraschend draußen, dafür spielt Maksim Kanunnikov.

Nur so: Faizulin bildet gemeinsam mit Gegenspieler Witsel das zentrale Mittelfeld bei Zenit St.Petersburg.
Im übrigen ist Christian Panucci, der großartige Rechtsverteidiger der genialen Milan-Mannschaft von Mitte der 90er, Assistent von Capello

Spielort: Maracanã, Rio; heiß, aber auszuhalten, Schiri ist der Deutsche Felix Brych, ein Jurist, was sich in seiner überpeniblen Pfeiferei niederschlägt.

Was vor dem Match zu sagen ist

Der Gegner der einen verstand zu überraschen und zu überzeugen: Algerien war eines dieser Teams das eine konstruktive Defensive anbot, die - eines Außenseiters würdig - nicht nur Widerstand leistete, sondern sich dann auch mit wenigen Handgriffen in eine beherzte Offensive umbauen ließ.

Der Gegner des anderen konnte den Erwartungen nicht gerecht werden. Fast hatte man das Gefühl, dass die sonst sehr tight agierenden Südkoreaner sich vom lasch-luschigen fast-Verweigerungs-Kick, der ihnen entgegengebracht wurde, anstecken ließen. Man war zwar auf Augenhöhe, das allerdings eher unter dem Meeresspiegel.

Die einen, Belgien nämlich, konnten die erfolgreichen Bemühungen ihres Gegnern gerade noch so weit hintanhalten, dass ein recht spät gedrehter Erfolg herausgeschaut hat. Auch weil man sich erst spät auf die ursprünglichen Stärken verließ, und den etwas zu angestrengten Ansatz der 1. Halbzeit hinter sich ließ.

Die anderen, also Russland, mussten sich mit einem eingesickerten Remis zufriedengeben, das ihre eigentliche Stärke in diesem Match sogar noch überbetonte. Auch weil man nie zu einem wirklich passenden, für alle Mannschaftsteile rund laufendem Spiel fand.

Heute treffen sie aufeinander.
Die einen, von denen viel (vielleicht viel zu viel) erwartet wurde, und die das erst in letzter Sekunde auch liefern konnten, wie die vorab gepriesene Debütantin bei ihrem 1. Ball, die sich zu Beginn verknöchelt und erst am Ende strahlen darf.
Die anderen, von denen einige (ich etwa) eigentlich gar nichts erwartet habe, und die das in bestimmten Bereichen dann doch widerlegt haben. Nicht Tormann Akinfeev, dem der Patzer seines Lebens passierte, aber etwa die knöcherne Innenverteidigung oder auch die brauchbare Offensive.

So hat sich die Ausgangsposition für das europäische Spitzenduell in Gruppe H also leicht verschoben: man weiß um die Anfälligkeit Belgiens Erwartungen unbedingt und sofort gerecht zu werden - und man kommt nicht mehr auf die Idee Russland als abgegammelte Trotzbären komplett abzuschreiben.

Marc Wilmots bestritt mit dieser Mannschaft Spiel 1:
1 Courtois; 2 Alderweireld, 14 Van Buyten, 4 Kompany (K), 5 Vertonghen; 22 Chadli, 6 Witsel, 19 Dembélé; 7 De Bruyne, 9 Lukaku, 10 Edin Hazard.
Die enstcheidenden Wechsel in Halbzeit zwei: 14 Mertens, 17 Origi und 8 Fellaini.

Fabio Capello schickte dieses Russland ins erste Match:
1 Akinfeev; 22 Eshchenko, 14 Vasili Berezutski (K), 4 Ignashevich, 23 Dmitri Kombarov; 8 Glushakov, 20 Faizulin; 19 Samedov, 17 Shatov, 18 Zhirkov; 9 Kokorin. Torschütze 11 Kershakov war ebenso Wechselspieler wie der unvermeidliche 7 Denisov.