Erstellt am: 21. 6. 2014 - 09:30 Uhr
Al-Quaida oder nicht?
Hans Scherhaufer
Ein deutscher Rüstungsmanager wird in Algerien entführt. Die Vermutung der Behörden liegt nahe, dass Al Quaida die Finger im Spiel hat. Doch es gibt vorerst kein Bekennerschreiben. Ralf Eley ist BKA-Mann der deutschen Botschaft in Algier und eigentlich verantwortlich für die Gäste der Botschaft. Doch er muss die Füße still halten. Die algerischen Behörden kümmern sich um den Fall…
“Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Tagen eine Lösegeldforderung gestellt wird. Selbstverständlich werden wir ihre Botschaft und ihr Innenministerium auf dem Laufenden halten. (…) Wir möchten sie höflich darauf hinweisen, dass Sie in Algerien keine Ermittlungbefugnisse haben.“
Oliver Bottini nimmt es sehr genau bei seinen Recherchen. Er liest Bücher wie „Schwarzbuch Waffenhandel- Wie Deutschland am Krieg verdient“ oder „Schmutziger Krieg in Algerien- der Bericht eines Ex Oberst“ und er spricht mit Menschen, die lieber nicht genannt werden wollen, weil es zu heikel oder sogar gefährlich sein könnte.
… lässt man ihn wissen. Und es wäre kein Krimi, würde sich der ruppige Ralf Eley daran halten. Er ist ein Held à la lonesome Cowboy mit Nahkampfausbildung im Kampf gegen die Ungerechtigkeit. Immer auf Achse, nicht lange an einem Ort und Regeln tangieren ihn nur peripher.Ihm ist bald klar, dass da irgendwas nicht stimmt und Al-Quaida sicher nicht den Rüstungsmanager entführt haben.
Es geht um viel mehr. Einerseits um milliardenschwere Rüstungsgeschäfte, die Algerien mit Deutschland geplant hat und die schon genehmigt sind. Andererseits um die Geschichte Algeriens, die Hoffnungen und Traumata, die Kriege und Militärregime hinterlassen haben. Und es geht auch um Djamel, der seinen Großvater in Deutschland besucht und etwas ganz anderes im Sinn hat als ein letztes Familientreffen. Er will ein neues Algerien. Sein Weg hat 1995 begonnen.
Dumont
“An dem Tag, als sein Vater verschwand, spielten sie im Stadion von Bologhine, Djamel und ein Dutzend Freunde aus dem Viertel und noch einmal so viele aus dem nahen Bab el Oued.(....). Während in der Bucht von Algier die Dämmerung heraufzog, rannten sie zwischen den Toren hin und her, Djamel so stumm wie die anderen, nur hin und wieder war ein verhaltenes Stöhnen zu hören. “
Djamel und seine Freunde müssen sich ruhig verhalten, seit die bewaffneten islamischen Gruppen und die islamische Heilsfront den Kampf gegen den Staat aufgenommen haben. Nur keine Aufmerksamkeit erregen.
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In Zeit- und Ortssprüngen schildert Bottini Djamels Geschichte und die der Entführung in Algerien und in Deutschland, wo er sich tief in das Wesen des Lobbyismus und der Rüstungsindustrie und deren Gegner und Befürworter in der Regierung begibt. Oliver Bottini hat in die 512 Seiten - davon 40 Seiten sehr hilfreiches Glossar - kompaktes Wissen über Rüstungsexporte, Militärregime und die Zustände und die Geschichte von Algerien gepackt. Sehr realitätsnah.
Oliver Bottini schreibt auch Sachbücher über Qi Gong und Zen Mediation. Er ist Kung Fu Meister.
Und es wäre kein guter Roman, wenn nicht auch die Liebe eine Rolle bekäme. Rauhbein Ralf Eley und die Liebe haben es nicht leicht. Er wechselt zu oft die Länder, um Beständigkeit zu versprechen - und doch verliebt er sich immer wieder. Amel Samraoui ist die Frau, die in Algier sein Herz erobert hat.
In der EU werden rund 100 Milliarden Euro pro Jahr in der Rüstungsindustrie umgesetzt. In Österreich sind es rund 3 Milliarden Umsatz jährlich und fast 98% gehen in den Export.
Sie arbeitet als Untersuchungsrichterin für die algerische Regierung und sitzt auf der anderen Seite des Tisches, wenn es um die Entführung geht. Eley und Amel dürfen nie zu erkennen geben, dass sie mehr als nur Bekannte sind. Um sich dennoch zu sehen, diniert er allein, sie kommt mit Freundinnen ins selbe Restaurant und wenn sie zeitgleich zur Toilette gehen werden heiße Küsse und Insider-Informationen am Hinterausgang ausgetauscht.
Und ein Happy End? Ja und nein. Kann man nicht in diesen Kategorien bewerten. Am besten selbst lesen!