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Paul Pant

Politik und Wirtschaft

20. 6. 2014 - 12:47

Mehr als 51 Millionen Menschen auf der Flucht

Seit dem Zweiten Weltkrieg waren noch nie so viele Menschen auf der Flucht und es ist kein Ende in Sicht.

Der 20. Juni ist der Weltflüchtlingstag, das ist der internationale Gedenktag, den die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) für Flüchtlinge ausgerufen hat. Wie jedes Jahr wird an diesem Tag auch Bilanz darüber gezogen, wie viele Millionen Menschen auf der Flucht sind. Der UNHCR-Jahresbericht Global Trends hat 2013 den Rekordwert von über 51,2 Millionen Menschen errechnet – sechs Millionen mehr als im Jahr zuvor.

Zum Weltflüchtlingstag schlägt das UN- Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) Alarm. Der Strom der vertriebenen Menschen markiert einen traurigen Rekordwert: Mehr als 51,2 Millionen Menschen sind 2013 von ihrem zu Hause vertrieben worden und auf der Flucht. Fast jeder Sechste von ihnen kommt mittlerweile aus Syrien. 2,5 Millionen Menschen seien durch den Bürgerkrieg zu Flüchtlingen geworden, 6,5 Millionen zu Binnenvertriebenen. Weitere „Hot Spots“ sind der Südsudan, Afganistan, Somalia und die Demokratische Republik Kongo.

UNHCR

Politische Lösungen gefordert

UN-Flüchtlingskommissar António Guterres fordert in einer Aussendung mehr Solidarität von der internationalen Staatengemeinschaft und spricht von dramatischen Entwicklungen und Herausforderungen für die kommenden Jahre: „Es gibt heute gefährliche Friedensdefizite. Humanitäre Hilfe kann lindernd wirken, aber politische Lösungen sind entscheidend“. Ohne diese werde das alarmierende Ausmaß an Konflikten und das damit verbundene Leid von Millionen von Menschen fortdauern, „das sich hinter der Statistik verbirgt“, erklärte Guterres.

Displaced people at the international airport in Bangui, the Central African Republic.

UNHCR / S. Phelps

Deutschland hat die meisten Asylanträge

Die meisten Flüchtlinge (33,3 Millionen) sind laut dem Bericht der UNHCR Binnenvertriebene. Also Menschen, die innerhalb ihres Heimatlandes vor Krieg fliehen mussten. Hier ist es besonders schwer, die Betroffenen mit Hilfsgütern zu versorgen, da es jene „internationalen Schutznormen“ wie bei klassischen Flüchtlingen, die in ein anderes Land fliehen, nicht gebe. Diese zweite Gruppe der Flüchtlinge hat 16,7 Millionen erreicht. Dazu kommen noch etwa 1,1 Millionen AsylwerberInnen. Die Mehrzahl von ihnen stellt ihren Antrag in den Industriestaaten. In Deutschland wurden weltweit die meisten Asylanträge gezählt, knapp 110.000 Anträge.

Mehr Geld für Krisenregionen

Neben den politischen Forderungen machte UN-Flüchtlingskommissar Guterres auch auf ein zweites wachsendes Problem aufmerksam: Hilfsorganisationen würden mittlerweile mit dramatischen Finanzierungsproblemen kämpfen. Das ist nicht verwunderlich, sieht man sich die Entwicklungshilfe-Statistiken der vergangenen Jahre an.

In den 1970er-Jahren verkündete die UN-Generalversammlung als Ziel vollmundig 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Entwicklungshilfe. In den sogenannten Millenniums-Zielen der UNO wurde das noch einmal bekräftigt. Soviel Geld sollten die reichen Industrienationen für Hilfsprojekte zur Verfügung stellen. Daran gehalten beziehungsweise tatsächlich erreicht haben diesen Wert bis heute nur Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland und Luxemburg.

Österreich schaffte laut einer OECD-Statistik im vergangenen Jahr nur 0,28 Prozent des BIP. Dabei wurde das Budget gegenüber 2012 bereits um 6 Prozent gesteigert, wenn auch durch Schuldenerlässe oder „Phantomhilfe“, wie es der NGO-Dachverband „Globale Verantwortung“ und die Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission nennt.

An area with a high number of returnees in Kochi Abad, Afghanistan.

UNHCR / S. Sisomsack

Weltflüchtlingstag auf FM4

Weil hinter den Zahlen Menschen stecken, haben wir uns zum Weltflüchtlingstag ein paar Geschichten erzählen lassen. Von den Menschen, die Flucht und Vertreibung erfahren haben. Zum Beispiel von der 28-jährigen Soma aus Kärnten, geboren im Irak: Sie musste als Fünfjährige von einem Tag auf den anderen alles zurücklassen, ihr Haus, ihre Freunde, ihre geliebte Puppe. Oder von Veronica, Tochter jüdischer Flüchtlinge aus Österreich, die 1938 in Argentinien Zuflucht gefunden hatten. 40 Jahre später musste Veronica Argentinien wieder verlassen und ist dabei nur knapp dem Tod im Gefängnis entkommen. Diese und noch mehr Geschichten gibt es auch auf der Internetseite der UNHCR zum Nachlesen.

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Soma, Arnika, Pierre, Roger Veronica im Portrait:

Arnika im Portrait
Veronica im Portrait
Soma im Portrait
Roger im Portrait
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