Erstellt am: 18. 6. 2014 - 23:31 Uhr

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 38.

Der wahre Nachbar und sein Halbfinale. Kroatien muss jetzt. Und kann auch. #CMRvsCRO

Nach Australien und Spanien ist Kamerun die dritte Mannschaft die jetzt schon fix draußen ist. Das war zwar abzusehen, aber nicht in dieser Deutlichkeit und Drastik. Kamerun ist alles auf den Kopf gefallen, Verschuldetes und nicht Verschuldetes, Eto'os Manien, dazu Songs Unbeherrschtheit und Finkes Fehlkalkulationen.

Kroatien hat sich Mut angeschossen, den man im nunmehrigen Finalmatch gegen Mexico um den Aufstieg braucht. Dass Brasilien als erster weiterkommt, gegen die geschockten Afrikaner, das ist jetzt schon klar, dafür wird schon allein das Publikum sorgen.

Ob Kroatien es mit Konkurrent Mexiko aufnehmen kann, darüber lasst uns doch am Sonntag, wenn Runde 2 abgeschlossen ist, diskutieren.

Und dann die schnelle (und klare) Entscheidung...

Um 1:02 geht's weiter... 5 Nounkeu kommt für 14 Chedjou, den schwächeren Innenverteidiger, und geht auf die rechte Seite in der Abwehr. Matip ersetzt Chedjou halblinks in die Innenverteidigung, Mbia geht neben Enoh auf die halbrechte Mittelfeldseite im 4-2-3. Das ist eine brauchbare Notvariante, aber kein Risiko.

Eh wurscht, weil in der 48. Minute zieht Perisic nach einem schlimmen Abschlag von Itandje diesmal links los und macht das 0:2. Jetzt steht Kamerun ein zweitesmal vor dem schnellen K.O., zumal Mandzukic sich schon für diverse Konterschläge angemeldet hat. Olic und Perisic, die jetzt munter rochieren, unterschreiben gleich mit.

Die Fäden ziehen weiter Modric und Rakitic, die auch jede angedeutete Bemühung des Gegners ins Spiel zu kommen verhindern können. Und weil da die Gegenwehr der Löwen (aus den bereits angesprochenen Gründen) ausbleibt, raffen sich die Kroaten dann dazu auf, das Spiel doch gleich wieder zu übernehmen. Angriff ist die bessere Ergebnissicherung. Wenn Finke nicht schnell noch was unternimmt, droht Schlimmes.

Schon passiert, Minute 61, 0:3: Mandzukic-Kopfball nach Corner. Jetzt braucht der deutsche Coach des Kamerun wahrscheinlich gar nichts mehr tun. Ich schätze, dass Eto'o beim Abschiedsspiel gegen Brasilien die Trainerbank für sich beansprucht und Finke heim nach Freiburg schickt. Mbia zeigt jetzt im Mittelfeld, was er dort kann, zu spät halt, das Spiel ist durch.

Stürmer-Wechselzeit: 22 Eduardo kommt für 18 Olic (69.), 15 Webo für 10 Aboubakar (70.). Dann endlich/überfälligerweise 20 Kovacic für 19 Sammir (72.) Und Kovacic legt dann gleich das 0:4 auf: Eduardo schießt und Mandzukic staubt ab. Und Mbias Stehpartie hebt das Offside auf... Noch ein Wechsel (76.): 20 Salli für 13 Choupo-Moting. Und der letzte (78.) 16 Rebic für 7 Rakitic, also ein Stürmer für einen zentralen Akteur.

Und schließlich fangen Assou-Ekotto und Moukandjo noch einen Streit samt Kopfgestoße an.

Nach Halbzeit 1...

... ist es eigentlich schon gelaufen. Kroatische Führung, wenn auch gegen den Spielverlauf, dazu eine personelle Schwächung nach der roten Karte, die Kamerun jetzt zu einem 4-2-3 zwingt. Außerdem ist der Trick mit Mbia als rechtem Verteidiger nicht aufgegangen: das sollte eine offensive Übermacht im rechten Halbfeld bewirken und die Offensive auf der mit Pranjic nicht unglaublich gut besetzten linken Abwehrseit bewirken; war aber eher ein Schuss in den Ofen, weil just der heute wieder extrem agile Olic den Freiraum nützt, den der eher abwesende Mbia hinterlässt und einiges an Unwohlsein verursacht.

Alles was für Kamerun schiefgehen kann, geht schief. Auch mit ohne Eto'o. Choupo-Moting findet im Gegensatz zu zuletzt gar nicht ins Spiel, die zentrale Abwehr ist anfällig und auch Alexandre Song, sonst der Taktgeber, ordnet zu wenig; und nimmt sich dann auch noch selber aus dem Spiel.

Finke muss jetzt sofort alles auf eine Karte setzen, Webo und Makound bringen, sogar Eto'o, sofern der überhaupt laufen kann, um das noch zu drehen. Wird schwierig bis unmöglich, aber ein zweitesmal vorzeitig aufgeben bringt ja auch nix.

Die Kovac-Brüder sollten sich nicht zurücklehnen, sondern endlich ihr Problem in der Mittelfeld-Zentrale lösen; auch Sammir war nix.

Alles läuft gegen Kamerun, Kroatien kriegt's billig

Die rechte Seite Kameruns mit Mbia und Moukandjo ist die erste, die aufzeigt. Und auch Aboubakar kommt über die Flanke und all das eröffnet gleich eine kleine Drangphase für die Mannschaft, mit der man gar nicht so sehr rechnen durfte.

Im Mittelfeld ist Matip der hinterste Mann, Song spielt halbrechts, Enoh halblinks als Achter im 4-3-3

Dass es dann trotzdem Kroatien ist das in der 11. Minute in Führung geht, überrascht. Cross von links, Perisic legt dann aus dem Zentrum, nach rechts rüber zu Olic, der den Ball zum 0:1 einschiebt. Die offensive Stärke von Mibia macht seine defensiven Schwächen aber nicht wett; allein gegen Olic hat er ein Problem, immer.
5 Minuten später klingelt es fast noch einmal wieder war Olic dran.

Ojeh. Es war everybodys Geheimtipp, den Euro-League-Gewinner Mbia als rechten Verteidiger hinzustellen, weil er auf dieser Position offensive Durchreißer-Qualitäten hat. Nur: Sevilla ist nicht Kamerun. Bei den Spaniern wird Mbias defensive Schwäche abgefangen, die eh wackelige Abwehr der unbezähmbaren Löwen schafft das nicht so gut. Jetzt ist der Tipp also schnell und perfid nach hinten losgegangen. Obwohl Mbia jetzt vorne alles probiert.

Bei den Kroaten findet mit Sammir schon der dritte Zehner nicht ins Spiel - Kovacic und Brozovic ging es in Spiel 1 nicht anders.

Nach 20 Minuten ist Kamerun schockbefreit und wieder im Spiel drinnen; und dominant. Kroatien wartet wieder ab; wird aber dann wohl in ein paar Minuten wieder das Tempo erhöhen und eine Druckphase ein/vorlegen. Oder auch nicht - danach neutralisiert man sich.

Die Wackelabwehr Kameruns bröselt jetzt auch im Zentrum gehörig: Chejdou und Nkoulou tanzen mit einigen Aktionen am Abgrund.

In der 40. Min dann wieder so eine rote Karte. Alex Song wischt Mandzukic eine, damit er bei einem Tempo-Konter über Perisic nicht mitkommt. Bum und raus. Und das dem spielschlauen Song. Aua.

Die Aufstellungen

Kamerun in grün-schwarz-gelb mit
16 Itandje; 17 Mbia, 3 Nkoulou (K), 14 Chejdou, 2 Assou-Ekotto; 6 Alex Song, 21 Joel Matip, 18 Eyong Enoh; 8 Moukandjo, 10 Aboubakar, 13 Choupo-Moting

Der wackelige Rechtsverteidiger Djeugoue ist draußen, Mbia übernimmt. Aboubakar von Lorient ersetzt Eto'o. Volker Finke im weißen Jogi Löw-Hemd.

Kroatien rot-karo-weiß mit:
1 Pletikosa; 11 Srna (K), 5 Corluka, 6 Lovren, 3 Pranjic; 10 Modric, 7 Rakitic; 19 Sammir; 4 Perisic, 17 Mandzukic, 18 Olic

Gegen Brasilien durften die beiden eingebürgerten Brasilianer von Kroatien nicht ran. Jetzt ist zumindest Sammir im Zentrum gefragt. Perisic und Olic werden weit vorne agieren. Niko Kovac im abgelegten Anzug-Stil.

Stattfinden wird alles im tropischen Arena da Amazônia in Manaus, Matchleiter ist der erfahrenen Portugiese Pedro Proenca. Es ist nicht meht so heiß wie untertags, die Luft aber hochfeucht.

Was vor dem Match zu sagen ist

Offtopic-Einstieg: ist nicht Kroatien der eigentliche Nachbar von Österreich, fußballerisch? Mit Italien hat unser Kick nichts zu tun, mit der Schweiz verbindet uns wenig, zu Slowenien, Ungarn, Tschechien, Slowakei fällt uns wenig ein, und der Zugang zu Deutschland ist krampfig. Wirklich locker und offen ist nur der Umgang mit den Kroaten - das hat mit den vielen Legionären, Spielern wie Trainern zu tun, die schon seit Titos Zeiten durch die Liga geschleust wurden und ihren Fußabdruck hinterlassen haben. Vastic, Kocijan und andere haben wir gleich kassiert, andere (auch leider Baric) adoptiert. Teamchef Niko Kovac, Spieler wie Jelavic oder Schildenfeld genießen Ansehen, der junge Mateo Kovacic ist Linzer und Niko Kranjčar, der leider verletzt fehlt, auch ein Homeboy.
Fußballerisch könnte sich Österreich ein wenig mehr am geografischen Nicht-Nachbarn orientieren: Passiert aber zu wenig, was mich immer schon überrascht hat. Dabei ist das kroatische Spiel (technisch hochwertig, schnell, flügelstark) durchaus erlern-/kopierbar.

Mit dem heutigen Spiel der schon eigentlich letzten Chance hat das wenig zu tun, außer den so fließenden Sympathien. Kroatien trifft auf den anderen Verlierer und muss gewinnen um im 3. Match gegen Mexiko (quasi im Finale der Vorrunde) noch eine Chancen zu haben.

Spiel 1 bestritt Kovac mit 1 Pletikosa; 11 Srna (K), 5 Corluka, 6 Lovren, 2 Vrsaljko; 7 Rakitic, 10 Modric; 4 Perisic, 20 Kovacic, 18 Olic; 9 Jelavic
Diesmal kommt Linksverteidiger Pranjic zurück und der zuvor gesperre Mandzukic. Das macht schon noch was her. Am 4-3-3 (mit wem in der offensiven Rolle vor Rakitic-Modric?) wird das wohl nix ändern.

Kroatiens großes Problem, dass sie sich gegen Brasilien zu früh aufgegeben haben, wird heute wohl nicht auftreten können.

Kamerun, der Gegner ist total im Eck, denen steht noch Brasilien bevor, die haben gefühlt überhaupt nur noch heute. Dazu fällt Kapitän und Torjäger Samuel Eto'o aus.
Gut, wer mich kennt, weiß: ich halte das für eine Stärkung des Teams. Hallelujah, die Hex' ist weg! So wie das ja auch in anderen Fällen passiert und dann ein wenig weggeschwiegen wird.

Kamerun begann Match 1 mit 16 Itandje; 4 Djeugoue, 3 Nkoulou, 14 Chejdou, 2 Assou-Ekotto; 17 Mbia, 6 Alex Song, 18 Enoh; 8 Moukandjo, 9 Etoo, 13 Choupo-Moting.

Und Kamerun gab sich früh auf. Das mag am Einfluss von Eto'o liegen. Coach Volker Finke wäre aber gut beraten in dieser Hinsicht genauer auf die anderen Schlüsselspieler einzuwirken. Und er wäre gut beraten in Abwesenheit des Ezzesgebers Eto'o etwas zu riskieren - etwa Alleskönner Mbia wie so oft als wirbelnden rechten Verteidiger aufzustellen. Und weiter drei Stürmer, drei echte, die auch ohne Gezicke die Räume ablaufen, aufzustellen. Am, 4-3-3 führt kein Weg vorbei.

Wieauchimmer: wer verliert, fliegt raus, nur ein Sieger hat noch echte Chancen.

Player to watch: wie immer Modric-Rakitic, das Powerdynamo mit der D/Lenker-Garantie bzw. der erwähnte Stephane Mbia, wurscht wo er aufläuft.