Erstellt am: 18. 6. 2014 - 15:56 Uhr
Erde ruft Guzzi
Dass wir uns im Jahr 2014 immer noch so viele Gedanken über die scheinbar "richtige" Herangehens- und Produktionsweise von elektronisch generierter Clubmusik machen, führt uns im Grunde nur unsere eigene, dogmatische Erwartungshaltung vor Augen. Eine Erwartungshaltung, die die drei Wiener Musiker Bernhard Hammer, Jakob Schneidewind und Bernhard Breuer alias Elektro Guzzi jedoch immer wieder für sich selbst, aber auch für ihr Publikum über den Haufen werfen möchten, auch wenn man nicht um die Frage herum kommt, wie so maschinengleichen Stücke entstehen? Wie ist es eigentlich möglich, dass sowohl live als auch auf den bereits veröffentlichten Tonträgern das analoge mit dem digitalen zu verschmelzen vermag?
Klaus Pichler
Vom Dogma...
Elektro Guzzi geben zu, zu Beginn und bei den beiden vorangegangenen Alben ein Dogma ausgereizt zu haben: Alles was man hört, wurde auch so eingespielt. Gleichzeitig im Studio. Keine Overdubs, keine zusätzlichen Spuren, keine nachträglich eingespielten Instrumente. Eine Herangehensweise, die auf ihrem Hang zum Perfektionismus beruht, denn nur wenn man eine genaue Vorstellung von seinem Sound hat, sich seiner Sache absolut sicher ist, kann man sich diesem Experiment, dieser Herangehensweise hingeben. Elektro Guzzi sind dafür bekannt, unzählige Aufnahmesessions in ihrem Studio einzuspielen, ständig zu experimentieren oder ganz banal ausgedrückt: zu Proben. Und bei genau diesen Sessions im eigenen Proberaum entstehen die Stücke, die auf die Bühne getragen werden, um dann später beim Proben wieder verfeinert zu werden. Ein ständiges Wechselspiel zwischen Live und Studio, das die Stücke so lange wachsen und gedeihen lässt, bis sie schließlich ausgereift genug sind, um im Studio für das Album eingespielt zu werden.
... zum Anti-Dogma
Bei ihrem am 27. Mai erschienenen dritten Studioalbum "Observatory" wollte das Wiener Trio jedoch genau dieses Dogma aufbrechen. Zum ersten Mal nahmen sie sich die Freiheit heraus, zu ihren gemeinsam eingespielten Songs nachträglich zusätzliche Spuren einzuspielen. Diese studiotechnische Tatsache ist jedoch nicht die bestimmende neue Komponente bei "Observatory". Vielmehr ist es der Sound selbst, der sich weiterentwickelt hat. So harmonisch klangen Elektro Guzzi wohl noch nie. Haben bei den früheren Stücken die perkussiven Sounds im Vordergrund gestanden, sind es nun immer wieder kleine Melodien, die die Stücke zu tragen beginnen. Gleich zu Beginn des Albums wollte man diesen neuen Sound mit dem Opener "Rough Tide" präsentieren. Und immer wieder gelangen zu den gewohnt minimalistisch, aber durchaus vielschichtigen Grooves die zarten Melodien, die sich scheinbar wie von selbst und aus dem Nichts auf den Beat legen, um für kurze Zeit die Oberhand über die Stücke zu erlangen. Aber genau so wie diese Harmonien zum Leben erwachen, lösen sich auch wieder auf.
Wie nach einem intergalaktischen Flug durch den Äther landet "Observatory" beim Hörer. Als "futuristisch" bezeichnete ihr Heimat-Label Macro "Observatory", als sie das Album von Elektro Guzzi zum ersten Mal zu hören bekamen. Zuerst wunderte sich das Trio über dies Bezeichnung, war doch ihr ursprüngliches Anliegen, einen "erdigen" Sound zu kreieren. So erklärt sich auch das Albumcover von "Observatory", auf dem eine Wurzel abgebildet ist. Doch es scheint, als können die drei Wiener mit "futuristisch" im Grunde gut leben, war und ist es doch noch immer ihr Anliegen, ihren Sound und ihre Herangehensweise neu auszurichten, immer wieder zu überdenken und somit weiterzuentwickeln, ohne sich dabei von sich selbst zu entfernen. Die Entwicklung von Elektro Guzzi ist noch lange nicht zu Ende und Observatory ist ihr eigener Soundtrack auf dieser Reise.
Releaseshow
Am 18. Juni präsentieren Elektro Guzzi ab 22 Uhr ihr neues Album "Observatory" im Wiener Flex gemeinsam mit ihren langjährigen Weggefährten Patrick Pulsinger und DJ Marcelle.