Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 22."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

14. 6. 2014 - 17:43

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 22.

Der längste Tag - Spiel 1. Auch-irgendwie-Co-Favorit Kolumbien gegen Nobody's Darling Griechenland. #COLvsGRE

Das ist das WM-Journal '14 die einzige seit Jahren schon live unternommene strategisch-taktische Einschätzung der Matches in Österreich - weil nachher kanns jeder besser wissen.

Hier die Gesamtübersicht, die Eröffnung mit Brasilien gegen Kroatien und die gestrigen Spiele: Mexiko - Kamerun, Spanien - Niederlande und Chile - Australien.

Einschätzung der 32 Teilnehmer: England, USA und Australien - Belgien und die Niederlande - Cote d'Ivoire, Kamerun, Ghana und Nigeria . Frankreich und Algerien - Deutschland - Argentinien und Uruguay - Russland, Kroatien, Bosnien, Griechenland - Iran, Japan, Süd-Korea - Mexiko, Costa Rica und Honduras - Brasilien - Italien und die Schweiz - Kolumbien, Ecuador und Chile - Spanien und Portugal

Das WM-Journal ist Tei des daily blumenau, das seit Oktober 2013 die Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst hat. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Und es wird doch ein problemloser Erfolg

Und tatsächlich probiert Griechenland ins Spiel zu kommen, in dieser 2. Halbzeit, wo der Schatten zumindest schon die Hälfte des Spielfelds besetzt hat. Jetzt, viel zu spät, sind auch Samaras und Salpingidis dort wo sie hingehören.

In der 52. Minute gibt's das erste Foul, das eine rote Karte vielleicht schon verdient hätte, von Sokratis, und wenn ich das so anspreche, dann weil es das erstemal im Turnier ist. Auch wenn die Holländer gestern bewusst foul gespielt haben - das waren taktische Tritte, keine Rot-Sensen. Salpingidis gelbe zwei Minuten später ist einem vergleichsweise harmlosen Vergehen geschuldet.
56.: 18 Fetfezidis kommt, am ehesten das, was man bei Griechenland noch als Kreativen auf der Bank hat. allerdings für einen Stürmer, nämlich 14 Salpingidis.

Eine Minute später passiert es, aber auf der anderen Seite: Teo Gutierrez spitzelt einen von Aguilar verlängerten Cornerball über die Linie, 2:0 wieder ein schnelles Tor. Und wie gestern Chile setzt wieder eine mit viel Lorber gestartete südamerikanische Mannschaft ein dickes Ausrufezeichen.

Griechenland wird in dieses Match nach menschlichem Ermessen nicht mehr zurückkommen. Kaum gesagt, köpft Gekas einen Torosidis-Flanke an die Latten-Unterkante (62.). 9 Mitroglu hätte das vielleicht gemacht. Und, schau an, der kommt jetzt. Für Gekas.

Das bedeutet ein wenig mehr an Gefahr, die Griechenland jetzt ausstrahlt - aber gegen Kolumbien, das hinten gut steht, im Zentrum giftig und vorne kreativ ist, reicht das nicht.
Man fügt sich bzw spielt das Match jetzt nach Hause. Die drei Wechsel und das schöne Tor von Rodriguez zum 3:0 ändern nichts am schon gezogenen Fazit.

Das Zwischenfazit nach 46 Minuten

Kolumbien hat schnell klargestellt, wer der Chef am Platz ist. Griechenland schafft es wieder einmal nicht, etwas anderes, als ein möglichst langes Halten eines 0:0 zu spielen. Läuft alles nach Plan, ähnlich wie gestern bei Chile gegen Australien. Ob Fernando Santos Griechen es den Aussies in punkto Willen gleichmachen und sich doch noch steigern können? Ich bezweifle das. Auch weil die Pekermann-Truppe noch nicht ihr gesamtes Können abgerufen hat, sondern sich erst einmal eingegroovt und nach der schnellen Führung zurückgenommen hat.

Die schnelle Führung macht das Heimteam sicher (Halbzeit 1)

Es beginnt wie zu erwarten stand: Kolumbien, von der Crowd massiv unterstützt, kombiniert sich freudig nach vorne und Griechenland schaut einmal, was los ist.

Und dann dauert es doch nur fünf Minuten, ehe sich Cuadrado rechts das erstemal effektiv durchsetzt und Armero, der sich von seiner Linksverteidiger-Position in die Mitte geschlichen hat, die Hereingabe am Elferpunkt übernimmt und sein Ball dann flach neben die linke Stange trudelt: 1:0!

Damit ist die übliche griechische Taktik hinfällig, der Plan B lautet mitspielen und das wird dann interessant, weil das mehr als nur schaun, was los ist bedeutet. Und dem kolumbianischen Matchplan in die Karten spielt. Katsouranis, mit schicker Kurzhaarfrisur, hat einiges einzuteilen. Salpingidis und Samaras sollten ihre Positionen doch weiter vorne anlegen, werden aber von Zuniga und Armero natürlich ordentlich auf Trab gehalten und defensiv miteingebunden. Katsouranis versucht das zu erreichen, indem er sich zwischen die Innenverteidiger zurückfallen lässt - so können die Außenverteidiger vorschieben und die Außenstürmer entsprechend aufrücken. So zumindest die Theorie hinter dieser Aktivität.

Praktisch haut das nicht hin. Kolumbien kontrolliert und blockiert die griechischen Spielversuche (die wenn, dann über Kone gehen) ohne große Probleme (bis auf die gelbe Karte in der 27. Minute für Sanchez, die aufälligste Erscheinung im Zentrum). Dass man bei Standards gefährdet ist, war klar und ist taktisch schwer zu verhindern. Allerdings führt dieses Spiel auch dazu, dass die Gelben selber wenig bringen. Und auch der wirklich gute Konterschlag war nicht zu sehen.
Das Match wirkt nicht zuletzt deshalb ein wenig statisch.

Erst in der Schlussphase, hoppla, diese Halbzeit war aber schnell vorbei für so wenig Action, mehren sich die Vorstöße des Gruppenkopfs wieder. Ist wohl Absicht, sich vor der Pause noch einmal als gefährlicheres Team in Erinnerung zu bringen, bei Zuschauern und beim Gegner.

Wie gut dieser Cuadrado ist zeigt er bei seinem furchtlosen Risiko-Volley knapp vor der Pause. Und wie gut Ospina ist zeigt er beim Entschärfen des Kone-Weitschusses eine Minute später.

Die Aufstellungen

Kolumbien in gelb-weiß
1 Ospina; 18 Zuniga, 2 Zapata, 3 Yepes (K), 7 Armero; 8 Aguilar, 6 Carlos Sanchez; 11 Cuadrado, 10 James Rodriguez, 14 Ibarbo; 9 Teo Gutierrez

Das wird wahrscheinlich ein 4-4-2 mit Cuadrado rechts und Rodriguez links. Nein doch nicht. Ibarno spielt Linksaußen und Rodriguez, der James auf den Trikot stehen hat, spielt seine Trikotnummer. Doch ein 4-2-3-1 heute.

Griechenland in blau
1 Karnezis; 15 Torosidis, 4 Manolas, 19 Sokratis Papastathopoulos, 20 Holebas; 2 Maniatis, 21 Katsouranis (K), 8 Panagiotis Kone; 14 Salpingidis, 17 Gekas, 7 Samaras

Wie zu erwarten. Dass Gekas statt des Quali-Bringers Mitroglu den Center spielt, überrascht ein wenig.

Schiri ist Mark Geiger aus den USA. Ort: Belo Horizonte, Estadio Mineirao. Wetter: schön.

Was vor dem Match zu sagen ist

Die Gruppe C gilt als offenste der WM. Kolumbien und die Cote d'Ivoire werden per Gefühligkeit vorne vermutet, Japan traut man weniger zu und Griechenland wird vielleicht gefürchtet; außer man ist außerfußballerisch gestimmt und wünscht dem Opfer der Gier des EU-Nordens und der Konzerne einen Konzessions-Erfolg.

Sportlich ist Griechenland zwar nimmer die schlimme Beton-Nummer von vor zehn Jahren, aber immer noch eine recht unattraktive Side: Fernando Santos, der Coach, der die Auswahl mittlerweile recht gut im Griff und das Potential gut im Blick hat, spielt ein 4-3-3 mit drei echten Spitzen und dahinter mit drei, naja, nicht allzu kreativen aber spielintelligenten Mittelfeld-Akteuren; Leuten, die Situationen gut erfassen können. Die Abwehr ist ebenso deutlich stabiler als noch vor vier Jahren, auch der Tormann kann mehr.

Griechenland hat sich also deutlich entwickelt, ist aus dem Schatten der Negativ-Zuschreibungen herausgetreten, hat sich inhaltlich emanzipiert. Trotzdem wird nicht viel erwartet, trotzdem rümpft man noch die Nase. Das hat damit zu tun, dass die Gesamt-Entwicklung des Fußballs schneller voranschreitet als die griechische. Dieses Phänomen kennt man vom österreichischen Fußball, der in den Achtzigern stehenblieb und sich dann jahrzehntelang nur so zögerlich entwickelte, das er immer mehr an Boden verlor. Den er jetzt (Koller, Rangnick, Schmidt, Stöger, Canadi etc.) mühsam aufholen muss. Santos Griechenland ist dabei das Loch zu schließen; im Vergleich mit den anderen Teilnehmern, die das alles schon können, wird man's vielleicht nicht merken.

Kolumbien etwa hat auch ein paar wenig freudvolle Jahre durchtaucht und sich jetzt unter dem argentinischen Coach Jose Pekerman wieder sehr ansehnlich präsentiert. Sein flexibles 4-4-2. das jederzeit ein 4-2-3-1 oder ein 4-3-1-2 werden kann, war glücklicherweise nie auf den großen Star, Radamel Falcao ausgerichtet - seine Verletzung fällt also nicht so ins Gewicht. Die anderen Angreifer sind gut genug und überhaupt besteht der Kader aus lauter gutklassigen in Europa bei ihren Vereinen angesehenen Legionären mit entsprechenden strategischen Fähigkeiten. Es sind nicht die Oldies wie Mondragon oder Yepes, die das kolmbianische Spiel prägen, sondern Leute wie Aguilar, Carlos Sanchez, James Rodriguez oder vor allem der Man to watch, Juan Cuadrado, ein rechter Flügel, dem die Experten viel zutrauen.
In jedem Fall hat diese Mannschaft mehr drauf als der heutige Gegner, hat sich problemlos in die südamerikanische Oberklasse und unter die FIFA-Top-Ten reingespielt, also der deutliche Favorit ist.