Erstellt am: 16. 6. 2014 - 18:43 Uhr
Genau jetzt, genau hier, genau heute
Die Klaxons spielen zum Beispiel am diesjährigen Sziget Festival.
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Warum ist der Begriff Nu Rave eigentlich so verpönt? Okay, er ist schuld an Neonkleidern, "Save the Rave"-Tshirts, Glowsticks und ein paar furchtbaren Musik-Mashups, aber er hat immerhin die Toleranzgrenzen in den Clubs ausgeweitet, den Gitarren ihren Weg auf den Clubdancefloor geebnet und umgekehrt Radio-Pop, Rave und Indie bei ihrer - zumindest der im breiten Mainstream wahrgenommenen - Verschmelzung geholfen. Es war nicht erst der Moment, in dem die Indieband Simian, kurz bevor sie zu Simian Mobile Disco wurde, von Justice in die Mangel genommen und ein immer noch gültiger Dance-Hit geschaffen wurde, es war im Jahr davor, also 2007, die Debütplatte der Klaxons, die den Titel als erste voll und ganz umgehängt bekam. Diese wiederum sagten später, dass sie sich nur im Scherz gerne mit der Bezeichnung Nu Rave assoziieren ließen, um sich dann darüber lustig zu machen, wie die Musikpresse und in weiterer Folge die Welt auf einen nicht existenten Hype aufspringt. So richtig funktioniert hat das nicht, und noch im selben Jahr versuchten Klaxons, Glowsticks auf ihren Konzerten verbieten zu lassen.
Klaxons/Warner
Heute hat der grellbunte Dancepop in Form von David Guetta-Megahits und EDM amerikanischer wie europäischer Prägung längst die Spitzen der weltweiten Verkaufs-Charts erreicht. Klaxons, nahmen sie in ihrem genreübergreifenden Denken den Erfolg der Swedish House Mafia vorweg?
Die Einflusskette funktioniert heute auch umgekehrt. Erinnern wir uns vorher aber noch kurz an frühe Großtaten der drei Briten, an Songs wie "Magick", "Golden Skans" oder "Totem on the timeline", die Hooklines, rauen Gitarren und vor allem die unbändige Energie, die von ihrer Musik ausging. Letztere haben sie sich im Verlauf ihrer weiteren Platten, "Surfing the Void" aus dem Jahr 2010 und "Love Frequency", das vergangenen Freitag erschienen ist, beibehalten. Die elf neuen Songs, angeführt von der Piano-Disco-Hymne "There is no other time", sprühen Feuer, hauen auf die Pauke und umarmen die großen, sehr großen Festivalbühnen.
Klaxons/Akashic/Sony Red
Die Klaxons sind angekommen. Laut einem Interview, das sie dem NME gegeben haben, klingen sie nun genau so, wie sie es sich immer gewünscht hatten. Hilfe dabei bekamen sie von prominenten Produzenten wie Tom Rowlands von den Chemical Brothers, Erol Alkan oder Universal-Supertypen James Murphy, auch wenn deren Handschrift nun nicht geschlossenen Auges von selbst wahrnehmbar ist. Es gibt jedenfalls Songs wie die besagte erste Single, der Track "Invisible Forces" oder die Ballade "The Dreamers", in denen der bombastische Gestus, die charakteristische Falsett-Stimme von Jamie Reynolds, die Hookhaftigkeit der Lyrics ("You make me feel real") und die üppige Produktion im Zusammenspiel zu perfekten Pop-Momenten werden. Dass das Greifen nach den stärksten Emotionen und den am hellsten funkelnden Sternen mehr als einmal auch in EDM-hafte Gefilde abdriftet und Songs wie "A New Reality" oder "Atom to Atom" sich sägezahnfletschend im Fleisch von Skrillex oder Avicii verbeißen, ist schade, zumal Klaxons ja bereits bewiesen haben, dass sie die neonfarbenen Klöppel für eine gute Party nicht brauchen.