Erstellt am: 11. 6. 2014 - 15:34 Uhr
Hauptsache deine Mutter freut sich
Ich sollte das Publikum perlustrieren und dabei nach Waffen und Feuerwerk suchen. Ich fand keine einzige Pistole, keinen einzigen Schlagstock, keinen einzigen Baseballschläger. Nicht mal eine Signalrakete nur so für die Farbe. Wahrscheinlich sind nur in Finnland die Fußballfans friedlicher.
Ich habe genug Gewalt am Fußballstadion gesehen, in meinem Kopf hatte ich nur Bilder von Gendarmerie und berittenen Polizisten, die die Fans mit Wasserkanonen jagen.
Ich erinnere mich an ein Fußballspiel zwischen zwei Balkandörfern, wo ich zufällig anwesend war. Die Fans der Heimmannschaft wollten den Schiri verprügeln. Er gab ein fragliches Abseits. Das Publikum stand auf und lief in Richtung des Platzes. Der Schiedsrichter war aber schneller. Da es beim Dorfstadion keine Umkleidekabinen gab, versteckte er sich gleich im benachbarten Wald. Man hörte für eine Weile, wie die verfolgenden Fans sich mit dem Brechen von Ästen Platz machten. Die restlichen Fans und die Spieler der beiden Mannschaften warteten mit Interesse, was passieren wird. Die Geräusche aus dem Wald ähnelten denen einer Wildschweinherde, der Schiri war aber entkommen. Die Verfolger kamen mit leeren Händen zurück. Und Gott sei Dank, denn ich hatte schon befürchtet, dass sie mit seinem Skalp zum Platz zurückkehren. Und das wegen eines blöden Abseits!
CC-BY-SA-2.0 / flickr.com/awaya - Awaya Legends
Nichts dergleichen passierte beim Spiel in Linz. Meine Erwartungen an einen Fußballkrieg erfüllten sich nicht. Im Stadion waren ungefähr 10.000 Leute und 99% davon waren Anhänger der Heimmannschaft. Ich habe keine Parndorf-Fans gesehen, vielleicht waren die Mütter von einigen Spielern da. Stellt euch vor, wie ich in ihren Handtaschen nachschaue um nach Molotow-Cocktails zu suchen. Das hätte überhaupt keinen Anstand.
Genau der Anstand war aber zum Beispiel der Grund für den "Fußballkrieg" zwischen Honduras und El Salvador von 1969. Damals griff El Salvador Honduras an, obwohl sie beim Spiel gewonnen hatten. Die Honduraner haben aber keinen Anstand gezeigt und beim Spiel statt der Flagge von El Salvador ein paar dreckige Unterhosen gehisst.
Vom Fußballkrieg nach dem Spiel in Linz zu reden zeigt aber auch keinen Anstand. LASK Linz spielt seit einer Weile in der dritten Liga. Nach einem umkämpften Remis und einem Auswärtssieg stiegen sie jetzt aber auf. Die Fans waren wahnsinnig froh und stürmten nach dem Spiel den Platz. Die Menschen weinten vor Freude und umarmten sich. Im Stadion lief „We are the Champions“. Die Fans und die Spieler freuten sich, als ob sie Weltmeister geworden wären.
Sie brauchten nicht nach Brasilien zu fahren. Sie hatten ihren Ruhm. Wenn ich mir das so überlege: Was macht es eigentlich für einen Unterschied, ob du in Linz oder in Sao Paolo gewonnen hast? Hauptsache deine Mutter freut sich.