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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

10. 6. 2014 - 22:22

The daily Blumenau. WM-Journal '14, Eintrag 16.

Die sportliche Preview in 13 Teilen. Heute (13): die neuen Großmächte, iberisch #SPA/ESP #POR.

Auch 2014 online: der Versuch das Journal '13 (wie schon das von 2003, '05, '07, 2009 und 2011) durch ein kürzeres Format zu ersetzen, um so Täglichkeit hinzukriegen. Mit Items aus diesen Themenfeldern.

Heute: ein Eintrag ins WM-Journal '14. Die Preview mit den Einschätzungen der WM-Teilnehmer gibt's diesmal nicht einzeln oder nach den gelosten Gruppen, sondern nach Kulturräumen.

Teil 12 widmete sich den drei südamerikanischen Pazifik-Anrainern Kolumbien, Ecuador und Chile.

Teil 11 befasste sich mit Italien und der Schweiz und ihren (vormals nur den Deutschen zugeschriebenen) Tugenden.

Teil 10 gehört den brasilianischen Gastgebern und Favoriten.

Teil 9 räumte den mittelamerikanischen Teams aus Mexiko, Costa Rica und Honduras wenig Chancen ein.

Teil 8 beschrieb drei asiatische Vertreter (Iran, Japan, Süd-Korea).

Thema in Teil 7 waren die vier Teams aus Ost- und Südosteuropa (Russland, Kroatien, Bosnien, Griechenland).

Teil 6 teilten sich die Nachbarn Argentinien und Uruguay.

Teil 5 gehört 'tschland, dem deutschen Lieblingsnachbarn.

Teil 4 war Frankreich und Algerien gewidmet.

Teil 3 befasste sich mit den vier Teams aus Sub-Sahara-Afrika: Cote d'Ivoire, Kamerun, Ghana und Nigeria.

Teil 2 featured die beiden Vertreter der Benelux-Staaten, Belgien und die Niederlande.

Teil 1: Mutterland & Offsprings, England, USA und Australien.

Die Einträge 2 und 3 gaben erste Antworten auf die zentralen Fragen; Eintrag 1 beschrieb ein Was-wäre-wenn aus österreichischer Sicht.

Nein, es ist natürlich nicht so wie früher, als sich Spanien und Portugal die damals bekannte Welt mit einem Federstrich aufteilten. Neue Fußball-Weltmächte sind sie deshalb, weil sie die Mannschaften sind, die historisch erst vergleichsweise jüngst zu den üblichen Verdächtigen dazugekommen sind.

England hat's erfunden, Brasilien, Italien und Uruguay waren schon immer da, dann sind Deutschland und Argentinien in den erlauchten Kreis dazugestoßen, auch die Niederlande und Frankreich.

Portugal hat sich dann seit der Jahrtausendwende als ewiger Geheimfavorit dazugesellt und Spanien wurde gar erst seit der Euro '08 wirklich ernstgenommen.

Ihr Vorteil bei der WM 2014 wird klimatischer Natur sein, nicht was Luftfeuchtigkeit oder Hitze betrifft, sondern das Mentalitätsklima. Schließlich sprechen elf der 32 Teilnehmer-Nationen spanisch oder portugiesisch, sind weitere acht Nationen romanisch geprägt oder beeinflusst. Zum Vergleich: Englisch spricht man nur fünf mal.

Team España/Espanya

Eigentlich stellt sich nur eine Frage: kann Spanien den Titel verteidigen? Es wäre das erste Mal, dass eine Mannschaft innerhalb von sechs Jaheren zweimal Welt- und zweimal Europameister wird, Vergleichsweises ist selbst den großen südameriaknischen Teams nie gelungen.

Also, geht das?

Es geht.

Spanien unterlag zwar bei der Generalprobe, dem Confed Cup im Vorjahr, im Finalspiel, klar sogar. Aber noch nie hat ein Confed-Cup-Sieger im Jahr darauf irgendwas gerissen.

Spaniens Nationalteam hat sich im Vorjahr mit der Umgebung und den Bedingungen vertraut gemacht, hat also eine Startvorteil (wie auch Italien, Japan, Nigeria und womöglich auch Mexico).

Coach Vincente del Bosque hat die (weiter unten ausgeführte) Kontinuität innerhalb seiner Mannschaft mittlerweile taktisch so ausgereift, dass er auf jede Situation effizient reagieren kann. Alles ist möglich, vom 4-3-3 übers 4-1-4-1 bis zu klassischen Varianten wie 4-2-3-1 oder 4-4-2; und alles dazwischen; und auch eine Dreierabwehr. Die Mannschaft ist mittlerweile (dank der strategischen Vorreiter-Schulen in Barcelona und Madrid) mit so hoher Spielintelligenz gesegnet, dass niemand anderer mitkommt; weltweit.

Es geht also.

Spanien müsste sich selber schlagen. Oder von einer stark hochgepeitschen, von einem gewaltigen Momentum getragenen Heimelf bezwungen werden, die alle Heimvorteile für sich nützt. Andere Gefahren sehe ich nicht. Gut, so etwas wie das Schweiz-Match von 2010 kann immer passieren; aber unter normalen Umständen ...

Die Formationen sind - gefühlt - noch dichter geworden. Weil Javi Martinez bei Guardiola in München jetzt auch Innenverteidiger spielen kann, steht die zentrale Abwehr noch besser da als zuletzt. Weil alle Dirigenten im Mittelfeld fit sind, bleibt nicht alles an Einzelnen hängen. Und weil vornedrin mit dem wiedererstarkten Fernando Torres und vor allem dem geraubten Brasilianer Diego Costa zwei echte Center im Aufgebot stehen, tun sich die quirligen Drumherumspieler wie Pedro, Villa, Silva oder Mata dann noch leichter/besser.

Leise Schwächen gibt's im Tor, wo Iker Casillas das Selbstbewusstsein vergangener Jahre fehlt und beim linken Verteidigerposten. That's it.

Rein personell ist das die beste Truppe dieser WM.
Rein taktisch auch.

Die Gegnerschaft kann nur drauf hoffen, dass die rote Furie nach drei großen Titeln en suite ein wenig nachlässig, ein wenig müde und ein wenig unvorsichtig agiert.

Der 23er Kader

Tor: Iker Casillas (Real), Pepe Reina (Napoli/IT), David De Gea (ManU/ENG)

Abwehr: Juanfran Torres (Atletico), Sergio Ramos (Real), Gerard Pique, Jordi Alba (Barcelona), Raul Albiol (Napoli/IT), Cesar Azpilicueta (Chelsea/ENG)

Mittelfeld: Javi Martinez (Bayern/D), Sergio Busquets, Xavi Hernández, Andres Iniesta, Cesc Fabregas (Barcelona), Xabi Alonso (Real), Santi Cazorla (Arsenal/ENG), Koke (Atletico), Juan Mata (ManU/ENG).

Angriff: David Silva (ManCity/ENG), Pedro Rodríguez(Barcelona), David Villa, Diego Costa (Atletico), Fernando Torres (Chelsea/ENG).

Stand-By: Daniel Carvajal /Real), Alberto Moreno (Sevilla), Ander Iturraspe (Bilbao), Fernando Llorente (Juve/IT), Álvaro Negredo (ManCity/ENG)

Verletzte im Großkader: Jesús Navas (ManCity/ENG) und Thiago Alcântara (Bayern/D)

Wer fehlt?

Der verletzte Zweier-Goalie Víctor Valdés von Barca.
Für viele überraschend: Jungstar Isco von Real.

Dazu gab es einige strenge Entscheidungen in der knapp besetzten Verteidigung: Álvaro Arbeloa und Nacho Fernandez von Real und Nacho Monreal von Arsenal sind ebenso wie der nur auf Abruf nominierte Carvajal draußen.
Bei den Stürmern hat es Roberto Soldado von Tottenham erwischt.

Für einige kommt die WM noch zu früh: Marc Bartra und Cristian Tello (Barca), Iñigo Martínez (Real Sociedad) und Gerard Deulofeu (Everton) gelten ebenso wie U21-Kapitän Asier Illarramendi (Real) als Zukunftshoffnungen.

Javi García (ManCity), Mario Suárez (Atletico) und Michu von Swansea haben's nicht geschafft. Die baskischen Talente wie Iker Muniain, Susaeta, de Marcos oder Ander Herrera sind verblasst. Vom U21-Europameister 2011 fehlen auch noch Leute wie Álvaro Domínguez (Gladbach), Diego Capel (Sporting), Adrian Lopez (Atletico) oder Jeffren Suarez (Valladolid).

Beim Confed Cup im Vorjahr waren Nacho Monreal, Arbeloa und der verletzte Valdez noch mit dabei, sonst hat sich nichts groß geändert. Auch vom Kader der Europameister 2012 sind bis auf diese drei alle zumindest noch im 30er-Kader dabei. Vom Weltmeister 2010 fehlen zusätzlich noch der zurückgetretene Carles Puyol, weiters aus Altersgründen Marchena und Capdevila.

Beim Confed-Cup 2009 spielten Tormann Lopez, Pablo Hernández, Albert Riera und Daniel Güiza noch mit, beim Europameister 2008 auch noch Goalie Palop, Fernando Navarro, Juanito, Marcos Senna, Rubén de la Red und Sergio García. Immerhin 13 aus dem damaligen Kader waren für 2014 auch ein Thema.

Das alles zeugt von echter Kontinuität.

Österreich-Aspekt

Jonathan Soriano, bei dem einige die trügerische Hoffnung hatten, er könnte fürs ÖFB-Team nutzbar gemacht werden, war für Spanien bei einer U21-EM. Außerdem ist er katalanischer Nationalspieler.
Umgekehrt hält aktuell nur Andreas Ivanschitz bei Levante die Stellung. Filip Faletar, der bei Villarreal im Nachwuchs spielt, hat sich für seine zweite Heimat, Kroatien, entschieden. Und im Nachwuchs bei Real Madrid hoffen Flavius Daniliuc und seine Brüder auf die große Karriere.

Team Portugal

Diesmal war Portugal deutlich unauffälliger also sonst.
Im Vorfeld.
Die von Cristiano Ronaldo angeführte Mannschaft von Coach Paulo Bento spuckt keine großen Töne.
Man könnte meinen, dass das mit der schweren Gruppe G, der mit Deutschland und Ghana (und auch der USA) zu tun hat.
Glaube ich nicht.
Ich denke, dass die Dezenz-Offensive die Lehre aus den letzten Jahren ist, als man sich gerne über Gebühr aufplusterte um dann eh ordentlich abzuschneiden, aber wegen der zu hohen Erwartungen dann mit dem Erreichten nicht zufrieden sein konnte.

Portugal kommt mit dem fast identischen Team von 2012 daher, die Starting Line-Up wird wohl die genau gleiche sein; auch die taktische, an den Stärken der Starspieler orientierte Aufstellung wird dieselbe sein. Vor ein, zwei Wochen habe ich das noch hauptsächlich als Nachteil gesehen. jetzt, nach genauerer Durchsicht der Teilnehmer würde ich meinen: es ist eher ein Vorteil.

Die Abwehr mit den Abrissbirnen Pepe und Alves, der blondierte Coentrao links, Veloso als Sechser, davor Moutinho und Meireles, rechts-außen Nani, links CR7 - das sind Konstante innerhalb des 4-3-3, auf die sich jeder Gegner der Portugiesen schon seit Monaten einstellen kann. Allerdings sind das auch - einen guten Matchplan, propere Tagesform und andere Feinheiten vorausgesetzt - Gegner, an denen man sich trotz des Wissens um ihre Schwächen ordentlich die Zähne ausbeißen kann.

Andererseits: Das, was die einen Bento als Kontinuität und Gelassenheit auslegen, nennen die anderen stockkonservatives Coaching. Und wirklich beweglich ist die Grundstruktur der Portugiesen nicht.

Dafür sind sie in der unteren, etwas leichteren Hälfte gesetzt und könnten sich bei günstigem Verlauf recht weit nach vorne mogeln. Und so vielleicht endlich einmal die eigenen Erwartungen übertreffen.

Der 23er Kader

Tor: Beto (Sevilla/SPA), Eduardo (Braga), Rui Patrício (Sporting).

Abwehr: João Pereira, Ricardo Costa (Valência/SPA), André Almeida (Benfica), Bruno Alves (Fenerbahçe/TUR), Luis Neto (Zenit), Pepe, Fábio Coentrão (Real).

Mittelfeld: João Moutinho (Mónaco/F), Miguel Veloso (Din. Kiev/UKR), Raul Meireles (Fenerbahçe/TUR), Rúben Amorim (Benfica), William Carvalho (Sporting), Rafa Silva (Braga)

Angriff: Cristiano Ronaldo (Real), Nani (ManU/ENG), Silvestre Varela (Porto), Vieirinha (Wolfsburg/D), Éder (Braga), Hélder Postiga (Lazio/IT), Hugo Almeida (Besiktas/TUR)

Stand-By: Anthony Lopes (Lyon/F); Rolando (Inter/IT), Vitorino Antunes (Malaga/SPA), Ricardo Quaresma (Porto), João Mário (Setubal), André Gomes, Ivan Cavaleiro (Benfica).

Wer fehlt?

Josué von Porto hat es ins Panini-Album, aber nicht einmal in der 30er-Kader geschafft. Tiago Mendes von Atletico ist im Streit zurückgetreten. Verteidiger Silvio (Benfica) ist verletzt.

Vom EM-Semifinalisten 2012 fehlen Rúben Micael und Custódio von Braga, Verteidiger Miguel Lopes von Lyon und die Stürmer Nélson Oliveira von Rennes/F sowie der in den Golf abgetauchte Hugo Viana.

Ich vermisse Danny von Zenit St. Petersburg. Aber der hat noch nie ins Konzept der Nationalelf gepasst.

Paulo Machado von Olympiakos oder Edinho von Kayseri (TUR) wären da auch auf dem Zettel gewesen. Oder Tormann Daniel Fernandes von Kreta. Und die Zeit von Cédric Soares, André Martins, Adrien Silva (alle Sporting), Bruma (Gaziantep/TUR), Licá von Porto, Ivan Cavaleiro von Benfica, Bruno Gama von Dnjepr/UKR oder Pizzi von Espanyol wird noch kommen.

Mit dem Team der WM 2010 (Mit Deco, Simão, Ricardo Carvalho, Paulo Ferreira...) hat die aktuelle Mannschaft nur noch wenig zu tun.

Österreich-Aspekt

Roland Linz spielt aktuell in Belem, dem schönen Vorort von Lissabon, bei CF Belenenses, nachdem er schon bei Boavista und Braga tätig war. Wandervogel Rolf Landerl war einmal bei Penafiel und Dubravko Tesevic hatte es gar bis in Cristiano Ronaldos Heimat Funchal auf Madeira geschafft.